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#symmetrische dogmatik
fabiansteinhauer · 1 month
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(A-)Symmetrische Dogmatik
Pierre Legendre behauptet, die Welt sei dem Menschen nur durch Trennung gegeben. Er habe über eine symbolische Ordnung und deren 'grundlegenden Bruchstücke' Zugang zur Welt. Legendre ist insoweit 'Assessor' mit einer asymmetrischen Dogmatik, die nämlich auf Zugänge ausgerichtet ist. Aber irgendwie muss man ja auch raus, nicht nur aus der ganzen Welt irgendwann, sondern auch aus derjenigen Situierung, aus der heraus man im Alltag immer wieder zu der Welt geht.
Symmetrisch wird die Dogmatik mit einem weiteren Hinweis, nämlich, dass die Welt dem Menschen und den Mensch durch Manöver der Trennung und Assoziation passiere. Die grundlegenden Bruchstücke regen sich, entweder so, als ob sie leben würden und einem etwas tun oder nicht tun , für einen etwas oder nicht machen könnten, oder so, als ob sie nachleben (Warburg) oder sich ausleben, das Symbolische also vielleicht so ordentlich unbedingt nicht ist, dafür auch exzessiv sein und in jedem Detail sich auf das Imaginäre oder Reale hin öffnen und schließen kann.
Wenn die Welt einer asymmetrischen Dogmatik gegeben ist und Institutionen so einer Welt dasjenige seien sollen, das gegeben ist, wenn die institutionelle Macht eine Gabe oder eine Technik zur Einlassung auf Gegebenheiten sein soll, dann ist die Welt einer symmetrischen Dogmatik vorübergehend und die Institutionen so einer vorübergehenden Welt sind dasjenige, was (er-)warten lässt, also Zeit mehr oder weniger anspruchsvoll durchhalten lässt. Auch das kann eine Einlassung sein, eventuell ist sie aber durchgehender und wendiger, vielleicht auch verkehrender oder verkehrter als der Zugang. Nur kommt es darauf kaum an, den rigide ist an der Welt, dass sie vollständig reicht und sich trotzdem verdreht, in aller Sättigung unersättlich bleibt.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Wozu Kulturtechniken?
1.
Eine der Auseinandersetzungen in der Literatur zu Recht und Kultur, die für mein Verständnis von Kulturtechnikforschung wichtig ist, kreist um Fragen, die man alteuropäisch als Fragen nach dem Wesen des Rechts gestellt und mit Frage nach der Autonomie des Rechts verbunden hätte.
In der jüngeren, deutschen Literatur ist insoweit auch ein älterer Begriff wieder aufgetaucht und neu diskutiert worden, der Begriff des proprium. Die Forschung, die ich betreibe, teilt das Problem dieser Fragestellungen, teilt die Probleme, aus denen diese Fragestellungen entstehen und ein Begriff der derjenige des proprium gebildet wird. Explizit lautet die Entscheidung aber, in der Forschung Multiplizität zu unterstellen - und damit, dass das Recht ein Effekt von Kulturtechniken ist, die Differenzen operationalisieren, also händeln, bestreiten oder handhaben sollen, die dabei aber Anderem als Recht aufsitzten und Anderes als Recht übersetzen. Diese Techniken sind, wie jede Technik, reproduzierend, sie sollen etwas wiederholen und sollen wiederholbar sein. Insofern umgehe ich zwar nicht die Frage, wie man im oder am Recht ein Reservat für reines Recht, das proprium und die Einheit des Rechts oder aber seine Eigenkraft zu bestimmen - aber das behandele ich als historisches oder zeitgenössisches Material, ohne mir die Voraussetzung zu eigen zu machen. In systemtheoretischer Hinsicht verzichte auf darauf, Ausdifferenzierung und Selbstreferenz zu unterstellen, weil diese Voraussetzungen den Blick auf die Differenzierungen und auf die Referenzen auf eine Weise abschneiden, die für meine Fragestellungen nicht hilfreich ist. Das liegt weniger an Luhmanns Begriffbildung (obschon auch er beides, wenn auch vorsichtig bis unsicher, auf die Linien der Großen Trennung bezieht) als an ihrer Rezeption (die beides sicher auf die Linien der Großen Trennung bezieht).
Was man symmetrische Dogmatik oder symmetrische Rechtswissenschaft nennen kann, das ist auch der Versuch, ein "Denken des Außen" (Foucault) durchzuziehen. Wenn man auf das alteuropäische Vokabular zurückgreifen möchte, dann würde es sich anbieten, nicht von einer Frage nach dem Proprium des Rechts zu sprechen, sondern von einer Frage nach dem Decorum des Rechts, wo der Begriff dann aber dann nicht nur das Passende, sondern auch das Passierende, nicht nur das Angemessene, sondern auch das Durchgehende meint.
Multiplizität heißt, dass das Recht bis in seinen innersten Kern auf's äußerte gefaltet (wörtlich und/oder metaphorisch), technisch, artifiziell operationalisierte Differenz ist. Multiplizität bedeutet auch, dass Differenz bis in die elementare Ebene reicht. Differenz und Vielfalt fangen nicht erst dann an, wenn 'eins zum anderen' kommt, Differenz geht vor, Kontraktionen und Distraktionen gehen vor, sie gehen den Operationalisierungen vor und stoppen nicht durch die Operationalisierungen. Die Unterscheidungen, die das Recht konstituieren, involvieren insofern auch anderes als Recht.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Bild- und Rechtswissenschaft
1.
Ebenso, wie man die Sprache und das Sprechen unterscheiden kann und wie sich darum eine reichhaltige Literatur entwickelt hat, die der Frage nach Geschichte und Theorie einer Sprachwissenschaft nachgeht, so kann man die Schrift und das Schreiben oder aber das Bild und die Bildgebung unterscheiden.
Man kann auch juristische Methoden und juridische Techniken unterscheiden. Juristische Methoden sollen zur Autonomie und zum Eigenen der Rechtswissenschaft, wohl auch zur angeblichen Autopoiesis selbstreferentieller Kommunikation unter einem Code gehören. Es gab einmal Systemtheoretiker, die sagten, dass es Systeme gäbe und vielleicht gab es die ja, wie ja auch der Sozialismus real existiert haben soll. Aber man darf solche Unterscheidungen und solche Trennbarkeiten auch nicht zu hoch hängen. Nur weil Leute, deren Existenz von der Existenz juristischer Fakultäten oder Fachbereiche abhängen, behaupten, dass man das Recht keines Falls mit irgendwas anderem als Recht verwechseln und durcheinanderbringen dürfe und nur weil die wollen, dass all' das Differenzieren auch mal aus ist und Feierabend hat, muss man denen ja nicht Folge leisten.
2.
Wie macht man Urkunden, woran erkennt man sie, wo legt man die im Archiv ab, damit Leute wie Aby Warburg sie einmal finden oder nicht finden können? Wo kommen Fotografien hin und wie ordnet und sortiert man Bilder? Das ist keine juristische Methode, es ist aber eine juridische Technik, die sich in und mit Kanzleien, Sekretariaten und Archiven und auch über die Diplomatik entwickelt hat. Das sind technische und normative Routinen, in die einmal Juristen involviert waren. Aber auch ohne Juristen und ohne juristische Methode kooperieren solche Techniken schon dabei, Recht zu reproduzieren, wenn sie zum Beispiel dabei mitwirken, Namen an Bilder zu lassen oder aber nicht. Soll man im Protokoll notieren, wer auf einer delikaten Malerei von Francois Boucher Modell stand und soll man das Bild darum kunsthistorisch als Bildnis, also als Bild einer Person klassifizieren oder soll man den Namen des Modells lieber nicht notieren, soll man es lieber als kleine quasiallegorische oder quasimythologische Szene und als Bild einer herbeiphantasierten Nixe/ Nymphe klassifizieren? Das wird etwas mit den Rechten des Modells machen. An den Rechten von O'Murphy präparieren schon Leute Rechte, bevor ein Jurist ins Spiel kommt, weil sie daran arbeiten, Namen an Tafeln zu lassen oder aber Namen nicht an Tafeln zu lassen. Historisch hat das etwas mit Recht zu tun, aber es hat natürlich nicht nur mit Recht zu tun, auch mit Geschlecht, Ökonomie, Religion, Rhetorik, Politik etc.
3.
Wenn man sich für das Verhältnis von Medien und Recht interessiert, aber nicht davon ausgeht, dass Medien und Recht während der Geburt oder vom Prinzip her noch getrennt seien und dann später zusammenkommen könnten, dann bietet es sich an, die (juristische) Literartur zu studieren und zu schauen, wie dort Medien definiert werden. Darüber hinaus sollte man aber auch das Quellenstudium auf die Praxis ausweiten und sich anschauen, wie etwa im Sprechen, Schreiben oder in der Bildgebung schon juridische Kulturtechniken involviert sind, selbst wenn das betroffene Medium gar keine juristischen Inhalte hat.
Man kann zum Beispiel juristische Literatur zum Bildrecht studieren, in der keine Fotografien auftauchen. Es gibt nicht eine Reihe, es gibt haufenweise Literatur, Gesetze, Kommentare und Monographien, die etwas über den berühmten Bismarckfall schreiben aber das streitbefangene Bild nicht abbilden - und dieses Bild oder aber die anderen Fotos von toten Fürsten, Souveränen oder 'Privatpersonen' nicht kennen. Auf dieser Grundlage kann man die These aufstellen, dass moderne Recht sei bilderfrei gewesen oder aber auch die These aufstellen, dass die Bildgebung erst dann verrechtlicht würde, wenn das Bild einen Inhalt bekäme, der zugleich als Abbildung von Recht zu verstehen sei. Meine Thesen sind das nicht und darum lauten die Thesen von Kollegen, dann sei das was ich mache, auch keine Rechtswissenschaft, sondern Kulturwissenschaft.
Ich denke sogar, dass man eine Wissenschaft von Medien und Recht nicht ohne Protokolle betreiben kann. Wer sich in den Quellen auf Bücher stützt, nicht auch auf Akten, Protokolle, Tonaufnahmen, Bilder oder Zettel, Räume oder Orte stützt, wer sich nur auf medienwissenschaftliche Sekundärliteratur stützt, der dringt vor, aber eben nur in Bücher. Wer sich nur auf Texte stützt, die als Buch oder in einer Zeitschrift veröffentlicht sind, die mit Signaturen, Autoren und Autoritäten versehen sind und die nicht auch anders privat und öffentlich zirkulieren, der wird entweder wenig oder aber nur durch Vorgaben eines kleinen Auszuges etwas über die technisches Bedingungen des Schreibens und die technischen Bedingungen der Unterscheidung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit erfahren. Wie ein Anatom, der glaubt, keine Körper aufschneiden zu müssen und dem die Lektüre von Lehrbüchern zur Anatomie reichen, kommen solche Wissenschaftler durchaus vor und durch. Meine Praxis wäre das nicht. Wer zwar Bilder abbildet, aber nichts über das Protokoll der Bildgebung sagt, der schmückt dann vielleicht sein Buch mit Bildern, aber das ist und bleibt juristische Dogmatik, Scheinwissenschaft. Die Wissenschaft vom Schein ist nicht nur scheinbar Wissenschaft, auch sie kann durch und durch Wissenschaft sein. Wen man das Bild eines Rechtsubjektes abbildet, dann sollte man auch was zum Protokoll der Entstehnung des Bildes sagen. Man muss das nicht tun. Eine klassische Dogmatik ist mit ihren Abschirmungen und Versiegelungen für sich nicht kritisierbar, sie war und bleibt immer immer Wissenschaft vom Schein und wird immer Wissen bescheinigen. Die Rechtswissenschaft ist nunmal ein dogmatisches Fach und wer, wenn nicht die Rechtswissenschaft hat alles Recht der Welt, zu wissen, was man wissen soll und dann dieses Wissen in den Modus des Zeigens zu bringen ("Da!"). Aber man kann auch Rechtswissenschaft betreiben, die entweder nicht im Dienste des Rechts operiert, die auch nicht diesen Dienst selbstermächtigt als 'kritisch' ausweist, um die eine Rechtspositionen gegen eine andere Rechtsposition auszutauschen, sondern die Rechtswissenschaft als symmetrische Dogmatik oder aber auch als vergleichende Normwissenschaft betreibt. Veilelicht ist das sogar dann kritisch, wenn es sich nicht selbst schon kritisch nennt.
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fabiansteinhauer · 2 years
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Bildakten
1.
Vom Scheiden: Fritz Schulz hält seine letzte Berliner Vorlesung über die Prinzipien des römischen Rechts. Diese Vorlesung veröffentlicht er 1934 in Deutschland. Dann ist er gezwungen, über eine kurze Zwischenstation an der Universität in Frankfurt nach Amerika zu ziehen. Das ist ein Exil, eine Flucht, aber auch ein Pendeln, sogar im Warburgschen Sinne, denn die Prinzipien des römischen Rechts werden 1954 wieder unverändert in Deutschland gedruckt. In dem ersten Kapitel dieses Buch beschreibt er das erste Prinzip des römichen Rechtes als Teil eines Vorgangs großer Trennung. Er nennt diesen Vorgang Isolierung und setzt bei der Erklärung dieses Vorgangs wie folgt an:
"Ursprünglich war alles beisammen, da kam der Geist, schied und schuf Ordnung." Mit diesem Wort des Anaxagoras ist eine wesentliche Aufgabe jeder Wissenschaft bezeichnet; auch die Rechtswissenschaft ist eine Scheidekunst.
Den Namen des Griechen hat er mit Fußnote 1 versehen. In der Fußnote steht ein griechischer Satz, aber zwei Nachweise von zwei (mehr oder weniger weit) auseinanderliegenden Seiten aus Diels' Edition der Fragmente der Vorsokratiker von 1922. Schulz verweist auf Seite 375 und Seite 386 ff. Der sog. Satz des Anaxagoras kommt in der Edition von Diels nicht nur zweimal vor, er hat auch unterschiedliche Versionen. Er zirkuliert nur 'verkehrt', man kann nämlich nicht sagen, welche der beiden Versionen die ursprünglichere ist.
Die Übersetzung, die bei Schulz das Kapitel über die Isolierung eröffnet, könnte Fritz Schulz eigene Übersetzung sein, er ist da philologisch großzügig und sagt es nicht. Er macht sich aber den Anaxagoras zu eigen. Diese Übersetzung ist schon von einem deutschen Griechenlandbild und modernen Vorstellung von Ursprünglickeit, Schöpfung und potentem Geist bestimmt. Einen "Anfang haben zu wollen und ihn ihn Griechenland zu suchen" (Vismann), sogar für die Prinzipien des römischen Rechtes, ist ein Zug deutscher Rechtswissenschaft.
2.
Die Forschungen zu Recht und Kulturtechnik analysieren, was Juristen schreiben und wie sie schreiben. Sie analysiert Schreiben als Operationskette, zu der unter anderem Kanzleien, Akten, Tische und Tafeln, Kalender, Schreiber und Schreibzeug gehören und die zusammen einen abstrakten Begriff der Schrift erst hervorbringen, aber auch aus der Abstraktion wieder passieren lassen und im konkreten Material erst passend machen. Das meint schon wie in der Rhetorik auch etwas, was als in der Neuzeit und der Moderne als Äußerlichkeit des Schreibens verstanden wird, also zum Beispiel der Stil. Das meint aber auch weitere Schreibtechniken, also zum Beispiel die Sammlung von Quellen in Akten, die Einrichtun von Fußnoten und ihr Layout, die Organisation des Schreibens in komplexeren Apparaten, also etwa den Kanzleien und Sekretariaten. Nur ein kurzer Blick auf Schulz macht deutlich, wie er scheidet, wenn er vom Scheiden spricht und wie er dabei eine Isolierung definiert. Aus zwei Sätzen bei Diels wählt er nur einen aus, aus unzähligen Übersetzungemöglichkeiten wählt er nur eine aus. Sein Scheiden ist insoweit auch ein Ausscheiden.
Wenn man auch das Isolierung nennen will, ist es kein guter Begriff, auch keine gute Metapher, aber darauf kommt es auch nur bedingt an. Schulz lässt schon vorsokratische Sätze und moderne Vogue, nämlich seine modernisierende Übersetzung, in ein Kapitel über römisches Recht. Diese Isolierung ist das, was Bruno Latour in Bezug auf die symmetrischen Anthropologie eine Reinigungsarbeit nennt, eine Filterung. Scheiden ist in dem Sinne keine saubere Technik, wenn man nicht nur das Endergebnis sondern die Operationsketten beschreibt, über die etwas zu Recht gemacht wird. Scheiden operationalisert Differenz, es erzeugt normative Effekte, zeichnet zum Beispiel ein Bild des römichen Rechts oder richtet Begriffe ein.
Die können eine binäre Fassung haben. Man muss das nicht einen binären Code nennen, man kann auch sagen, dass für das Produkt der Satz der Identität, der Satz des Widerspruchs und der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gelten soll. Das Scheiden richtet in dem Sinne sogar eine Referenz ein und operiert vergleichbar mit dem, was eine mosaische Unterscheidung und eine parmenidische Unterscheidung genannt wird. Aber das alles ist nur ein Teil der juridischen Kulturtechniken. Weil der Begriff der Isolierung auch etwas ausscheidet und in dem Sinne ein 'Sekretär' im Schreiben des Römischen bleibt, könnte man auch sagen, dass das Recht zum Schein isoliere. Es durchfiltert so und scheidet so aus, als ob es isolieren würde. Die Trennung, die damit eingerichtet wird, steht noch mehr als einem binären Code zur Verfügung. In der rhetorischen Literatur etwa sprechen einige Autoren vom decorum, sie meinen damit auch das Maß, mit dem Differenzen operationalisiert werden. Macht man das frivol, delikat, wild, erregt, besonnen, erhaben? Wie groß und wie klein ist der Stil? Wie hoch und wie tief stehen die, die mit und in so einem Stil adressiert werden? In der Geschichte des modernen Bildrechts und des modernen Bilderstreites kann man sehr gut beobachten, das alles von dem, was angeblich das moderne Recht auszeichnen soll, dort so eingerichtet ist, wie Schulz das römische Recht präsentiert. Das Recht ist modern, aber nur zum Schein. Es ist ausdifferenziert, aber nur zum Schein. Dort ist die Rhetorik an ihr Ende gekommen, aber nur zum Schein. Dort ist stratifikatorische Diffrenzierung von funktionaler Differenzierung evolutionär abgelöst worden, aber nur zum Schein. Dort ist das Recht systematisch, aber nur zum Schein. Dort ist das Recht dogmatisch, aber nur zum Schein.
3.
Statt deswegen in den Modus der Ideologiekritik umzuschalten, bietet die Kulturtechnikforschung an, eine symmetrische Dogmatik zu entwickeln, in dem man weite und präziser die Operationsketten beschreibt, mit denen etwas zu etwas gemacht wird. Ich würde über die Scheidekunst hinaus auch darauf hin analysieren, wie sie etwas schichten und skalieren, groß und klein, gewichtig und ungewichtig machen etwa oder wie sie etwas mehr oder weniger zählen und zählen lassen, wie sie mustern und messen, um etwas passend zu machen oder durchgehen zu lassen. In Studien zum Bildrecht habe ich das im Hinblick auf die Art und Weise beschrieben, wie vor Gericht mit Bildern Urteile etwas adressieren und 'polarisieren', also Polarität operationalisieren. Das führe ich im moment bei einem Forschungsprojekt zu Aby Warburg 'Staatstafeln' weiter.
Das Ziel dessen, was Latour als Kritik der Kritik beschreibt, ist nicht, dem Recht auch mit abgemilderten Rationalitätsansprüchen doch noch zu trauen, auch nicht, daraus eine Apologie dessen zu entwickeln, was in der Vergangenheit trotz allem gut ging. Das Ziel ist nicht Kritikverzicht. Zuerst gibt es nur und sclicht eine Interesse an einer plastischen Beschreibung von technischen Vorgängen, die auch als Rationalität erscheinen, sebst wenn sie nicht an den Vorstellungen der Abstraktion, des Systems und der sog. großen Trennung (Jack Goody) hängen. Wenn hier etwas rein ist, dan ist es die Neugierde, sonst nichts. Die Versuchung mag groß sein, ältere Großbegriffe wie System durch neue Großbegriffe wie Experiment, Praxis und Wissensgenierung und Vergangenheit durch Zukunft auszutauschen um wie gesagt wenigstens das zu halten, was in der Vergangenheit angeblich trotz allem doch gut lief.
Es ist vielleicht sinnvoller, so eine Forschung wie eine Archäologie zu betreiben, ich meine das im Sinne einer Warburg'schen Archäologie. Wenn man so Treiben zur Technik und Technik zum Treiben bringt, umso besser. Das hieße zuerst, nur ein plastischeres Verhältnis zum Distanzschaffen zu bekommen und nicht gleich zu sagen, dadurch würde Reflexivität vergrößert oder aber die Vorsprünglichkeit westlicher Rechtsordnungen gerettet. Mir selbst sind dabei vereinzelte exemplarische Zugriffe, Fallstudien an einem heterogenen Material am liebsten. Mir sind in dem Sinne diagonale Wissenschaften am liebsten, die ein Material durckreuzen und durchpflügen, dessen Homogenität wenn überhaupt, dann nicht gleich zeigt, aber dessen Heterogenität auch nicht einfach für sich steht. Möge es gelingen.
4.
Fritz Schulz greift in den Prinzipien des römischen Rechts nur einmal auf die Vorsokratiker zurück, aber die Filterung gelingt auch gleich im ersten Satz. Ab da ist das ganze Material römisch, prinzipiell gründlich und anfänglich, systematisch und homogen. Mit dem Satz des Anaxagoras ist der Anfang gemacht und das erste Prinzip gesetzt.
Auch zum dem römische Recht gibt es ein Material, dass sich so hartnäckig der Homogenisierung entzieht, wie ein kleines gallisches Dorf den Römern. Das ist ein Material, das weder den Gesetzen der Konstitutionen noch den Sätzen der Prätoren ähnelt, das also weder Diktum noch Interdiktum ist. Das sind Dokumente und Akten, mit denen die Kanzleien organisiert wurde, durch die nich nur römisches Recht lief, sondern auch römiche Warenströme, Personen, Dinge, Tiere und damit Politiken, Religionen, Ökonomien, Ökologien, Astrologien und Kosmologien, Leidenschaften und Interessen. Dort werden Zeiten gemessen und Assoziationen gemustert, dort wird Rom geschichtet und skaliert, also zum Beispiel verwaltet, wer und was dringlicher und wichtiger wer nicht so dringlich und wichtig, das ist eine Verwaltungsgliederung, die wie in der Magie und der Mantik nicht vergeblich weiß, aber alles Wissen auf- und schichtet. Wer weiß, wozu es später einmal gut ist?
Das sind auch die Bildakten, zu denen die notitia dignitatum und der Kalender des Filocalus gehören und die zwar bis in 19. Jahrhundert mit großem Prunk und großer Wertschätzung immer neu ediert werden. Aber ich halte es nicht für einen Zufall, dass Mommsen die Edition der notitia dignitatum Otto Seeck überlässt. Das ist nur Spekulation, aber das Verhältnis zwischen Mommsen und Seeck ist zweischneidig. Einerseits 'sein bester Schüler', anderseits Bemerkungen, die doch auch immer weder so etwas als Rangverhältnis auch qualitativ ausdeuten, als wäre Seeck nicht nur der beste, sondern auch der ewigste Schüler Mommsens und als wäre Seeck für Mommsen das, was Harry für Derrick war. Seeck darf also die notitia dignitatum edieren, wie Harry das Auto holen darf, es ist ein schräger Vergleich. Mommsen schätzt das Material, aber er weiß um das Zwielichtige dieses Materials.
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fabiansteinhauer · 2 months
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Nuova Sciencia
Neue Wissenschaft nennen wir Wissenschaft mit Machbarkeitswahn, allerdings nennen wir diese Wissenschaft schon seit langem neu, nämlich seit Giambattista Vico, dessen Wissenschaft demjenigen Machbaren galt, das man auch dann Kultur nennt, wenn es Natur involviert und Natur händelt, zum Beispiel Hunde, Austern oder die Art penicillium roqueforti, einen Schimmelpilz.
Die Figur des Machbarkeitswahns ist ab und an einer jener seltsamen aktuellen (modischen oder voguen) roten Linien, die markieren sollen, was ein mit apokalyptischem Bräu gefülltes Heidelberger Faß angeblich zum Überlaufen bringt. Die Passage in dem Wort und dem Begriff, zu der wir forschen ist bar, eine Passage oder Aporie, die das normale Machen vom wahnsinnigen Machen trennen soll, gleichzeitig beide assoziiert und die damit einen jener Züge bildet, die vague und vogue trennen und assoziieren.
Angeblich sei die Genderforschung im Machbarkeitwahn, sagen genau die richtigen, nämlich die, die bisher nicht zum römischen Recht und zur Teilung der Geschlechter geforscht haben, darum Dogmatik mit Natur verwechseln und glauben, bisher seien die Geschlechter wie auf Bäumen natürlich gewachsen und wie Meteore mit fremdem Leben vom Himmel auf einen toten Planeten gefallen. Man hat Geschlechter seit antiken Zeiten mitgemacht, kooperiert normativ und rekursiv bei der Teilung der Geschlechter, aber nur, weil Silke Maiers Bart einem nicht passt, soll es pötzlich nur noch wahnsinnig und nicht mehr normal sein. Der sogenannte Genderwahn ist so alt wie die Teilung der Geschlechter, denn schon immer ist die Welt dem Menschen durch Trennung und Assoziation gegeben. Der anderer Name dieses Wahns ist Dogmatik. Die Welt ist technisch und dogmatisch, seitdem sie erscheint, in dem sie geladen wird - vor den Augen und allen anderen, immer geteilten Sinnen. Die Geschichte der Teilung der Geschlechter, und sei das das nicht Teilung der Gattung Mann und Frau sondern die Teilung der Gattung Kultur und Natur ist das, was in den Details kontrahiert und distrahiert. Das ist ein sedimentäres und aufrührbare Geschichtes, in dem schon minore Objekte, zum Beispiel kleine und kurze Züge, trennen und assoziieren, was unterschieden sein soll. Ob es auch ein System dafür gibt, so etwas wie Die Gattung der Gesellschaft? Kann sein, das könne wir nicht ausschließen, nur: wie forschen gerade zum Kurzatmigen, zu Kurzatmigen der Gesellschaft, zu minoren Objekten, denen das je Langwierige und je Langweilende leicht aufgestempelt wird.
Zur Pierre Legendres asymmetrischer Anthropologie und asymmetrischer Dogmatik gibt es weitere Entwürfe, wie etwa Eduardo Viveiros des Castros und Bruno Latours symmetrische Anthropologie und Aby Warburgs symmetrische Dogmatik, deren Symmetrie elliptisch kreist und damit etwas von dem Schlag/ Streich hat, den Werner Hamacher afformative nennt, weil die Züge dieser Schläge und Streiche keiner Leere und keiner reinen Negation aufsitzen, sondern Verkehrungen.
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