Ist dir das noch nicht aufgefallen ?
Das ich dir deinen Schmerz sofort anseh,
während ich weinend vor dir stehen könnt
und du an mir vorbei siehst,
lieber nur über dich sprichst,
anstatt mich vielleicht zu fragen,
wieso ich jede Nacht wein‘,
und mir für alles die Schuld zuweis‘.
- iamthedisorder
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Bin ich so grundsätzlich falsch
Und unwert geliebt zu werden?
Ich sehne mich nach Nähe, Verbundenheit.
Ich schreib in die Leere, spreche mit mir selbst und komme immer wieder bei dem Schmerz an.
Es tut weh.
Ich gehe auf die Menschen um mich herum zu aber ich komme nicht an sie heran oder sie weisen mich ab.
Es tut weh.
Ich versinke in Einsamkeit und Zweifel an mir selbst. Hasse mich selbst. Finde nicht heraus, was ich falsch gemacht habe, was ich tun kann, anders machen kann.
Es tut weh.
Manchmal gibt es kurze Momente, wo ich spüre, dass sich unsere Finger berühren wenn ich meine Hand ausstrecke und dann gleiten sie auseinander oder ich kriege Angst vor dem Schmerz und mir selbst, dass ich zu es kaputt machen könnte und ziehe mich zurück.
Es tut weh.
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Ich weiß, du meintest das nicht böse,
als du sagtest, ich solle
mehr lachen,
mehr reden,
mehr glücklich sein.
Und dennoch hat es mich verletzt,
weil es nicht so leicht ist, wie es für dich scheint.
Weil ich zwar mehr lachen könnte,
aber es wäre nicht echt.
Ich könnte mehr reden,
doch die Worte wären Zwang.
Und glücklicher zu sein ist schlichtweg zu viel verlangt.
Also verzeih mir bitte,
dass ich still bin und bleib,
ich versuche es ja,
doch es ist nicht so leicht.
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Gefühl und Täter
1.
Ich stehe in dichtem Kontakt zu denen, denen etwas zustösst, die leiden oder die Leidenschaften haben. Zu denen stehe ich in dichtem Kontakt, insoweit stehe ich mit ihnen und bei ihnen. Das ist Beistehen und Zustehen, die nicht vom Willen getragen, nicht vom ihm angeführt oder zurückgehalten werden. Ich stehe zu ihnen auch dann in dichtem Kontakt, wenn sie selber zustoßen oder das Leiden weiterleiten.
Dass ich mitleide oder Mitleid habe, das wäre missverständlich gesagt, wenn man darunter versteht, dass man im Mitleiden so leidet wie der andere. Das maße ich mir nicht an. Ich leide mit denen, die Opfer sind und noch leiden können. Ich leide mit denen, die Täter sind und noch leiden können. Dasjenige Leiden, das Pathologie und Passion ist, taugt mir nicht als Seitensteller. Dafür bräuchte ich was anderes als Leiden. Gefühle halte ich durchaus für immer auch sortiert und immer auch sortierend, immer auch ordentlich und ordnend. Dass sie weniger sortiert oder weniger ordentlich seien als anderes,kann ich weder grundsätzlich noch allgemein sagen. Aber wie gesagt: Als Seitensteller taugt mir das Leiden nicht.
2.
Bazon Brock hat mir einmal die Geschichte erzählt, wie er den Krieg überlebt hat und dass er sich damals geschworen hat, nie wieder Opfer zu sein, sondern von nun an Tatmensch. Der Vater, erst Täter, dann Opfer, wird vor seinen Augen erschossen, zwei Geschwister sterben ihm, seiner Mutter und seinem Bruder im Lager weg. Dasjenige, gegen das man absolut und mit jeder Faser seines Körpers und Geistes ist, das passiert trotz allem. Wenn etwas in maximalem und radikalem Sinne trotz allem, trotz aller Entgegnungen einem passiert, dann ist das Mörderische im Spiel. Dass Bazon Brock darum auch ein Tätertyp ist, das verstehe ich gut.
Man kann sehen, wie es ihn treibt und verfolgt. Schön, gut und wahr ist es nicht, glücklich macht es nicht, es versöhnt einen mit nichts. Aber ihm zu sagen, dass es falsch sei, das würde ich nicht tun. Ich kann es nicht, denn: Ich stehe in dichtem Kontakt mit denen und zu denen, die leiden. Das ist kein Mitleid, kein Mitleiden, keine Identifikation mit dem Opfer, kein Gemeinmachen, es ist nichts aus dem Selbstverlag der Schäfchen. Übertragung und Teilung findet statt.
Denjenigen Menschen, die Opfer wurden, zu raten, Opfer zu bleiben und niemals Tatmensch, Tätertyp oder Täter zu werden, das kann ich nicht. Ich bin Jurist geworden, auch um Täter zu verteidigen, nicht, weil ich mich mit denen identifiziere oder gut finde, was sie tun. Es hat aber damit zu tun, dass ich in dichtem Kontakt zu denen stehe, denen etwas zustösst, die leiden, passioniert oder pathologisch sind. Ich kann das, ich kann Täter verteidigen, weil ich etwas von ihnen reproduzieren kann. Ich weiß, was mörderisch ist, mit jeder Faser meines Körpers. Ich weiß nicht alles von allen Morden, aber was ich weiß, weiß ich an allen meinen Stellen. Das ist nicht schön, willl ich nicht und ich wünschte, dass ich es nie erfahren hätte. Nicht alles läuft nach Wünschen. Ich weiß was es heißt, wenn etwas trotz allem passiert, wenn zustösst, wogegen alles in einem gerichtet ist. Warum ich das weiß, wissen andere, das sind meine besten Freunde.
3.
Den Ukrainer oder Russen zu raten, sich endlich zu ergeben, den Israelis, den Palästinensern, das würde ich einfach nicht wagen. Die Lage ist furchtbar und ich bin ratlos, wie man Radikalität zurücknimmt, wie man den Exzess verhindert oder eindämmt, ohne ihn gleichzeitig zu züchten. Ich weiß nicht, bis heute nicht, wie man zähmt ohne zu züchten. Ich weiß bis heute, dass die Botschaften des Rechts stark sein können, effektiv - und dabei immer das Gebot und das Verbot mittragen. Ich habe gelesen, gestarrt. Aber bis heute weiß ich nicht, wie man züchtet, ohne zu zähmen. Ich kann Terroristen von Zivilisten und von Angehörigen eines staatlichen Militärapparates unterscheiden, alles kann ich unterscheiden. Dass Gewalt ohne Exzess und ein Krieg ohne Kriegsverbrechen möglich seien, das wünsche ich mir auch, will es auch.
Aber um das ernsthaft zu hoffen, dazu fehlt mir etwas. Die Versuchung, sich darum nur mit den Opfern zu identifizieren und alles von den Tätern inklusive jeder Tat abzustreiten, die Versuchung ist groß, aber gerade weil ich hoffnungslos bin, gelingt mir nicht, der Versuchung zu folgen.
Ich kann das Beistehen und Zustehen auch nicht perfekt auf die Linie der Unterscheidung zwischen Schuld und Unschuld legen. Die Übertragung und Teilung überspringt oder unterläuft diese Linie.
Habeck ist Minister, der trägt ein öffentliches Amt. Mein Beruf ist eine private Praxis öffenlicher Dinge - und dazu Theorien und Geschichte zu liefern. Ich schaue von außen auf Habecks Rede, unterschreiben muss ich sie sowieso nicht.
Die Toten haben Angehörige, das ist schlimm, endlos schlimm. Könnte man aber deswegen nicht den Toten jede weitere Angehörigkeit entziehen? Mit Erlöschen der Lebensfunktion sollte der Entzug jeder Angehörigkeit amtlich in Kraft treten, drückend spricht es im Traum.
Asymmetrische Kriegsführung gehört verboten. Steinewerfer sollten mit Steinen beworfen werden, Bomber mit Bomben, Bauern mit Mistgabeln. Allein der Hoffnung fehlt was.
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