Tumgik
inattpoesie · 3 years
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Im Wartezimmer
Der kleine, grelle Lichtfleck auf dem getönten Kalkputz wandert, völlig ohne Ziel, umher. Mal ein wenig auf, dann ein wenig ab, in gleichmäßigen, runden Bewegungen; nur ab und an macht er einen hastigen Sprung und kehrt dann entweder an seinen ungefähren Ausgangspunkt zurück oder entscheidet sich dazu, behende die neue Umgebung zu erkunden.
Nach einiger Zeit des vorsichtigen Suchens und Tastens scheint er seine Bestimmung gefunden zu haben: auf der Messingklinke einer Tür entflammt er geradezu, lodert auf, in seinem innersten Wesen bestärkt. Nun hat er sich gefunden, nun wurde auch er gefunden: in all seiner Strahlkraft hat er sämtliche Blicke auf sich gezogen. Er sonnt sich geradezu in ihnen. Auch seine Schritte scheinen neue Sicherheit gefunden zu haben: obgleich zunächst noch etwas unsicher, verläuft sein Weg nun doch wesentlich zielstrebiger, mutiger. Seine Bahnen bezeichnen Figuren, Formen, Konstellationen: der Fleck wird zum Sonnenlicht der gerahmten Malerei, zum Bühnenlicht der Fotografien daneben. Behutsam wandert das Licht von Angesicht zu Angesicht, seine Bestimmung scheint darin zu liegen: Denn immer länger verharrt es, immer zärtlicher umschmeichelt es die Figuren, als liebkose es die Wangen einer geliebten Person.
Und auch wenn sein Gesicht unter der Maske verborgen bleibt, so stiehlt sich das selbe Licht in die Augen des greisen Mannes, dessen noch immer ruhige Hände die Taschenuhr führen. Ohne Zweifel spricht aus ihnen die Erfahrung eines ganzen Lebens.
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inattpoesie · 3 years
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The eyelids heavy as the rain, mind as churning as the sea; and while this night’s not meant to be a blessed time to sleep, it offers you a void so deep to bury your old pain.
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inattpoesie · 3 years
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EIN SCHEMEN IM SPIEGEL | self / own / german. Read the poem here. 
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inattpoesie · 3 years
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Ein Schemen im Spiegel: ein kunstloses Bild, dessen Züge verschwimmen und Male sich drehen, dessen Farben verblassen, Texturen vergehen; ein Blick durch den Schleier: nur fremde Konturen, vertraut bloß die Suche nach eigenen Spuren; - und nichts hält noch an dieser Erscheinung.
Doch darin begraben: das wirkliche Selbst, der Träger des Fleisches und Führer der Hand, der Vater des Wortes, das auf der Zunge sich wand; umschlossen das Ich: diese letzte Bastion, doch formlose, scheue und flücht’ge Person; - entfremdet der Rinde, der Borke, der Haut.
Geflohen ins Inn’re: nur tiefer und tiefer hinein, zwischen Wünschen und Ängsten, aus Träumen geboren, zwischen Lieben und Sehnen, im Träumen verloren; ein niederes Leben: beschränkt auf den Kern, die Grenzen erstickend, doch ungreifbar fern; - die verfallende Hülle am Ende der Welt.
Ein Funken im Dunkel: ein Flämmchen entfacht, so zart in der Regung, ein schüchterner Tanz, so heiß doch im Wesen, ein goldener Glanz; der Zwiespalt des Menschen: zu spät ihn erkannt, im Herzen erglühend, doch außen verbrannt; - ein Flickenteppich: ungeliebt, doch unerlässlich.
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inattpoesie · 4 years
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The eyelids heavy as the rain, mind as churning as the sea; and while this night’s not meant to be a blessed time to sleep, it offers you a void so deep to bury your old pain.
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inattpoesie · 4 years
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Sometimes at night when I sit and catch breath I‌ can faintly hear someone clap the door shut.
When in the morning I‌ wake up and rise I‌ don’t fail to notice they have left on the lights.
Sometimes at night when the breeze catches breath I‌ can faintly smell a cigarette’s fume.
When in the morning I‌ get ready for work I‌ don’t fail to notice the dish in the sink.
On days just like these it palpably feels as if I was living in a cold house of ghosts.
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inattpoesie · 4 years
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Ein Morgen
Auge in Auge, das musternd am Antlitz seines Gegenübers entlangfährt. Die wollene Kapuze der Strickjacke bis zu den Brauen heruntergezogen, drang unter schweren Lidern ein schwerer, ermatteter Blick hervor, unterbaut von Tränensäcken, deren schweres Los offenkundig war. Wie die Nase, so war auch das Gesicht als solches von eher schmaler Kontur, obschon keineswegs hager. Der Mund mochte nach den Augen die größte Aufmerksamkeit erhaschen:‌ Einladend volle Lippen, hinter denen sich ein Gebiss verbarg, das wohl kaum als perfekt zu bezeichnen wäre;‌ arrangiert in einem leichten Überbiss, dessen fliehendes Kinn mit einem kurzen Bart zu kaschieren versucht wurde. Die Haut indes zeigte hier und dort unangenehme Rötungen und war von trockener Beschaffenheit. Mit wunden Fingern fuhr er die Wangen hinab, von den Wangenknochen zu den Mundwinkeln und letztlich dem Kinn. Alles in allem war es keine wirklich abstoßende Erscheinung, doch ebenso wenig ein Blickfang. Das würde es also sein.
Jeden Tag der selbe Körper, jeden‌ Tag ein anderes Antlitz.
Wasser. Aus dem Hahn. In die Hände. Ins Gesicht. Das Gefühl, das es hinterließ, das war er. Das, was er dort im Spiegel sah, jedoch nicht.
Heute war einer jener Tage, an denen keine tiefere Verbindung zwischen dem Selbst und der Hülle bestand. Das Bild dort im Spiegel, das zeigte nicht ihn. Ein‌ Zerrbild des Körpers, der ihm zuteil geworden war. Des Gefäßes, der Maske, der bloßen Verkörperung der Person, die er war.  Eine Schnittstelle zwischen der körperlichen Wahrnehmung und dem Selbst, das sich darin, das sich dahinter verbarg. Unsichtbar. In seiner Gänze nicht greifbar, dem Fleische entfremdet. Freilich erkannte er das Spiegelbild als das seine, doch war es stets so, als würde er jemand Bekanntes erblicken. Eine mehr durch Gewohnheit als durch Sympathie lieb gewonnene Person, jeden‌‌ Tag aufs Neue verzerrt, doch nur in einem solchen Maße, dass sie just noch erkennbar war.  
Das Wasser half, das dumpfe Pochen hinter den Augen zu lindern, obschon es nicht ganz zu verschwinden gedachte. Vermutlich war es ohnehin gar keine körperliche Erscheinung. Andererseits hatte er seit Monaten nicht mehr das Gefühl gehabt, wirklich ausgeschlafen zu sein. Keine Nacht verging ohne eine Reihe von Unterbrechungen, ohne rasch nicht mehr greifbare Träume, die nichts als ein tiefes Unbehagen hinterließen. Dabei hatte er mehr als fünfundzwanzig Jahre seines Lebens aufrichtig behaupten können, die Nächte traumlos hinter sich zu bringen. Das hatte sich geändert - und er fragte sich stets, was denn der Auslöser dafür gewesen sein mag. Begründete Vermutungen standen im Raum, die vollauf glaubwürdig und nachvollziehbar erschienen;‌ dennoch wagte er es nicht, es daran festzumachen. Warum dem so war, konnte er sich selbst nicht erklären.
Die Tage indes begannen alle gleich. Nach einer zerrütteten Nacht die schweren, pochenden Augen öffnen. Der Griff nach dem‌ Telefon. Der selbe, wie er unzählige Male in der Nacht geschieht: wie spät es wohl ist?‌ Jede Stunde fühlt sich gleich an und im dunklen Raum ist es nicht zu erkennen. Mit einem Stöhnen das Telefon beiseite legen und mit den Handballen das Pochen hinter den Augen niederdrücken;‌ zwecklos. Sich aufsetzen:‌ der Laptop auf dem Nachttisch gibt noch eine gedämpfte Erzählerstimme wieder. Ohne diese wäre an Schlaf auch gar nicht zu denken gewesen: die Zeiten, zu welchen noch leise Musik zum Einschlafen genügte, sind längst vorüber und es bedarf nun externer, leerer Worte, welche die innere Stimme zum Schweigen bringt. Er ging davon aus, dass diese Stimme die eigene war, doch zuweilen haftete ihr etwas zweifellos Fremdes an.  
Das Video wird geschlossen und stattdessen ein Blick auf die Emails geworfen: siebenundzwanzig an der Zahl, alle feinsäuberlich als ungelesen markiert, um einen Überblick über all die Dinge zu behalten, die noch erledigt werden müssen. Nur um sie am Ende doch zu ignorieren - ohne sie dabei jemals ganz aus dem Bewusstsein zu bannen. Die nagende Gewissheit, sich seiner eigens angenommenen Pflichten zu entziehen, ist ein stetiger Begleiter geworden. Die Gewissheit, dass all diese Dinge mit genügend Disziplin - und vor allem Energie - in Kürze abgearbeitet werden könnten, verschlimmert die Situation noch.
Dieses nagende Gefühl der Pflichtvernachlässigung. Selbst für diese bescheidenen Aufgaben, die es zu erledigen gilt, nicht genug zu sein. Einfach nicht dazu im Stande zu sein, obwohl sie genau den eigenen Fähigkeiten entsprechen. Obwohl die Zeit dazu gegeben ist. Aber letzten Endes doch nur vor ihnen zu sitzen, hilflos, kraftlos, sich selbst um eine Auszeit erflehend. Welche dann zwar genommen wird, aber keineswegs erholsam ist, da eben jenes schlechte Gewissen plagt, welches Erholung unmöglich macht. Dass diese Unfähigkeit nicht allein den Arbeitsalltag umfasst, sorgt alles andere als für Entlastung. So arg die Situation auch erscheinen mag, genügt die eigene Energie einfach nicht, um auch nur die grundlegendsten, einfachsten Tätigkeiten zu erledigen, welche die eigene Situation verbessern oder wenigstens vor tiefergehender Schwere zu bewahren. Ist es aber doch möglich, sich zu derartigen Tätigkeiten zu überwinden, werden diese, das eigene Potential missachtend, doch dem Gemüt angemessen, mit minimalstem Ergebnis ausgeführt. Dass dies oftmals genügt, mag unbedingt als Segen angesehen werden, wird in aller Regel jedoch missachtet, da eben jenes eigene, vergeudete Potential durchaus bekannt ist und der Anspruch an sich selbst entsprechend umso höher.
Es ist ein sich ewig wendender Teufelskreis, der vom Unbehagen in die Überforderung und von der Überforderung ins Unbehagen führt.
Und auch an diesem Tage war es nicht anders. Als erste Tat des Morgens wurde die Gewissheit über das eigene Unvermögen genährt, anschließend wird sich bei innerem wie äußerem Unbehagen zum Aufstehen gedrängt. Umziehen und der Gang ins Bad. Der Blick in den Spiegel und die Auseinandersetzung mit der heutigen Erscheinung. Dann der Griff zur Tasche und die Kopfhörer auf. Ein weiterer Tag der Verdrängung. Soziale Interaktion als Opium, so betäubend wie ermüdend. Nur fort und hinaus - in der Hoffnung, sich nicht wieder darüber bewusst zu werden, dass es nicht das Selbst ist, das wahrgenommen werden wird. Dass es in der Interaktion lediglich durchscheinen mag, in seiner Gänze jedoch nie begriffen werden kann. Und dass es auch selbst kein fremdes Selbst je wird greifen können.
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inattpoesie · 4 years
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DIE EIFERSUCHT AUFS ICH | self / german. Read the poem here. 
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inattpoesie · 4 years
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Farblos, grau und heimlich trist, ein Lindwurm, der das Leben frisst; Leer sind Straßen, Wege, Gassen, einsam die Welt und gottverlassen.
Ich selbst nurmehr ein Schemen im Grau, einer, dem auch ich wohl niemals trau’; Doch was taugt denn noch Vertrauen, lässt sich auf ihm doch keine Mauer bauen. 
Ein Schutz, eine Rettung vor der Tristesse, vor der Trübsal, gleich der Totenmess’; Doch umgibt mich keine dicke Mauer, die mich schützt vor diesem Ödnisschauer. 
So streife ich dann durch die Gassen, wund’re mich, ob dass ich so verlassen durch die vielen Bilder, die so heimlich trist, schleiche ohne jedes Daseins Frist. 
Es herrscht hier eine Totenstill’, die gewährt mir weder Schutz noch Will, doch rette ich mich durch die schwere Türe und bete, dass mich jemand von hier führe. 
Doch wird all mein Beten nicht erhört, bin doch ich es, der die Starre stört! Will ich die Ängste von mir schieben, sehe ich sie selig vor mir liegen:
Sahst du je dein Mädchen im Traume weilen?
Blass und fahl, kalt liegt sie vor mir, in grauem Filz auf zerschlissenem Papier; Weder Heben noch ein Senken auf der Brust: doch scheint mir dies hier kein Verlust. 
Von fern ein Geigenton bis an mein Ohr, schleicht durch die Wege, Gassen, durch das Tor, als ich da seh an wessen stolz erstarrter Seite sie ihre neulich tristen Locken reihte: 
So liegen wir dort wohl erstarrt, in Seligkeit im Traum verharrt; Doch brennt mir wohl noch eine Frage: Warum das Grau an diesem Tage?
Da merke ich gar grässlich folternd, wie sich in mir stürzend, polternd, die Einsamkeit das Kleid zerreißt und als Eifersucht die Seele beißt. 
Ist’s doch kein Lindwurm, der das Leben frisst, bin ich’s selbst, der diese Ödnis ist! Wird mir nun tatsächlich klar, dass es Eifersucht auf’s Eig’ne war?
Mit dieser Frage bricht die Trübsal, bricht langsam, quälend, bitter, schal; Und langsam kehrt die Farbe heim: Soll dies denn nun die Wahrheit sein? 
So empfind’ ich eine kurze Regung, eine zweite, warme Belebung: Keine Mauern will ich bauen, mein Trutze ist mir das Vertrauen.
- Juli 2008.
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inattpoesie · 4 years
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Bleeding fingers on irritated skin, passing circles under twitching eyes: The vessel now the psyche’s mirror, witnessing the mind’s demise.
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inattpoesie · 4 years
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Kirchhofkatzen
Every other night, when returning home from work, my steps guide me up the stairs, leaving the crowded promenade, to cross the church’s little yard. As usual my eyes will wander along the candle-lit windows and up the illuminated steeple until I’ve reached the cobbled court, bordered by overgrown stone walls, often slightly reflecting the street lights’ shimmer due to the slight rain that dominates the season. The sound of my footsteps resounds silently between the charming old buildings and must bear witness of my arrival, as on most days, this part of my little journey home has not to be taken alone. Once I’ve left behind the last of the rough, uneven stairs, two tiny figures emerge from the darkness both to my left and to my right, tripping along my side and sometimes welcoming me with an impatient, eager sound, as if asking what had taken me so long. The two cats, merely shadows in the dim light, use to keep their respective distance, guiding my way across the little yard, staying by my side, no matter whether I rush across it in the rain or stop to gaze at the church’s glow in front of the town’s speckled silhouette: they turn around and wait for me to catch up with them. And while I wholeheartedly enjoy the thought of them waiting for me to accompany them safely across the court, I cannot help but be utterly convinced that eventually it’s them escorting me, keeping me safe during this short part of my way home. Either way, knowing someone somewhere is waiting to share a part of your journey with you, no matter how little it may be, is simply such an uplifting feeling and a light much brighter than the one illuminating the streets.
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inattpoesie · 4 years
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Kirchhofkatzen
In manchen Nächten, wenn nach getaner Arbeit es mich nach Hause zieht, tragen mich meine Schritte die Stufen hinauf, fort von der belebten Promenade und über den kleinen Kirchhof. Für gewöhnlich wandern meine Augen dort entlang der Fenster, hinter welchen sanft die Kerzen flackern, den beleuchteten Glockenturm hinauf, bis der kleine, kopfsteingepflasterte Hof erreicht, die letzte Stufe erklommen ist. Der gedämpfte Schein der Laternen schimmert sacht auf regenfeuchtem Pflaster und den Steinen, mit welchen der Platz ummauert liegt. Der kühle, leichte Regen prägt diese Jahreszeit und legt einen seidenen Schleier über die Stadt. Zwischen den charmanten, alten Häuserfronten hallen leise meine Schritte und scheinen dem geneigten Ohr von meiner Ankunft zu künden, denn zumeist ist nun der Moment gekommen, ab welchem ich einen kleinen Teil meines Heimweges nicht länger allein hinter mich bringen muss. Sobald die letzte, grob geschlagene Stufe hinter mich gebracht, erwachsen aus den Schatten neben mir zwei wabernde Schemen, je einer zu meiner Linken und einer zur Rechten, die mich mitunter gar mit drängenden, ungeduldigen Lauten willkommen heißen, als würden sie wissen wollen, was mich denn heute wieder aufgehalten hätte. Die beiden Katzen, deren Konturen mit der Dunkelheit zu verschmelzen scheinen, halten stets ihre Distanz, eilen mir jedoch auch dann nicht davon, wenn ich für einen Moment zu verharren gedenke, den leuchtenden Kirchturm vor der gesprenkelten Silhouette der Stadt betrachte; nein, auch sie verharren, drehen sich nach mir um und warten fast geduldig darauf, dass ich meinen Weg fortsetze.  So sehr mir der Gedanke auch gefällt, dass ich die beiden Kameraden über den Platz geleite, so sitzt doch tief in mir die hartnäckige Überzeugung, dass es eben diese beiden sind, die stattdessen mich zu eskortieren gedenken, entspricht doch dies viel eher dem Naturell der Tiere. Doch wie auch immer es sein mag, allein das Wissen, dass jemand nur darauf wartet, dich ein Stück deines Weges, so kurz dieses auch sein mag, zu begleiten, ist solch ein erhebendes Gefühl, das so viel heller glüht als das matte Licht der Laternen.
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inattpoesie · 4 years
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Still Alive
The air was cold and crisp. My eyes were closed, and yet I knew that my breath would be visible as I exhaled. I inhaled again and felt a short and cutting pain in my lungs, reminding me of the fact that I was alive. I am alive. I tried to clench my fists, but my fingers felt numb and stiff.
There was silence all around me, not a single noise reached my ears. Of such a purity was this silence, I thought to hear the blood rushing in my ears, whispering to me of my existence. I was alive. Very much alive.
I tried to reach for my face. As the first cold finger touched my skin, it felt nothing but right. Coldness crept up my body, from the feet up the legs, from the fingers to the shoulders and now all the way down my face. My chest, however remained warm. The inner sanctum of the heart remained untouched by frost and weariness.
Now that I let my head sink onto my chest, I could feel the thin layer of ice breaking on my beard. With the fingers running down my nose, I let my arms sink again. I had reached this rare moment of isolated presence, of emptiness, untouched by neither past nor future, not a single thought haunting the mind. I was my senses and my senses only.
Opening my eyes made an end to this state. Slowly. A blinding white feigned to me the sensation of being born again. I was alive. So alive. And what else could have meant a better start into this new life than a deep breath? I inhaled, I exhaled.
The pain in my eyes slowly fade away and I finally managed to recognize the snow on the ground. Around my boots, drowning them in white nothingness. Next to me, to the half covered in snow, lay a rifle, only the wooden handle remained visible. With numb hands I reached for it, ascertaining myself if I really got hold of it, and pulled it out of the snow with a quick move of my arms.
I looked up. Everlasting white dominated the world around me, took over even the things that were originally not of white colour. The hills were white. The sky was white. The air was white. Even the dark forest with its last remaining patches of brown and green was white, eaten up by even more snow falling
Not a single moment did I doubt that my way would lead me up the hill, up into this forest. The snow-covered trees crawled all the way up, crossing the horizon. I cannot tell for certain where exactly it came from, but from out this forest rosa up a small line of smoke, like a blackened pillar supporting this celestial white dome. Its origin shall was my chosen destination.
As I took my first step, the snow crushed beneath my feet, almost droned out by the white noise in my ears, marking the first sound piercing it for what felt like hours. How long it really was, I don’t know.
I walked up the hill, the rifle as a heavy burden hanging from my numbed shoulder. The way up to the edge of the woods was merely a few hundred metres, but for me it was a long and exhausting trip. The muscles in my legs slowly defroze, the comfortable numbness vanished and was being replaced by a terrible pain that crept from the calfs to my upper legs. Again and again I stumbled and barely managed to keep my balance. In my head the white and its invasive cold were struggling with the warmth radiating from within the heart, resulting in a disorientating dizziness.
Eventually I reached the woods. I had expected a step from the blinding white into a soothing darkness, but instead I was welcomed by a repulsing grey. The snow, the cold air covered my eyes like a bleak veil. There were no colours left but lighter and darker shades of white. I hoped for it to change by pushing myself further into the woods, but eventually I had to surrender to my own depletion, unable to stay on my feet by myself. Again I took a deep breath. It was different this time: Not only a cutting pain, but a general ache, caused by exhaustion. But still, I was alive.
A short rest, spent trembling like an aspen leaf, helped me regain enough strength to continue my path. But where to go? I had lost my orientation, if I ever had any. Which was the right way to go? Eventually, I decided, it did not matter. I just kept going, past the greyish pine trees, dragging myself from one to the next. On the ground I spotted tracks of deer, nearly hidden by the freshly fallen snow. The white hand clutched its fist around everything, there was no escape. No matter how far I proceeded, no matter how deep I got into the woods, the grey did not fade.
And ll of a sudden, I felt trapped. I stoped at a crooked pine and looked around. A silvery shimmer lay on the dark grey needles that did not grow as lush as I remembered them. And yet I did not manage to locate the sun. I did, however, expected it to have proceeded far into the west by now. But how was I supposed to know? I had lost my intuition, just as I had lost everything else.
Orientation I had lacked right from the beginning, but now that my certainty had receded, I felt lost. In the middle of a puddle of grey. The cold had taken over my mind; my heart still remaining the last fortress of warmth. Right as I intended to surrender, I spotted a tiny pond behind a bunch of bushes. It was barely visible, but its frozen surface, where not covered by the snow, mirrored the pines, offering a somewhat surreal sight. I am not sure why, but it yanked me out of apathy and gave me one last push. Hastily I plunged onward, caring neither about the rocks nor the stones on the short path between me and the pond. And, of course, it happened what was bound to happen. One careless step and my foot lost hold - I fell. My face pressed into snow and rocks, I could hear my rifle sliding across the ice.
Gathering my last strength, I lifted my head from the snow and looked up. My ears did not deceive me, as the rifle did indeed slide far over, almost to the other side of the ice. It measured approximately six steps in diameter, I assumed. Only seconds ago I felt entirely deprived of hope, but in this very moment I just wanted to keep going, I did not want to give up having lost the last thing I possessed. And so I crawled forward to the edge of the frozen pond. until my hand slipped on the ice and let my head hit its surface. The white turned black for a moment, before it turned red before my eyes. Stunned I looked at the blood below my face. The distorted reflection reveiled a cut on my forehead, but this was not what I saw. What I did see was my blood forming the hair of… you. The bloodred colour fading into a brownish shade. I saw your face. I saw a human shape standing right above me - with your face.
And you offered me your hand. A smile on your lips, one I should never forget. And I smiled back. I smiled back onto the ice, hoping you could see it. My eyes tried to find yours, the ice remaining the mediator, until I turned around and tried to reach for your hand - but you were gone. For a moment, a world collapsed. In anger and disappointment I clenched my fist, raised it and struck down onto the ice. It broke and for a moment my hand dived deep into pain, coloured like my rifle’s steel at night. Said rifle was now gone too, swallowed by the very same colour, but that was not important anymore. I felt betrayal, but only for a moment, as I quickly realized that you had offered me your strength. Your hope and ambition. You showed me that I was still alive.
It is true, I really could have used your hand. But it wasn’t there. Not yet. I was convinced I would be able to hold it soon. I would hold it and feel its warmth. I would hold it and feel your loving warmth on mine. The warmth that would kindle the dying ambers in my heart. But for now it was still there. For now the thought should be enough. Enough to guide me through the grey. Or so I hoped.
As pleasing as the thought appeared to be in contrary to the everlasting cold I was exposed to, I still knew I wouldn’t be able to bear it for much longer. The omnipresent pain that had taken hold of me forced me to take several attempts to get up on my feet, but eventually I managed to do it. I was ready to continue my way home. Ready to continue without you.
And so I stumbled forward, my body a wreckage, every breath a cut in my lungs. A thin line of blood running from the forehead and dropping down onto the grey of my snow covered coat. This blood, despite being of a sombre rust coloured tone, remained the only colour that did not fit the grey colour scheme around me. And the fact that it stemmed from me, reassured me in my belief that I did not belong here. Everything was dead. But I was alive. The pain told me so.
I was unable to focus. My mind kept drifting off and the vertigo, probably caused by the impact on the ice, let the trees appear as grotesque faces, laughing at me, screaming at me in silence, pointing their obscure branchy fingers at me in their everlasting state of frozenness. I was afraid. So terribly afraid. Afraid that they might reach for me. That they would toss me over and made me lose my balance, was I was aware that I would certainly not be able to get up again. Perhaps I would have shot at them, but I could no longer defend myself. I was helpless, driven on by nothing but good hope. The hope to see you again, to feel your hands in mine again. I would not leave. Not without having seen you again.
The light was receding. The grey now less agressive. The white less repulsive. The soothing darkness I expected was now slowly wrapping the woods into a shimmering, yet less blinding blanket, a darker one, a somewhat warmer one, even if it was considerably thinner. Of course I knew that the departure of the sun would bring bitter coldness, one even worse than during the day, but I preferred the cold over the white. The cold made me shiver, crept into my bones and devoured by me, but at least I was now able to see. See the soothing darkness I yearned for. The pinewood faces will be gone, their branches will no longer reach for me.
Perhaps they would even guide me the way. As the darkness had finally swallowed the last tree in sight, I thought to see a red shimmer breaching through the branches, enlightening the trees’ stems and taking away their frightening appearance. Instead they now fed the meagre ambers of my heart.
Yes. They glowed reddish in the dark, their silhouettes sharpened by a pulsating light coming from a yet unknown source of light. I stumbled onward, the ambers stirred up into a tiny flame of joy, witnessing the beauty of colour - this place surely did not belong here either. It was not unlike me, we were of the same kind. We differed from the dead world around us.
Through my heart’s conflagrating fire I saw your face. At first I did not even recognize the fire, I took it for granted, as it is what kept me warm. But behind this fire, nurturing the flames - were you. I was able to see you. And this time, I hoped, you were no reflection. But you are still veiled by the flames. Could I dare to believe my eyes? Or were you, once again, merely the mirror of my hopes and wishes?
Slowly I approached the fire and felt the heat on my skin. It couldn’t be my imagination. The vertigo was gone and so was my pain. I did no longer suffer. Was that a good sign? Was this really happening, could this really be the truth if there was nothing left but… yes, what is left?
I thought it to be bliss. I would have been able to touch your face, if I had only reached through the fire. But I didn’t dare to. What if you weren’t just another illusion of my delirious mind, but… you? The real you? I smiled at you. And you smiled back at me, your eyes showing the same joy that I felt in this very moment. Overwhelmed by what I considered to be utmost relief, I fell to my knees. Sweat mixed with the blood on my forehead and in rapture I tore of my hat and tossed it away from me. You were there. Without averting my gaze from your presence I tried to crawl over to you, around the fire. I fell over.
And I laughed. Turning around on my back, I kept laughing. I felt your hand on forehead, feverishly warm, and I took it. You did not cringe by the coldness of my fingers, but instead wrapped your other hand around them and gave me the warmth that I needed. You were here. With me. And I kept laughing, slowly drifting off into sleep. But at the edge of my conscience, I made out a group of silhouettes in front of the farm ablaze, lifting me up before I lost myself in the dark.
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inattpoesie · 5 years
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DIE KALTE HAND | self / german. You can read the text here.
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inattpoesie · 5 years
Text
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Weit reichte der Blick von hier nicht, doch es musste genügen. Jeden Moment würde der Wagen diese Stelle passieren. Genau diese Stelle, so wie es die Pläne voraussagten. Sichtbar war er noch nicht, würde dies aber wahrscheinlich auch nicht werden. Jedenfalls nicht, ehe es zu spät war, denn hervorzutreten war keine Option. Bereits ein kurzes Spähen könnte zu viel sein und ihn in Gefahr bringen. Es musste sich also vollkommen auf das Gehör verlassen werden, was sich angesichts des Regens, der in den Blättern rauschte, als durchaus problematisch herausstellte. Dennoch, der Wagen würde laut genug sein. Für gewöhnlich waren die Motoren bereits von Weitem zu vernehmen.
In den zitternden Händen der Sprengstoff. Mit geschlossenen Augen lehnte der junge Mann mit dem Rücken am Stamm eines umgestürzten Baumes, dessen dem Erdreich entrissenen Wurzeln verzweifelten Händen gleich nach der Straße griffen. Er atmete schwer, der Regen lief in dicken Tropfen von seinem Helm. Unter dem nassen, schweren Mantel hob und senkte sich seine Brust. Es war offensichtlich, dass er um Fassung rang, so ausdruckslos seine Miene auch sein mochte. Hinter den leeren Augen tobte ein Kampf. Wie konnte es auch anders sein, angesichts der Last, die auf ihm lag und ihn zu erdrücken trachtete? Die moosigen Zweige, die sich leicht auf seine Schulter beugten, schienen ihm Trost spenden zu wollen.
Nur wenige Momente später mischte sich ein hartes Dröhnen unter das betörende Rauschen des Regens, das sich so herrlich ergänzte mit der lähmenden Kälte, die er, der Regen, dem Körper schenkte. So der Lärm des Motors zunahm, verlor der Regen an Kraft und schien innerhalb weniger Momente gar völlig zu verschwinden: Der Atem des Mannes stand, öffnete er die Augen, in einer weißen Wolke vor seinem Gesicht. Als er sich vom Stamm des Baumes löste, verloren auch die trostspendende Hand ihren Griff und kleine, nasse Erdbröckchen raschelten, vom Dröhnen des Motors gedeckt, ohne Laut zu Boden.
Mochte dies auch unbemerkt geschehen, wurde sich der Mann dennoch des Atemdunstes gewahr, welcher ungewöhnlich lang in der feuchten Luft stand. Als er ihn mit dem Gesicht durchfuhr, legte dieser sich warm auf seine Haut und hinterließ ein wohliges Gefühl, einen Anflug von Ruhe, den er dankbar willkommen hieß.
Der Augenblick war gekommen. Mit einer fahrigen, unsicheren Bewegung zog er den Stift und verharrte für den Moment, als sei ihm soeben erst bewusst geworden, was er hier tat. Doch es musste getan werden, dessen war er sich gewiss. Und wer außer ihm konnte es jetzt noch tun?
Der Augenblick verstrich, das Dröhnen des Motors hatte sich, wie auch das Rumpeln des Gefährts auf dem morastigen Weg, kontinuierlich genähert. Nun sollte es geschehen. Nun musste es geschehen. Mit einer unwirschen, erzwungenen Bewegung drehte sich der Mann aus der Deckung hervor und stellte sich seinem Schicksal - und dem einer Schar Flüchtender. Zu spät erkannte er, dass dieser Wagen nicht sein Ziel gewesen war. Der Schock fuhr blitzartig in Mark und Bein, doch währte er nicht lang: Nur für einen kurzen Augenblick wurde er sich der Druckwelle und des betäubenden Knalles bewusst, dann nahm ihn die Schwärze.
Diese umhüllte ihn rasch und ließ auch dann nicht mehr von ihm ab, als er sein Bewusstsein zurückerlangte. Es war Nacht geworden und trotz der Kälte stieg ihm der würzige Duft verrottenden Laubwerkes in die Nase. Unter anderen Umständen hätte er diesen Geruch vielleicht sogar als angenehm oder entspannend erachtet, nun jedoch wurde er zum Auslöser einer tiefen Unruhe, welche den jungen Mann ergriff.  Durch Blätterdach und Wolkendecke fiel kaum mehr als ein Schimmer bleichen Mondlichtes, welcher eben so genügte, den Jüngling von der Wahrheit des Geruches und somit der Echtheit dieses Momentes zu überzeugen. Dass dies wirklich die Realität war.
Genau genommen war es diese Erkenntnis, die ihn so sehr beunruhigte, denn von all den Dingen, die nicht so waren, wie sie sein sollten, wog ihm in diesem Augenblick ein Umstand besonders schwer: Er verspürte keinen Schmerz. Keinen körperlichen zumindest. Sein Geist hingegen wand sich in unsagbaren Todesqualen. Wie konnte es auch anders sein, waren doch, wie er annahm, unschuldige Menschen durch seine Hand ihrer letzten Chance beraubt worden, während er nun kaum versehrt an selber Stelle ins Leben zurückberufen wurde. Der Atem beschleunigte sich und die Hände verkrampften sich auf der kalten, feuchten Erde.
Nicht einen Moment ließen seine Gedanken von der schicksalhaften Begegnung mit dem Fahrzeug ab: der Moment der Erkenntnis erschien ihm nun zweigeteilt und lag irgendwo in der Schwärze, aus welcher er sich nicht zu befreien vermochte. Und gewiss hatte er dies auch nicht anders verdient, wo ihm doch schon der Schmerz versagt blieb, den er mit seinen Opfern hätte teilen sollen. Wenn er diese Begegnung schon überleben musste, so sollte er doch entstellt sein, leiden sollte er müssen für sein Vergehen. Bis ans Ende seiner Tage Am Straßenrand sollte er enden, auf den elenden Resten seiner einst so durchschnittlichen Gliedmaßen kauernd und um die Barmherzigkeit der Hinterbliebenden flehend. Welch grausames Schicksal hatte ihn ereilt, nicht als Held, sondern als Mörder diesen Augenblick zu erleben?
Gott hatte kein Erbarmen mit ihm, schoss es ihm ein, kein Erbarmen. So wie er auch keines gezeigt hatte. Nicht hatte zeigen können, flüsterte es leis von hinten, doch er beachtete es nicht.
Langsam stützte er sich auf die zitternden Arme und richtete sich soweit auf, dass er auf Knien das Antlitz gen Himmel richten konnte. Wo mochten all diese Menschen nun sein? Weit reichte sein Blick jedoch nicht. Recht so, sagte er sich, und ließ den Kopf kraftlos auf die Brust sinken.
"Sieh nur, was du angerichtet hast", sprach es zu ihm. "Sieh nur, wie du das Leid auf dieser Welt vermehrtest. In Zeiten, in denen jeder Akt der Gnade einen göttlichen Funken in sich trägt. Sieh nur, wohin dich dein blinder Hass geführt hat."
Den Boden betrachtete er nicht. Ihm war bewusst, dass vor ihm die nun unpassierbare Straße lag, welche das unwürdige Totenbett all jener verheerten Menschen darstellen musste. Welche auch seines hätte sein sollen. Er war sich bis auf den Grunde seines Herzens der Schuld bewusst, doch dass diese ihm auch von außen angetragen wurde, stieß  in seinem Herzen auf einen unerwarteten Widerstand, der ihm fast befremdlich erschien. Einen Moment lang hielt er inne, als wollte er sich sammeln.
"Wahr ist's, dass ich keine Gnad gekannt", entgegnete er mit neuer Stärke. "Doch ich trage keinen Hass im Herzen, der mir den Blick für Gut und Böse trübt. Kein Hass war es, der zu meiner Tat mich trieb, sondern nichts als Pflicht, mir dringlichst aufgetan von Land und Leut und Leben. Was, wenn's doch der Feind gewesen und ich nicht gehandelt hätt? Wenn ich ihn frei auf meine Liebsten hätt ziehn gelassen? Der dreifache Verrat an Land und Leut und Leben."
"Welch arme Seel, so recht und lieb! Trägst nicht auch du Gewehr auf dem Rücken und Uniform am Leib?", flüsterte es aus der Dunkelheit. Keine Bitterkeit lag in diesen Worten, kaum ein Vorwurf. "Bitte, so sieh dich an. Nur ein Sklave, der sich willig fügt ins Mosaik. Nur eine unbedeutende Variable, die keinen Einfluss auf die Gleichung hat. Es musste doch so kommen."
Hinter seinem Rücken raschelte es im Gezweig, sanft legte sich die hölzerne Hand ein zweites Mal tröstend auf die angespannte Schulter. "Doch ist's nicht so, dass nicht auch etwas für den Jungen spräche.", ging es dann, getragen mit dem Wind, "denn wahrlich gärt hier keine Bitterkeit. Nun sieh doch auch, wie dieser leidet, weiß wohl selbst, was er getan. Feuern wird der nimmer wieder, Leben nehmen keinesfalls."
Nachdem der erste Versuch scheiterte, setzte der Jüngling zu einer zweiten Erwiderung an, doch ging auch diese nicht über ein leises Stammeln hinaus, eines stummen Schluchzens Beiprodukt. Je bewusster ihm die Berührung des Baumes wurde, desto tiefer sank er in sich. "Leben nehmen keinesfalls", wiederholte er im Hauche. Träge standen diese Worte in weißem Dunste ihm vor Augen.
"Hat sich dennoch führen lassen, Menschenkindes Los geteilt. Alle gleich, die sie marschieren, erwachsen bloß um bald zu sterben. Nur tauber Geist beseelt den Mann, der ander'n nach dem Leben trachtet, denn heißt's nicht auch der Heiland, dass Geben seliger denn Nehmen? Sag uns, Bursch, hast du gegeben?"
Zögerlich trennten sich die Lider und durch den Schleier seiner letzten Worte sah der Mann das gold'ne Haar, den feinen Mund, die kleine Nas, wie gerückt in neue Ferne; doch um die Augen schien es dunkel, Schatten lagen schwer darauf. Eine Träne ließ das Bild erzittern: Nein, geben hatte er nicht. Bloß bewahren wollt er noch, so war's gewesen! Land und Leut und Liebe. Ihr Leben.
Der Gedanke an sein Scheitern. Kein Gedanke weiter, kein Gedanke weiter...
Der Atemdunst lichtete sich, mit der Träne rollte auch das Bild herab und gab die Sicht frei auf den ausgefahrenen Pfad - und auf sein Werk. Erloschenes Leben nebst dem Wasser, das sich in den Schlaglöchern gesammelt hatte. Im fahlen Mondlicht spiegelte sich darin das Geäst:
"Befehl mag es gewesen sein, doch letztlich wählt ein Geist noch selbst."
"Zu töten wählten tausend Geister und nicht schlechter war des Burschen Wahl", wisperte es nun wieder in seinem Ohr, "ist's nicht edler doch zu widerstehen, um der Liebsten Leben wegen, als Fatums tumber Knecht zu sein?"
"Zu welchem Preis, zu welchem Preis? Viele Leben gegen seines - welch edle Wahl ist das? Hätt er geschaut, sich preisgegeben, vielleicht stünd Leben nun an Todes Statt. Nichts als Elend bleibt zurück."
Der Zweite schwieg, es wog nun schwer die Hand, die Trost zu spenden sucht. Ein neuerliches Schluchzen zog den Mann hernieder, ließ ihn harren, leiden, seh'n. Und über ihm zog nur der Wind.
In der Pfütze der Helm und im Holster die Waffe. Ein tiefes Atmen, zurück auf die Knie, den Blick starr auf der eignen Hände Werk gerichtet. Ein schweres Zittern um den Mund, die Lippen blutlos wund gepresst. Ein Schlucken gegen bittere Übelkeit. Dann der Griff an den Gürtel.
Beinahe zärtlich hieß ihn das Zweigwerk willkommen, schloss seine dürren Arme um ihn und strich ihm sanft über das Gesicht. Jeder Geist hat seine Wahl.
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inattpoesie · 7 years
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MORPHEUS | self / german. You can read the text here.
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inattpoesie · 8 years
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Die Kalte Hand
Unter der Schwere des Herzens begann das Eis zu schmelzen. Nur ein kleiner Augenblick und die Wolle des Mantels sog mehr und mehr Feuchtigkeit an die Brust des Mannes, der hastig atmend auf der brüchigen Oberfläche lag. Mit jedem flachen Atemzug stiegen kleine, transparente Wolken auf, die feine Kristalle an Bart und Wimpern hinterließen. Jeder Muskel zitterte, nicht allein der Kälte wegen, sondern auch aufgrund der unbändigen Anspannung, des Entsetzens wegen, das von jener Gestalt Besitz ergriffen hatte.
Mit einer übereilten Bewegung fegte sie mit beiden Armen den feinen Pulverschnee beseite, der vor ihr das Eis verschleierte. Dabei stieß ihr Kinn auf die harte Oberfläche, wo es nun verharrte. Die Schneidezähne hatten sich in die Unterlippe gebohrt, ein feiner, mit Speichel durchsetzter Faden verband Mund und Eis, wässrig rot. Doch das nahm die Gestalt nicht wahr. Weiter wischte sie das weiße Pulver fort, bis sich ihr das nackte Eis offenbarte, welches von bläulicher Gräue war. Stellenweise war es von pumpenden Äderchen durchzogen, den pulsierenden Schlagadern der Gestalt nicht unähnlich.
Gebannt starrte sie auf die nackte Fläche vor ihr, auf die eiskalte, bloße Haut, die nichts als leblose Kälte versprach und dennoch so furchtbar lebendig erschien. Ihre schimmernde Hand griff nach ihr, legte sich sachte über ihren Bart, doch wollte sie sie nicht mehr gehen lassen. Als sie den Kopf hob, musste dies mit sanfter Gewalt geschehen. Sie sollte nicht mehr gehen und nur wenige Herzschläge später war sie sich nicht mehr sicher, ob sie dies überhaupt noch wollte. Denn unter der Äderung des Eises zeichnete sich etwas ab, ganz flüchtig, nur einen winzigen Augenblick lang.
Eine erste Ahnung der Gewissheit überkam den Mann, doch er kämpfte sie erfolgreich nieder. Das, was er sah, konnte nicht das sein, was er zu sehen dachte. Es durfte nicht. Und doch war er sich sicher. In diesem Moment gab es keine Wahrheit. Es gab keine Realität, denn alles verschmolz: Die Realität mit der Illusion, der Körper mit dem Eis, das Herz mit der Kälte und der Verstand... und der Verstand? Er war unmöglich. Ein Verstehen war unmöglich. Dieser Moment konnte nicht wahr sein.
Doch der Moment währte nicht lang. Der Schock wurde jäh von der Verzweiflung abgelöst, die schlagartig von Körper und Geist Besitz ergriff. Mit einer schnellen Bewegung robbte der Mann zu dem kleinen Loch, das sich unweit von ihm befand. Hier war das Eis eingebrochen und kleine Bruchstücke schwammen auf der ruhigen Oberfläche. Sie hatten bereits eine dunkle Färbung angenommen und würden sicherlich in Kürze endgültig wieder ihre Eigenständigkeit verlieren und Teil des Wassers werden.
Die Gestalt missachtete diese stummen Zeugen jedoch, wurde sich ihrer gar nicht erst gewahr. Sie hatte lediglich Augen für die Öffnung, in der sie schwammen, für das Loch, das in die triste Kälte führte. Zielstrebig fuhr sie mit ihrem Arm hinein, streckte sich, reckte sich und drückte sich dabei so heftig auf den dunkelblau geäderten Rand, dass der nächste Moment für sie nicht stattfand. Wie ein Schlag traf sie die Oberfläche des Wassers, mit solch einer Wucht schlug sie auf, dass der nächste Augenblick ein leerer war.
Er verging jedoch so schnell wie jeder andere und das Bewusstsein des Mannes schwand nicht völlig. Das Herz, das sich auch hier mit wabernder Glut ins Eis fraß und welches das Handeln übernommen hatte, wurde nun von schierer Panik überwältigt. In seiner Not riss der Unglückliche den Mund auf, rang nach Luft, schrie und kämpfte, ehe sich seine Lungen mit der eiskalten Flüssigkeit füllten, in die er gestürzt war.
Doch auch dieser Moment verging in wenigen Herzschlägen, die dem Instinkt genügten, die abgetauchte Körperhälfte wieder an die Oberfläche zu befördern. Unter der Haut des Mannes schienen nun die gleichen Adern zu verlaufen, wie sie auch unter dem Eis zu sehen waren, einzig das schwere, glühende Herz kämpfte dagegen an. Und genau dieses nahm er in die Hand, als er einen zweiten Versuch wagte und so tief er konnte ins Eis griff; Es ging verloren in der eiskalten Tiefe des Sees.
_____
Bald schmolz das Eis und der Winter wich dem Frühjahr. Das Wasser, das einst unter dem Eis pulsierte, rann nun durch die frischgrünen Adern der jungen Pflanzen. deren Knospen sich im zarten Schein der Frühlingssonne zu öffnen begannen. Taucher schwammen auf der gekräuselten Oberfläche des Sees und stießen ihren unverkennbaren Ruf aus, der vom Ufer zurückschallte.
Aus dem Frühling wurde der Sommer und aus den Tauchern wurde ein kleines Boot. In diesem Boot saß ein Mann, die Ruder eingezogen, eine Hand auf der Oberfläche des sonnenwarmen Wassers. So freundlich und einladend es in diesem Lichte auch schien, ließ ihn doch bereits der Gedanke daran, in dieses Gewässer einzutauchen, innerlich ersterben.
Diesen Gefühlen zum Trotz fuhr er oft heraus, hier an diese Stelle, an jener er auf dem Eis gelegen und sein Herz verloren hatte. Der Schmerz, die Trauer, die er empfand, hieß er, in Anbetracht der Leere, die ihn sonst erfüllte, stets willkommen. Er umarmte sie, trug sie fort bis in die Nacht und ließ sie nur widerwillig wieder ziehen, wenn der Schlummer sich auf seine Lider senkte.
So legte er sich auch diesen Abend nieder, umgeben von der Hitze des Tages, die selbst in der Nacht nicht zu weichen gedachte. Ein Schweißfilm legte sich auf seine Haut, befeuchtete das dünne Hemd und sorgte für nasse Hände, die gefaltet auf der schmalen Brust lagen. Dies war nicht ungewöhnlich für eine Sommernacht, doch etwas war anders, denn unter den Händen pochte es in der Brust. Erst langsam, dann immer schneller.
Da spürte er zu seiner Linken eine feine Kühle auf seinem Arm. Sie war ganz zart, kaum wahrnehmbar, doch sie war da und ließ die Härchen sich aufstellen.Er öffnete die Augen: Der Mond schien herein und ließ in der kleinen Kammer einen ungewohnten Frieden herrschen, der sich unweigerlich auf sein Gemüt legte.
Ja, etwas war anders als sonst, doch auf eine so erfüllende Weise, wie er sie lange nicht verspürt hatte. Er schaute sich nicht um. Er war einem Zauber erlegen, das wusste er, und er gedachte, diesen unter keinen Umständen zu brechen. Diesen Entschluss fasste er, als er am Rande seines Blickfeldes etwas ausmachte.
Ruhig und ohne Bedenken ergriff er die kalte Hand, die zu seiner Linken lag, und schloss die Augen. Wohltuend kühl lag sie in seinen Händen, als er sie zu seiner Brust führte, just dorthin, wo er sie stets zu verschränken pflegte. Er schloss die Augen. Die Hand rührte sich nicht, sie erwiderte seinen sanften Druck nicht, doch sie erfüllte ihn mit einem längst vergessenen Gleichgewicht, mit einer Zufriedenheit, die er nie wieder zu verspüren befürchtet hatte. Und in seinem Verstand formte sich langsam eine Gewissheit: Du bist immer bei mir.
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