"Ganz München zerbrach sich den Kopf darüber, warum plötzlich in den öffentlichen Anlagen Bänke ohne Lehne aufgestellt wurden. Oberbaudirektor Beblo gibt die Antwort darauf: aus sittlichen Gründen! Man darf es den Liebespärchen nicht zu bequem machen!
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Erwägt man die kupplerischen Eigenschaften, welche zum Beispiel die Lindenblüte im Hofgarten oder die Fliederbüsche in manchen Anlagen ohne Zweifel besitzen, so kann man sich den schweren Bedenken der Stadtväter nur anschließen. Zog sich doch der gute Hans Sachs in den Meistersingern schon hinter die Ausrede zurück: „der Flieder war’s — Johannisnacht!“
Es gilt also vorzubeugen und die Jugend von solchen Stätten der Verderbnis fernzuhalten, wobei das herangereifte Alter mit den Erfahrungen, welche es solchermaßen in seiner eigenen grünen Jugendzeit zu sammeln Gelegenheit hatte, nicht zurückhalten darf.
Der hellbeleuchtete Odeonsplatz ist wie geschaffen für solche, die es nicht lassen können und die kommenden Frühlingsabende im Freien zubringen müssen. Wo aber das alte System nicht ganz auszurotten ist, muß unbedingt eine reinliche Scheidung vorgenommen werden in dem Sinne, daß man kleine Schilder an den Bänken befestigt: nur für weibliche, oder, nur für männliche Ruhebedürftige. Auf diese Art wird endlich Ordnung in die Dinge und der Stadtrat zu seiner wohlverdienten Nachtruhe kommen."
die unsittlichen Bänke, Allgemeine Zeitung, Nr. 20, 24. Januar 1929.