»Du hast mir als Erster gezeigt, dass ich jemand bin, den niemand vermisst«, fahre ich fort. »Dass ich entbehrlich bin. Und man sollte für den eigenen Vater nicht entbehrlich sein. Weißt du, wie es sich angefühlt hat, so aufzuwachsen und das zu glauben? Zu wissen, dass da eine riesige Leerstelle ist, wo du hättest stehen sollen?«
„Du hast mir beigebracht zu laufen, doch jetzt halt' ich dich, wenn du stehst. Du saßt jede Nacht an meinem Bett, doch jetzt pass' ich auf, wenn du schläfst“
Hör zu. Hör ihr zu wenn sie stumm wird, wenn sie beginnt zu beobachten, wachsam und nachdenklich jede Kleinigkeit zu analysieren. Höre zu, ermutige sie zu sprechen, hol dir ihren Rat, denn sie sieht das Gesamtbild der Situation besser vor sich als jeder andere, denn sie weiß, sieht, fühlt, hört ohne zu tief drin zu stecken. Mach sie nicht stumm, sondern glaub an ihre Worte, glaub an was sie sagt. Hör dir an, wie sie denkt, denn sie hat eine andere Perspektive als du, als ihr. Auch wenn sie launisch und jung ist und geblendet und oft nicht alle Mühen sieht, überblickt sie hier alles und bezieht alles mit ein, das hier ist ihr wichtig. Ihr seid ihre Leute.
Hör deiner Tochter zu, wenn sie beginnt zu schweigen. Bring sie dazu, dir die Augen zu öffnen mit ihrer Sicht. Als Vater musst du sie beschützen. Als Vater musst du hören, worum sie sich sorgt, zuhören, um sie beschützen zu können.
Deine Tochter muss nicht Angst haben wie du reagierst wenn sie ihre Sorgen über dich äußert, keine Angst haben, was passiert wenn du wütend bist. Deine Tochter sollte nicht darüber nachdenken, ob sie bei dir lachen darf, sollte sich nicht schlecht fühlen, dein Geld anzunehmen, weil sie sich manchmal nicht sicher ist, ob sie dich liebt. Deine Tochter sollte keine Angst vor der Nacht haben, davor, was passiert, wenn sie ins Bett geht. Deine Tochter sollte nicht die Luft anhalten, wenn sie aus der Küche etwas hört, keine Angst haben vor deiner Stimmung wenn dir alles zu viel wird und keine Angst, auszuziehen, weil sie dann nicht mehr auf ihre Familie aufpassen kann. DU! Du solltest hier sein um sie zu beschützen, nicht um ihr Sorgen zu bereiten. Du solltest ihr ein sorgenfreies Leben ermöglichen indem du für sie da bist, nicht nur in den leichten Momenten, in denen jeder klar und glücklich ist.
Du solltest keinen Zweifel daran lassen, dass sie niemals schweigen und nicht immer stark sein muss.
Und da ist plötzlich dieses ekelhafte Gefühl des Verlassenseins. Als ob ich nun alleine bin. Du mit deiner neuen Familie. Mit deiner neuen Frau, mit neuen Kindern, mit neuem Zuhause.
Und ich wandere wie der Nebel durch die Gegend, ohne einen Ort den ich Zuhause nennen kann.
Hat eine Weile gedauert, bis ich wirklich verstanden habe, dass meine Eltern Menschen sind wie ich. Menschen mit erfüllten und unerfüllten Träumen, mit Wunden, mit Schwierigkeiten, mit blinden Flecken und mit Dingen, die sie lieber nicht geerbt hätten. Aber ich glaube, diese Einsichten braucht es, damit wir sehen können: Unsere Eltern haben getan, was sie konnten - auch wenn das an manchen Stellen vielleicht weniger war, als wir gebraucht hätten. Und für manche von uns viel zu viel vom Falschen.
Eine Erklärung ist keine Rechtfertigung. Du darfst vieles verstehen und trotzdem verletzt sein, trotzdem Grenzen setzen, dich trotzdem zurückziehen.
Ich vermisse dich… Schrecklich. Oft. Ich verkneif mir die Tränen bis sie mir im Hals stecken bleiben. Ich kann nicht glauben das du nicht mehr da bist. Du fehlst mir…