Tumgik
#medbooster
medbooster · 6 years
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Durch Mark und Bein
- "Doktors!", ruft jemand auf dem Gang aufgeregt. "Brainzz, Paulzz!" Der Tonfall gefällt mir nicht. Wenn Schwester Alte-Weise laut nach Arzt ruft, ist das selten gut. Schwester Alte-Weise macht diesen Job hier seit hundert Jahren und sie hat so viel klinische Erfahrung, dass man als junger Assistent gut beraten ist, ihrer Einschätzung großes Gewicht zu verleihen. Mein Telefon klingelt. - "Die Mitpatientin von Frau Neumann hat gerade gesagt, dass die nicht atmet!", ruft eine Schwester aufgeregt in den Hörer. "Wo seid ihr?" Wir machen uns auf den Weg und eilen über den Flur. Witziger Nebeneffekt ist immer der schockierte Blick von anderen Patienten, wenn im Krankenhaus jemand zu rennen beginnt.
<ungutes Bauchgefühl hier einfügen>
- "Frau Neumann!", ruft der Kollege nervös beim Betreten des Zimmers und ruppelt an der Frau. "Frau Neumann!!!" Er guckt mich erleichtert an, als er sieht, dass er nicht mehr alleine ist. Dazu muss man sagen, dass Paulzz gerade seinen dritten Monat als Arzt hat und noch ein kleines Stück grüner hinter den Ohren ist als ich. - "FRAU NEUMANN!!!", rufe ich und kneife ihr kräftig in die Nase. Als keine Reaktion kommt, die Patientin eine Schnappatmung loslässt und der Puls nur ein paar unregelmäßige Salven zu spüren lässt, drehe ich mich zur Mitpatientin um. - "Gehen Sie bitte nach draußen", sage ich. "Hier wird es jetzt wuselig."
Ich belle ein paar Anordnungen und Materialanfragen in den Raum, dann herrscht Grabesstille unter meinen Fingerkuppen. - "Okay, wir drücken", entscheide ich, steige ins Bett und verschränke meine Hände über dem Brustbein von Frau Neumann.
Was als nächstes passiert, wird mich bis ans Ende meiner Tage verfolgen. Ohne Witz. Man härtet ja echt ab als Arzt, aber das hier hat mich kalt erwischt. Ich drücke beherzt den Brustkorb zusammen und es macht KNACKEDIKNACKEDIKRACKKRACKRACK. Das Geräusch fährt mir durch Mark und Bein. Die Rippen von Frau Neumann bersten der Reihe nach durch und geben nach. Das zweite Drücken ist schon viel leichter. Erneut knackt es unter mir, der Widerstand wird geringer und der rechte Rippenbogen geht Fratze. Die nächsten paar Male drücken knistert es nur, dann fühlt sich Frau Neumann an wie eine Reanimationspuppe.
Ich fasse zusammen: Der erste, der reanimiert, hat die Arschkarte. Der muss die Rippen brechen. Das war mir so bewusst irgendwie nicht, denn ich war noch nie der Erste beim Reanimieren. Klar, wenn man drüber nachdenkt, ist es logisch. Aber die Realität ist dann doch irgendwie fieser als das Trainingszentrum der Uniklinik.
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medbooster · 6 years
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Spiel mir das Lied vom Tod
Die Taktart ist 30:2. Es sterben immer noch zu viele Menschen, weil Beistehende und Ersthelfer sich nicht trauen, Reanimationsmaßnahmen einzuleiten. Deswegen vor allem an die Nichtmediziner unter den Lesern hier nochmal eine allgemeingültige Erklärung mit Augenzwinkern, wie das ganze vonstatten geht.
Auch, wenn es überwindung kostet und ich die letzten Einträge über ausgiebig darüber gesprochen habe, wie unangenehm und anstrengend reanimieren ist... Mit jeder Minute Verzögerung der Herzdruckmassage sinken die Überlebenschancen beim Herzstillstand drastisch.
Ich zitiere daher die drei goldenen Regeln der Reanimation, die mir in der Uni von dem grandiosen Intensivpfleger beigebracht wurden, welcher die Rea-Fortbildungen für Medizinstudierende gemacht hat.
Drücken, Drücken, Drücken “Der Mensch ist tot. Toter wird er nicht. Du kannst es nicht schlimmer machen, außer wenn du nichts tust. Wenn er nicht mehr reanimiert werden will, wird er sich gegen dich wehren.”
30:2 Für medizinisches Fachpersonal gilt die Regel, dass auf 30x Drücken während der Herzdruckmassage 2 Beatmungen folgen und dann der Zyklus neu beginnt, d.h. wieder 30x gedrückt und anschließend 2x beatmet wird. Dies gilt nicht für Laien oder Notfälle auf der Straße ohne medizinisches Equipment: Wenn kein Equipment für die Beatmung zur Verfügung steht, ist die Herzdruckmassage die wichtigste, lebensrettende Maßnahme. Dann wird nicht beatmet, sondern nur gedrückt.
Keine Unterbrechung der Herzdruckmassage Außer für die Defibrillation oder auf Anweisung eines die Reanimation leitenden Arztes. Die Herzdruckmassage ist das Einzige, was das Leben im Körper zurückhält.
Vergiss alles, was du im Fernsehen über Reanimation gesehen hast. In Filmen und Serien ist das meistens Grütze. Solltest Du draußen auf der Straße in so eine Notfallsituation kommen... Nutz die Gelegenheit und sei der Held des Tages. Wähl die 112, leg dich mit dem Tod an und reanimiere. Vielleicht rettest du damit ein Leben.
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medbooster · 6 years
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Anarchy lives
Ich mich so wieder mal meiner Naivität hingegeben und gehofft, auf den Freitag mal pünktlich rauszukommen.
Denkste. Freitag der 13. halt.
Ein weises Sprichwort besagt: "Seien wir nicht abergläubisch, das bringt Unglück!"
Als ich klein war, sah mein Zimmer aus wie der hinterletzte Platz auf Erden. Mit Beginn meines Studiums wurde es dann aber ordentlicher und ordentlicher und mittlerweile bin ich echt ziemlich organisiert. Nicht so die Geriatrie unseres wunderbaren Krankenhauses.
Meine Visite war sehr zerstückelt, was ich ja sowieso nicht leiden kann. Mindestens eine halbe Stunde bin ich Patienten oder Patientenkurven hinterhergelaufen, weil diese irgendwo durch die Gegend flatterten und nicht zur Arztvisite zur Verfügung standen. Ordnung sei ja angeblich das halbe Leben, aber davon halten die Kollegenden aus der Pflege nicht viel und sortieren uch gerne einfach mal die Kurven und Akten anders ein, weil es besser zu ihrer Aufteilung der Patienten passt. Dass ich dann dreimal so lange brauche, um meine Arbeit zu tun, ist ja eigentlich egal.
Ich bin dann auf die grandiose Idee gekommen, alle Kurven einfach auf einem Stapel zu sammeln und mit einem Wagen auf Visite zu gehen. Es hat mich nur schlappe 20 Minuten gekostet, die Kurven alle zu finden. Der letzten Kurve muss ich leider bis in den Medikamentenraum hinterherrennen. Als ich zurückkehre, ist der Wagen wieder leer. Freundlicherweise hat die Stationsleitung alle Kurven, die ich durcheinandergebracht habe, wieder einsortiert und motzt mich für das Chaos an, das ich verursache............
Nunja. Letzten Endes habe ich dann doch bei allen Patienten Visite machen können. Habe bei zweien von ihnen falsch gestellte Medikamente aus dem Verkehr gezogen und gegen Nachmittag noch ein Donnerwetter veranstaltet, weil ein in der Kurve angeordnetes und als erledigt abgezeichnetes Labor nicht gestellt wurde.
Gegen 19:00 wurde ich von meinem Oberarzt nach hause gescheucht und habe auf dem Rückweg dann mal Bilanz gezogen. Mindestens 2h heute habe ich damit verbaselt, dem Chaos auf dieser Station hinterherzurennen.
Was das alles kostet……..
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medbooster · 6 years
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Ich sterbe
Wirklich!
Vor Schreck. Angst. Und sonstwas. Und Wut. Heute hätte ich das erste Mal in meinem Leben um ein Haar jemanden verprügelt vor lauter Zorn.
Die Woche war bisher echt eher eine der bescheidenen Sorte. Die Patienten sind nach wie vor alle dement oder wahnsinnig oder beides und machen sogar mich Frohnatur so langsam mürbe. Da wartet dann heute auch noch ein Spätdienst auf mich. Spätdienste sind so eine Sache. Sie sind mittelmäßig bezahlt und ätzend, weil man seine Station am frühen Nachmittag halb fertig liegen lässt, um vier Stunden lang die Notaufnahme zu bedienen und dabei hoffentlich niemanden umzubringen. Mittelmäßig begeistert war ich auch, als ich den nicht enden wollenden Hauptkorridor des Klinikums Meckerstadt durchquerte, um mich mit etwas Verspätung in Richtung Notaufnahme zu begeben.
Dabei gehe ich meine Liste nochmal durch und überlege, ob ich irgendetwas unterschlagen habe, was wirklich wichtig war und nicht bis morgen früh warten kann. Nix gefunden. Ich schaue also wieder geradeaus und
TRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖT Das wars. Die Welt geht unter. Das war das Donnern der Hyperraumaggregate eines Sternenzerstörers, der in den nächsten fünf Sekunden Meckerstadt und Mäh-auf-der-Mecker dem Erdboden gleich machen wird. Ich mache einen Satz, werfe Klemmbrett, Kaffeebecher und Wasserflasche von mir schreie vor lauter Schreck.
<schrecksekundehiereinfügen>
Es fiept in meinen Ohren und ich öffne wieder die Augen. Kein zweites Dröhnen kommt hinterher, es ist also offensichtlich nicht der Feueralarm. Und zum Glück auch kein Sternenzerstörer. Ich atme auf und schaue mich um, wo dieses Geräusch herkam und
TRÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖTTÖÖÖÖÖTTÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖT
Ich mache wieder einen Satz und habe genug Orientierung, um die Quelle zu orten. Es ist eine große, rote Tröte. Sie wird von einer Hand um die Ecke der nächsten Korridorbiegung gehalten. Aus dieser Richtung höre ich, kaum dass das Scheppern in meinen Ohren aufgehört hat, hysterisches Gelächter. Ich bleibe stehen und beobachte das Geschehen. Da schieben sich drei Gesichter übereinander um die Ecke und schauen nach mir. Wie die Daltons kauern dort drei Halbstarke, einer von ihnen eine Drucklufttröte in der Hand.
Erwischt fühlen sich die drei Teenager und rennen lachend los. Ich kenne mich aber im Krankenhaus besser aus (ich wohne ja quasi hier), nehme eine Abkürzung und fange sie vor dem Ausgang hinter einer Ecke ab. Sie rennen ineinander und stolpern alle drei auf den Boden. Irgendwie witzig.
Vor versammelter Runde der im Foyer des Krankenhauses chillenden Angehörigen und Patienten greife ich mir die Drucklufttröte und scheppere den drei Idioten eine gehörige Ladung krach entgegen. Sie halten sich die Ohren zu und stellen fest, dass so ein Ding doch ziemlich laut ist. So richtig cool fühlen sie sich nicht mehr, wie ich ihnen vor diesem Publikum die Leviten lese und ihnen sage, dass das echt eine miese Idee ist, sich ins Krankenhaus zu schleichen und dort Leute zu erschrecken!
Ich spreche ein Hausverbot aus und drohe mit der Polizei, wenn sie nicht in zehn Sekunden draußen sind. Voller Genugtuung tröte ich ihnen noch einmal hinterher und knalle dann dem Portier die Drucklufttröte auf den Tisch.
Mit wehendem Kittel schaffe ich es gerade rechtzeitig zur Übergabe in die Notaufnahme und darf anschließend nochmal ins Haus, weil ja mein kaffeegetränkter To-Do-Zettel noch auf dem Gang liegt.
Immerhin war der Dienst dann, nachdem er angefangen hatte, ruhig. Aber klingeln tut es in meinen Ohren immernoch. Was für kleine Spastis.
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medbooster · 6 years
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Ups
- "Was führt Sie denn her?" Betretene Blicke zu Boden. Zwei junge Kerle, Mitte Zwanzig. Ich erkenne meinen Patienten lediglich daran, dass er eine Viggos im Arm hat. Sonst sehen sie beide normal aus. Wirkt auf den ersten Moment nichts so, als würde es rechtfertigen, mich um halb fünf zu wecken. - "Bauchschmerzen", antwortet einer der beiden Männer. - "Bauchschmerzen", wiederhole ich. "Seit wann denn? Übelkeit und Erbrechen aufgetreten? Durchfälle?" - "Nein", antworte Herr Ups. Das Gespräch kommt zum Erliegen. Irgendwas stimmt hier nicht. Ich werfe einen Blick auf das EKG und stelle fest, dass das Herz knuspergut ist.  - "Haben Sie vielleicht was Schlechtes gegessen?" - "…. Nein", antwortet der Mann. - "Okey", mache ich. "Mal oben rum frei machen." Ich nehme wohlwollend zur Kenntniss, dass der erste Patient seit drei Tagen nicht fett, alt und labberig, dement oder mit seiner eigenen Kotze beschmiert ist. Durchtrainierter Junger Mann, sehr muskulös. Wenn da nicht der größte Abturner der Welt wäre - die Tatsache, dass es sich um einen Patienten handelt - wäre dieser Herr hier ein klarer Fall von Meow. Ich interpretiere das als Entschädigung für meine Schlaflosigkeit und mache mich ans Werk, kann aber nirgendwo etwas Schmerzhaftes finden. - "Also so richtig weh tut Ihnen der Bauch ja nicht", stelle ich fest und hüpfe kräftig darauf herum. - "Hm", macht er. "Ne, nicht so richtig." Wir gucken uns an. Die beiden Männer gucken sich an. - "Okay!", rufe ich. "Raus mit der Sprache. Was ist hier los?! Es ist vier Uhr in der Früh, ich habe keine Lust auf Spielchen!" - "Ich habe die Schmerzen etwas weiter… Unten am Bauch." Ich hebe die Augenbrauen. - "Hier im Mittelbauch?", frage ich. - "Weiter unten", antwortet Herr Ups. - "Im Unterbauch?", frage ich und hüpfe auf Divertikel- sowie Blinddarmdruckpunkten rum. - "Ne", sagt er. "Noch viel weiter unten." Mir geht ein Licht auf und ich schaue mir die beiden nochmal genauer an. Regenbogenarmband, tuckiger Habitus. Es formt sich eine Verdachtsdiagnose. - "Ihnen tut nicht der Bauch weh, sondern der Auspuff!", stelle ich fest. Beide nicken und schauen wieder betreten zu Boden. - "Okay, ich verstehe. Sie beide hatten heute Nacht viel Spaß zusammen und dabei ist irgendwas passiert, was Ihnen die Schamesröte ins Gesicht treibt!" Keine Antwort ist auch eine Antwort. Vor Angst weite Augen, als ich eine digital-rektale Untersuchung ankündige. Diese ist mega schmerzhaft und sehr blutig und ich finde jetzt, wo die Katze aus dem Sack ist auch heraus, woran das liegt! Das Pärchen hat sich einen neuen Vibrator gekauft und der ist wohl eine Nummer zu groß gewesen. Eingerissene Hämorrhiden oder Schließmuskelriss oder so diagnostiziere ich, wünsche eine gute Nacht und informiere den Chirurgen.
Kurios. Und irgendwie putzig. Die armen Jungs… I feel you!
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medbooster · 6 years
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Des Menschen Wille
- "Ehhhh Doktor, wasse schreibe du für Scheiße!?" Da war diese Patientin, Frau Schnauf. Frau Schnauf hat ein schwere allergisches Asthma. Das ist auf bestem Wege dabei, zu einer COPD zu werden - im zarten Alter von dreißig Jahren überhaupt nicht witzig.
COPD ist nämlich eine chronische Entzündung der Lunge, die schwer zu behandeln und nicht richtig zu heilen ist. Sie ist in fast allen Fällen auf jahrelanges Rauchen zurückzuführen. Ganz selten erwischt es mal einen Bergarbeiter, der unter Tage viel Staub schlucken musste. Aber mengenmäßig führend sind die Raucher. Mit Abstand. Wenn dann noch sowas wie Asthma und Allergie sowie genetische Faktoren als Risikofaktoren dazukommen, ist der Cocktail des Unheils komplett.
- "Hm?", frage ich und gucke sie gespannt an. Frau Schnauf hat vor einer Viertelstunde von mir ihren Arztbrief in die Hand gedrückt bekommen. Wir sind nicht so richtig im Guten auseinander, weil ich leider nicht zaubern und ihre Lunge wieder ganz machen kann. Das findet sie doof. Und dass sie mit dem Rauchen aufhören soll auch. - "Nikotinabusus?", fragt sie und schnippt mit dem Finger nervös auf das Blatt in ihrer Hand. "Was soll das denn heißen?" - "Das bedeutet, dass sie rauchen", erkläre ich. - "Herr Doktor, ehhh!", ruft sie laut. "Isch rauche fünf bis fünfzehn Zigaretten am Tag! Das ist ja wohl kein Abusus! Was soll denn Abusus heißen?" - "Ist bedeutet Missbrauch." - "Was?! Ehh, Doktor! Das ist doch kein Missbrauch. Wasse denkst Du, Doktor, was Missbrauch ist! Erklär mir mal, was Missbrauch ist, eh, alter!" Ich zucke mit den Schultern. - "Zigaretten sind eine Droge. Sie konsumieren diese Droge. Eine Zigarette am Tag ist streng genommen schon ein Missbrauch." - "Ehhh, Doktor! Alter! Zehn Kippen pro Tag ist voll normal, eh!" Ich schüttele den Kopf. - "Nein, das ist eine Abhängigkeit und ein Tabakkonsum. Ich hab ihnen das lang und breit erklärt… Sie müssen ganz bald aufhören mit dem Rauchen. Dann haben Sie gute Chancen, dass es nicht noch schlimmer wird und sie auf Dauer wieder von den Medikamenten weg können!" Frau Schnauf holt Luft, um etewas zu sagen. Guckt mich dann aber nur mit aufgesetztem Lächeln an und sagt gekünstelt: - "Danke, Doktor. Wenn Sie mir nicht helfen wollen, kann ich ja gehen." Ich nicke und bedeute ihr den Weg nach draußen. - "Ich habe ihnen alle Therapieoptionen gezeigt und ihnen angeboten, Sie auf dem Weg zu begleiten. Wenn Sie nicht wollen… Das ist ein Krankenhaus, kein Gefängnis." Frau Schnauf stampft wütend hinaus und knallt die Tür so doll, dass diese wieder aufspringt. - "Wer SOLCHE Ärzte hat!!!", schreit sie wütend. "Der braucht keine FEINDE mehr!!!" Ich zucke mit den Schultern und dokumentiere den Verlauf des Gesprächs in der Kurve. Etwas geschockt steht ein PeeJay neben mir und weiß nicht so ganz, was man sagen soll. - "Wow", sagt die Nebenpatientin schließlich und nickt mir anerkennend zu. "Sie müssen ja ein ganz schön dickes Fell haben." Ich zucke wieder mit den Schultern. - "Des Menschen Wille ist sein Himmelreich", sage ich.
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medbooster · 6 years
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Policital Correctness
Warnung 1: Dieser Post enthält politisch inkorrekte, diskriminierende und beleidigende Sprache. Für den Gelegenheitsleser möchte ich festhalten, dass nichts davon meinen Ansichten entspricht und ich lediglich einen Dialog aus der Realität wiedergebe.
Warnung 2: Menschen ohne Sinn für Sarkasmus und Ironie sind für das Lesen dieses Posts nicht geeignet. Bitte geht zum Lachen in den Keller, wenn ihr das hier skandalös findet.
- "Du, Brainzz", sagt Schwester Ditty und taucht im Türrahmen auf. "Der Krüppel und der Neger aus der 78, die kloppen sich gleich." - "DITTY!", rufe ich, rolle auf meinem Stuhl durch das Arztzimmer und ziehe die Tür zu. "Ich weiß ja, dass du echt ruppig drauf bist, aber sowas kannst du einfach nicht sagen, wenn auf dem Flur Patienten unterwegs sind! Wenn DAS einer hört…" - "Beruhig dich, kleiner Doktor. Die nennen sich gerade gegenseitig so. Komm mal mit raus, sonst muss gleich der Unfallchirurg ran." Ich ziehe mir meinen Kittel über und komme mit raus. Tatsächlich. Herr Schwung (mittfünfziger Rollstuhlfahrer mit Harnwegsinfekt) hat gerade Schwung geholt und fährt Herrn Hust, seinem Zimmernachbarn (mittdreißiger Burundi mit Lungenentzündung), mit dem Rollstuhl voll gegen das Schienbein. - "AUA DU VERDAMMTES KRÜ**ELSCHWEIN!", ruft er. - "SCHEISS NE*ER!", erwidert Herr Schwung. "ICH WERD DIR BEIBRINGEN IM STEHEN ZU PINKELN!" - "ERSTMAL IM STEHEN PINKELN KÖNNEN!", brüllt Herr Hust. "ICH MUSS MIR DEN GANZEN TAG DEIN BEHINDERTES BAUER SUCHT FRAU ODER WAS AUCH IMMER REINZIEHEN!" - "ACH JA?!?", schreit Herr Schwung und setzt zurück. "JETZT IST SOGAR SCHON DAS FERNSEHEN BEHINDERT! SO SO!" Bevor er wieder Schwung holen kann, packt sich Schwester Ditty beherzt seinen Rollstuhl und setzt die Bremsen fest. Ein Pflegepraktikant stellt sich Herrn Hust in den Weg, der auf Herrn Schwung losgehen will. - "Ich glaub ich spinne!", rufe ich und gehe dazwischen. "Sofort aufhören, alle beide! Das hier ist ein Krankenhaus und kein Kindergarten und nebenbei bemerkt war in meiner Kindergartengruppe niemand so asozial, aus Behinderung oder Hautfarbe eine Beleidigung zu machen - fürs Protokoll, Angriffsfläche hätte es bei uns allen damals genug gegeben!" Ich gucke beide wutentbrannt an. - "Wenn ich diese diskriminierende und rassistische Scheiße noch ein einziges Mal hören muss, dann fliegen sie heute noch beide hochkant aus dem Krankenhaus und können sehen, wo Sie Ihre Antibiotika herbekommen! Ende der Diskussion!" Ich mache auf dem Absatz kehrt und verziehe mich mit wehendem Kittel zurück ins Arztzimmer. Eine halbe Stunde später kommt Ditty nochmal wegen was Anderem zurück. - "Ach und Ditty, wie ist mit den beiden Bekloppten?", frage ich. "Haben sie sich vertragen?" Ditty rollt mit den Augen und schüttelt den Kopf. - "Denen ist wirklich nicht zu helfen. Wir haben sie jetzt getrennt. Der Neger schläft auf der 83 und der Krüppel bleibt im Zimmer." - "… Ditty!", protestiere ich, aber da hat sie mir schon frech zugezwinkert und ist zur Tür raus verschwunden. Etwas perplex sitzt der PJler hinten im Arztzimmer. - “Sowas erlebst du nur in Jobs mit Menschen”, seufze ich.
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medbooster · 6 years
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Viva la Irritation
Der Patient hatte also einen Schlaganfall. Nicht nur, dass er knickeknacke dement war, nein! Der Gute hatte auch noch einen Schlaganfall gehabt. Wie der jetzt genau bei uns in der Inneren gelandet war, will ich gar nicht beginnen zu erzählen. Die Neurologen hatten einen sehr eleganten Turf konstruiert und sich deswegen seiner entledigt, auf dass wir uns um ihn kümmern mögen. Nach einem Tag fand ich heraus, dass es wohl an den schrecklichen Angehörigen lag. Die Tochter war Gerichtsmedizinerin und der spaßbefreiteste Mensch, den ich in meinem Leben jemals getroffen hatte. In jedem Wort wehte ein Hauch einer Kunstfehlerklage mit und der Anblick ihrer fahlen Haut ließ mich schaudern.
Es dauerte nicht lang, da stritten wir uns schon über die notwendige Diagnostik. Schließlich war ich in der wundervollen Situation, am Krankenbett eine Unterbrechung bestimmter Nervenbahnen demonstrieren zu dürfen. Das sogenannte Babinski-Zeichen kennt jeder Medizinstudent, es besteht aus der Beobachtung der Fußbewegung beim Bestreichen der Fußsohle mit… Nunja, für Gewöhnlich mit der Rückseite eines Reflexhammers. Habe ich als Internist aber nicht, für meine Belange reicht ein Stethoskop als Reflexhammer.
Ja, da guckste! Patellar- und Achillessehnenreflexe kann man mit dem Gummiring eines handelsüblichen Stethoskops auslösen. Ruhig mal probieren, funktioniert ausgezeichnet!
Weil ich so schnell wie irgend möglich von dieser Schreckschraube weg wollte, nahm ich mir einen Kugelschreiber und demonstrierte das Babinski-Zeichen damit. Der Rest des Gesprächs war dann eher unspektakulär und nur noch mittelschwer zum Kotzen. Am nächsten Morgen äußerte Schwester Ditty in der Frühbesprechung ihre Verwirrung über den Patienten. - "Ja in der 73 ganz komisch. Also sowas hab ich noch nicht gesehen, der hat ganz seltsame Hautveränderungen an den Fußsohlen, ist uns beim Waschen aufgefallen. Wir haben das mal nicht mitgeschrubbt, damit ihr euch das angucken könnt. Das sieht fast so aus, als hätte den jemand mit einem Kugelschreiber angemalt!?" Der PJler kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und schaut zu Boden. - "Angemalt!", wiederhole ich entrüstet. "Wer macht denn sowas? Das gucke ich mir gleich an. Aber das MRT für heute klappt?" Etwas an meinem Tonfall stört Ditty. Sie wirft mir einen misstrauischen Seitenblick zu und zögert eine Sekunde. Dann nickt sie und macht weiter mit ihrer Frühbesprechung.
… Zusammenfassend ein klarer Fall für die Kategorie "Ups"
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medbooster · 6 years
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Ich komme in ein Alter
Neulich hatte eine Kollegin von mir Geburtstag. Die hat nen richtig richtig geilen Kuchen gemacht, von dem meine Reaktion in etwa so war: - "Boah alta Renate, waff hafft du denn im dem Kuchen gemacht? Daff fffmeckt ja sowaff vong geil!"
Habe mir prompt das Rezept geben lassen und als ich das Wochenende danach zum Spieleabend bei Freund war, habe ich den auch direkt gebacken und meine Fresse hat der wieder geil geschmeckt. Aber einen etwas faden Beigeschmack hatte der Spieleabend dann doch. Denn während sich in unserer wirklich lustigen Runde mit Weißweinschorle und Rotkäppchen die Kante gegeben wurde (naja zumindest bist zum zweiten Glas, du weißt ja, morgen habe ich Tagdienst), wurde es irgendwann philosophisch. Während ich so an meinem Bier nuckelte und dem Gespräch zuhörte, musste ich mich an einen Song von <3 Lumpenpack erinnern, der meine Gefühle so richtig auf den Punkt bringt.
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medbooster · 6 years
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Eine systemische Erkrankung
Und da raffte es mich dahin. Ich lag darnieder mit etwas, das sich nicht mal mehr als Männerschnupfen qualifiziert, sondern tatsächlich Krankheit war. Rotz und Wasser liefen mir aus der Nase, meine Nasennebenhöhlen quollen zu und ich sah mich mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass die Behandlung von banaler Erkältung im prä-antibiotischen Zeitalter stecken geblieben ist.
Von so Wundermitteln wie Novalgin mal abgesehen, dank derer ich mich über drei Tage krank zur Arbeit schleppen konnte, um meine dienstdurchwachsene 70h-Woche zu Ende zu bringen und niemanden das verplante Wochenende zu kosten. Als ich die Pillen dann plötzlich absetzte, raffte es mich endgültig dahin. Man kann über Männer und Erkältung ja sagen, was man will. Aber wenn man als Arzt der Meinung ist, dass man konzentrationsmäßig den Job nicht mehr leisten kann, dann ist man eigentlich per Definition eine Gefahr für seine Patienten. Und dann sollte man zuhause bleiben.
Das eigentlich wirklich kranke dabei ist allerdings, dass ich jetzt krank zuhause sitze, Blogeinträge schreibe und ein schlechtes Gewissen habe. Dafür, dass jemand anders jetzt doppelte Arbeit machen muss. Dass womöglich jemand aus dem Urlaub kommt, um einzuspringen. Dafür, dass ich mir nach einer Bahnfahrt nicht die Hände desinfiziert habe oder sonstwie zum Virenmutterschiff geworden bin.
Ich sitze hier und ärgere mich grün, dass unser Gesundheitswesen, ja unsere ganze Gesellschaft so unfassbar auf Effizienz getrimmt und durchkalkuliert ist, dass der Faktor Mensch verloren geht. Und Menschen fallen nunmal einfach mittendrin aus, weil es ihnen schlecht geht.
In jedem Lifestyle-Ratgeber steht, dass man immer 80% geben soll, damit man in Notfällen mit 120% Gas geben kann, ohne kaputt zu gehen. Aber wenn 110% Leistung der Alltag sind, dann ist keine Kapazität zum Ausgleich da. Dann überhitzt das System, sobald es aus dem Gleichgewicht gerät. Es brennt sozusagen aus (Zaunpfahl)
Jedem Patienten mit so einer Arbeitsbelastung hätte ich sofort geraten, auf der Arbeit kürzer zu treten und seine Gesundheit an erste Stelle zu setzen. Was für eine Ironie, dass ich als Arzt in einem System arbeite, in dem kein Platz für Krankheit ist. In dem kein Platz für gesunde Arbeitsbedingungen ist. Was für eine Ironie, dass ein krankes System die Leute gesund machen soll.
Es ist und bleibt so: Die besten Witze schreibt das Leben.
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medbooster · 6 years
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2,43 Promille
Wir haben da einen Patienten auf Station, der ist alt und dement und COPDistisch und echt schlecht mit der Luft. Der hat uns gestern Nacht schon beschäftigt und heute wird es nicht besser. Im Tagdienst wurde sich nicht so richtig drum gekümmert, ihn besser zu machen und jetzt hat er auch noch aspiriert. Antiböse war den Stationsärzten aber irgendwie zu schade und deswegen fiebert der Herr Klops jetzt pünktlich um zwei Uhr morgens auf. Versorgung und so weiter, alles für nen Anfänger wie mich schon relativ spektalulär und geht auch gut. Dann funkt die ZNA mich an, ich möge doch sehr dringend mal nach unten kommen.
Die Tür des kleinen Schockraums (wir haben mehrere) geht auf. Schwester Greta kommt raus und ruft mich her. Greta ist eine erfahrene Schwester und so leicht nicht aus der Ruhe zu bringen. Als kleiner Assistent ist man gut beraten, die Beine in die Hand zu nehmen, wenn sie einen dezent zur Eile auffordert. - "Komm mal!", ruft sie und winkt. Ich eile über den Flur. Beim Betreten des Schockraums schlägt mir eine Welle Biergeruch entgegen, gemischt mit dem süßlichen Parföng von Erbrochenem. - "Geburtstag mit Twist", sagt Greta. "Junger Kerl, 23 Jahre alt, hat Geburtstag etwas zu heftig gefeiert. Cannabis und Alkohol, Drogentest noch nicht fertig. Atmet nicht." Ein kurzer Moment des Schreckens. Nicht atmen geht nicht so schrecklich lange gut. Hier zahlt sich meine Zeit in der Anästhesie wiederum aus. Ein Handgriff zum Kinn, die Zunge ist gelöst und verlegt nicht mehr den Rachen, plötzlich schnarcht Jeremy-Dennis wieder laut. - "Wendeltubus", sage ich laut. Sekunden später schiebe ich dem Deppen einen fetten Plastikschlauch in die Nase, woraufhin er wieder normal zu atmen beginnt. Den Rest der Nacht muss ich mir anhören, wie doll ihm die Nase wehtut.
Vielleicht hätte ich Gleitgel benutzen sollen. Aber so richtig Mitleid habe ich auch nicht mit ihm. Bis 23 hatte ich mein Limit schon bis zum Erbrechen (im Wortsinne…) ausgetestet, ohne mich dabei krankenhausreif zu saufen…….
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medbooster · 6 years
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Selber Tippse
Das Pflegetelefon klingelt. Und klingelt. Und klingelt. Und keiner geht ran. Es liegt nämlich im Arztzimmer. Frei nach dem Motto: "Wenn es bei den Docs ist, können wir es nicht hören!". Wie auf anderen Stationen ein zweites Telefon zu haben wäre ja völlig verrückt, deswegen herrscht tatsächlich mehr oder weniger Stillstand auf der Geriatrie. Irgendwann habe ich die Faxen dicke und schnappe mir das Telefon, denn die Radiologie ist dran und will bestimmt einen unserer Patienten anfordern. - "Ja Sekunde", sage ich. "Ich reiche weiter" Der Pflege, die gerade in der Übergabe ist, reiche ich das Telefon rein. - "Hier, für euch", sage ich. "Euer Telefon" Schwester Ditty guckt mich mit großen Augen an. - "Geh doch selber ran" Ich bin völlig irritiert und laufe kopfschüttelnd davon. - "Bin ich jetzt hier die Stationstippse?", murmel ich in mich rein und laufe auf der Korridorecke in eine Patientin hinein. - "Tippse?", ruft sie irritiert und wedelt mit ihrem Gehstock. "Was bilden Sie sich ein! Mich Tippse zu nennen! Selber Tippse! Flegel!" Ich seufze. - "Ditty! Frau Meyerdingsebumse ist wieder aus dem Zimmer ausgebückst!" Um dem wütenden Gezeter von Ditty zu entkommen, flüchte ich mich unter dem Gemecker von Frau Meyerdingsebumse ins Arztzimmer und ziehe die Tür zu.
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medbooster · 6 years
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Aufgehängt
So Fortbildungen sind ja immer cool gewesen als Studenten - nicht. Meistens hat man es mit völlig überarbeiteten Assistenzärzten zu tun, die als Nebenbaustelle noch Unterricht aufgedrückt bekommen haben. Meistens klappt das bei uns ganz gut, manchmal halt nicht - ist eben undankbar, wenn überraschend ein Dozent krank wird und du den Entertainer für im schlimmsten Fall motivierte und interessierte Studierende spielen musst, die nicht einfach nur der Anwesenheitsbescheinigung wegen da sind, sondern auch tatsächlich neugierig sind - die muss man dann nämlich abwürgen und das tut weh.
In dem Zusammenhang habe ich diese Woche eine grandiose Erinnerung aus meinem Studium wieder ausgekramt. Wir hatten ein dermatologisches Blockpraktikum und waren pünktlich auf Station DT1 des großen Motzenhausener Universitätsklinikums links der Mecker aufgeschlagen, da war aber kein Dozent. Nur eine etwas verstrahlt guckende Dermatologin, die mit unserer Anfrage völlig überfordert war. - "Ja also Studenten haben wir hier sonst nie. Das ist doch keine Universitätsklinik!" - "Öhh… Doch", erwidere ich. "Unsere Kollegen waren bestimmt letzte Woche hier." - "Echt? Ach wie blöd. Da war ich in der Ambulanz. Hmmm. Ja also ich bin ganz sicher nicht zuständig. Ich telefoniere mal rum!" Zehn Minuten später kommt sie mit wehendem Kittel an uns vorbei. - "Haha! Ich bin für den Lehrplan eingetragen! Wer hätte das gedacht! Kommt mit!" Wir dackeln ihr hinterher und sie geht mit uns in einen Konferenzraum, der völlig chaotisch ist. Dabei fungiert die Assistenzärztin als eine Art Wellenbrecher und kämpft sich wacker zwischen ganz vielen im Raum angehäuften Stühlen durch. Irgendwann kommt sie nicht mehr weiter, steigt auf die Stühle und balanciert bis zur Projektor-Leinwand. Auf den letzten Metern verliert sie das Gleichgewicht und hält sich am frei im Raum baumelnden Kabel des unter der Decke angebrachten Beamers fest. Der setzt sich unheilvoll in Bewegung und rutscht von seiner Plattform. - "OH GOTT!", schreit die Dermatologin und macht einen Schritt zur Seite, fängt aber mit beiden Händen den Beamer auf, der nicht auf dem Boden zerschellt. Murmelnd und meckernd reißt sie alle Kabel ab und stellt den Beamer auf den Schreibtisch. - "HAHA!", ruft sie. "Dann halt ganz klassisch mit Tafel und Kreide!" Sie beginnt, an der Stange für die Leinwand zu kurbeln - jedoch in die falsche Richtung. Die Leinwand verhakt sich, drückt sich selbst aus der Verankerung und kracht laut scheppernd zu Boden. - "OH GOTT!", schreit die Dermatologin und springt superhelden-like über einen Tisch, um die Leinwand aus dem Weg zu bugsieren und als riesiges Geknäuel in die Ecke zu verfrachten. - "Das mache ich gleich wieder richtig!", lacht sie zerstreut und will den Tisch wieder umrunden, um sich zu uns in den mittlerweile gebildeten Stuhlkreis zu setzen. Dabei bleibt sie leider mit der Rückenlasche ihres Kittels an der Leinwandkurbel hängen, wird jäh gebremst und taumelt zurück. Das ist der Moment, in dem ich einen Hustenanfall fake und vor die Tür gehe. Dieses Spektakel kann nicht ohne Lachkrampf an mir vorbeigehen. Es dauert etwas, bis ich zurück in den Raum gehe.
Wenn ich das rückblickend vergleiche, sind wir da eigentlich bei uns in der Klinik ziemlich organisiert.
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medbooster · 6 years
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Work-Life-Balance
- "Herr Dr. Brainzz! Wann haben Sie das letzte Mal auf die Uhr geguckt?" Herr Haus steht vor meinem Büro in der halb angelehnten Tür, hat den Arm ausgestreckt und schnippt mit dem Zeigefinger gegen das Ziffernblatt. - "Ich sehe ja ein, dass Sie gerne im Krankenhaus sind. Im Gegensatz zu mir werden Sie ja auch dafür bezahlt. Aber was sagt Ihnen der Begriff Work-Life-Balance?" Wir lachen. Herr Haus ist mein absoluter Lieblingspatient. Er spricht fließend sarkastisch, jedes zweite Wort von ihm ist bitterböse Ironie und er wird nicht müde, zu betonen, wie gerne er bei uns ist und wie sehr er seinen Aufenthalt genießt. Lieblingspatient! Lieblingspatient! Lieblingspatient! - "Herr Haus!", sage ich. "Was kann ich für Sie tun?" Er zuckt mit den Schultern. - "Aktuell nichts. Die Frage ist eher, was ich für Sie tun kann." Ich gucke ihn schräg an. - "Sollte es im Krankenhaus nicht umgekehrt sein?" - "Naja ja, natürlich", entgegnet er. "Aber ich bin hier so schwer beschäftigt bin und wünsche mir den ganzen Tag nur, ich könnte endlich mal ein bisschen im Bett liegen, statt nonstop zu rotieren. Da fiel mir auf, dass sie zu fortgeschrittener Stunde noch im Hause sind. Werden Sie zuhause nicht erwartet? Es sind immerhin Feiertage." Ich nehme die Finger von der Tastatur. - "Doch, das werde ich tatsächlich. Aber die Arbeit erledigt sich nicht von selbst." - "Da steht mein Name auf dem Bildschirm. Ist das mein Arztbrief?" - "Ja, Sie wollen ja morgen nach Hause." Herr Haus nickt und verschränkt die Arme. - "Korrekt. Auch, wenn es mir wie immer ein inneres Blumenpflücken ist, den betörenden Duft dieser lieblich gestalteten Hallen zu schnuppern… Muss ich doch darauf bestehen, dass Sie mich morgen etwas später entlassen und den Brief nicht im Feierabend fertig schreiben. Oder ihn mir meinetwegen mit der Post schicken. An meinen Medikamenten hat sich ja sowieso nichts geändert und den Rest vom Brief liest eh keiner." Etwas konsterniert gucke ich ihn an. - "Wissen Sie", sagt er und verschränkt die Arme. "Im Krankenhaus ist ja eigentlich der Arzt der Große und der Patient der Kleine. Aber ich habe locker dreißig Jahre mehr auf dem Buckelals Sie und war mein Leben lang von Arbeitswütigen umgeben, jetzt lassen Sie sich mal zur Abwechslung einen Rat gefallen. Sie sind so einer, der auf sich aufpassen muss. Sie lieben Ihre Arbeit, Sie brennen dafür. Das merkt man. Sie müssen aufpassen, dass Sie dabei nicht verbrennen. Gehen Sie nach Hause zur Ihrer Liebsten. Machen Sie Feierabend. Ob ich morgen um elf oder um zwölf gehe, ist völlig egal. Mit etwas Glück komme ich noch einmal in den Genuss der kulinarischen Geschmacksexplosionen des Hauses." Ich gucke ihn etwas sprachlos aus. Der nächste Handgriff geht zum Bildschirm und macht ihn aus. Herr Haus nickt, ich nicke und er macht kommentarlos auf dem Absatz kehrt. Als ich zehn Minuten später die Tür zum Treppenhaus aufmache, steht er mit seiner Frau am Aufzug. - "Work-Life-Balance, Doktor Brainzz!", ruft er mir zwinkernd hinterher. "Work-Life-Balance!"
…. Was für eine coole Sau.
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medbooster · 6 years
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Geben Sie mir den Arzt, ich bin eine Tablette. Oder so ähnlich.
Unserer vermaledeiten Generation Y wird ja vieles nachgesagt. Faulheit, Planlosigkeit… Wenn man unser Arbeitspensum als Assistenzärzte vergleicht mit dem, was vor zwanzig Jahren Tagesgeschäft war, sind wir sicherlich irgendwie schon ein verweichlichter Haufen. Auf der anderen Seite muss man uns zugestehen, dass die Medizin komplexer und unübersichtlicher geworden ist und wir heute in einem Wirrwarr, einem förmlichen Wirbelsturm an Informationen navigieren müssen. Arzt im Praktikum und 48h-Schichten waren einmal, moderne Hochleistungsmedizin und Arbeit am obersten Rand der ökonomischen Machbarkeit fordern aber ihren ganz eigenen Tribut.
Nach jetzt vier Diensten in enger Folge (über die Rechtmäßigkeit der Arbeitszeiten sollte man lieber nicht nachdenken, sonst ist die nächste Überlegung die nach der Haftpflichtversicherung nach illegalen Arbeitszeiten und dann kommt einem das große Gruseln) wache ich am nächsten Morgen mit explodierendem Schädel auf und möchte noch vor dem Frühstück rückwärts verdauen.
Wie ein zitterndes Häufchen Elend stehe ich in dicke Schichten eingepackt in der Apotheke um die Ecke und warte brav, dass ich rankomme. - "Guten Morgen!", werde ich freundlich begrüßt. "Was kann ich für Sie tun?" - "Vomex A Dragees und Ibu 600 in der N1-Packung bitte", murmele ich in mich rein. Die Apothekerin guckt mich mitleidig an. - "Die Ibuprofen sind leider verschreibungspflichtig, da bräuchte ich ein Rezept von Ihnen." In meiner Hosentasche kramend nicke ich. - "Ich bin das Rezept", sage ich und halte ihr meinen Arztausweis hin.
Spruch des Tages. Die ganze Apotheke feiert. Immerhin komme ich lächelnd wieder nach hause und stelle mal wieder fest: Lachen ist gegen viele Dinge eine ziemlich gute Medizin.
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medbooster · 6 years
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Goomertown
Es musste so geschehen. Nachdem meine Rotationen über die Stationen unserer Schwarzwaldklinik im schönen Motzenhausen mich bisher verschont hatten, sollte es dann endlich geschehen: Der Weg führte mich nach Goomertown. Am Freitag Nachmittag packte ich auf den hochglanzpolierten Stationen des Neubaus meine sieben Sachen und machte mich auf den Weg in Richtung Geriatrie. Vorbei an all den gutaussehenden McDreamys und den super heißen… Okay, carried away. Schwarzwaldklinik ist es bei uns in Motzenhausen nicht, ich übertreibe. Aber ist schon schön und ich harrte der Dinge, die mich jetzt am anderen Ende des Hauses im "alten" Neubau aus den Siebzigern erwarten würde.
Als die Türen des Aufzugs sich vor mir öffneten (ich hatte mich unterwegs verlaufen und musste mich durchfragen), blieb ich wie angewurzelt stehen. So lange, dass sie sich wieder schlossen. Ich musste nochmal auf den Knopf drücken, um hinaus auf den Flur treten zu können. - "Meine Fresse!", murmelte ich. "Ist DAS hässlich…." Grasgrün melliertes Linoleum auf dem Boden. Verblichen und abgeschabbert. Blasse, ockergelbe Wände. Kanariengelbe Türen. Und diese unsäglich hässlichen, abgerundeten Plastik-Türklinken, die man auch in KiTas findet.
- "Kann ich watt für sie tun?", fragt mich ruppig eine ältere Schwester und guckt despektierlich an mir rauf und runter. "Oder wollen Sie noch weiter hier im Weg stehen?" - "Hallo", sage ich. "Brainzz mein Name. Ich arbeite ab Montag hier." - "Ach du lieber Himmel. Ich hätt Sie für nen Studenten gehalten. Sie sehen ja total verloren aus. Arztzimmer ist da drüben. Haben Sie Wochenende? Die Frau Meyer auf der 83 will schon wieder flüchten." - "Nein", sage ich tonlos. "Ich habe Feierabend. Bitte mit dem Dienst absprechen." - "Auch gut. Willkommen auf dem Traumschiff, bis Montag!"
Ich muss zwischendrin mit auf Kopfhöhe angebrachtem Summer eine Tür öffnen, um mich durchzukämpfen zum völlig überfüllten und zugemüllten Arztzimmer. Dort treffe ich endlich auf vertraue Gesichter. - "Brainzz!", ruft ein Kollege. "Du rotierst hier Montag hin, oder? Wolltest du dir schonmal einen Vorgeschmack besorgen?" Ich werde debil angegrinst. - "Willkommen in Goomerania! Wir haben die Ältesten, Dementesten und Kränksten nur für dich reserviert!" - "Das ist SO nett von euch!", antworte ich und grinse die beiden Kollegen an. "Da freue ich mich total drüber!" - "Ne, mal ohne blöd", sagt der Ältere der beiden Assistenten. "Alles nicht so schlimm. Man darf kein Innenarchitekt sein, um hier zu arbeiten. Aber alles halb so wild. Wir freuen uns auf dich!" - "Ruhiges Wochenende", sage ich nach einigem weiteren Gequatsche und mache mich auf den Weg nach Hause.
Das wird hart. Der Kontrast zum Rest des Hauses ist brutal.
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