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salmonluedenscheidt · 3 years
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“In the depths of winter, I finally learned that within me there lay an invincible summer” - Albert Camus 
Der Existentialist sagt: Deine eigene Vorstellung geht der Welt, wie sie zu sein scheint, nicht nur voraus, sondern erschafft sie grundlegend. Deine Wahrnehmung der Wirklichkeit ist die definierende, die erschaffende Kraft. Du musst ihr nur vertrauen. 
Wir als Menschen haben die einzigartige Fähigkeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ihrer Form und bezüglich ihrer Inhalte gedanklich voneinander zu trennen und zu erfassen. Was geschieht, was IST, befindet sich neben einer räumlichen Einordnung gleichzeitig auch in der Dimension der Zeit und wir als Menschen können diese als fortlaufenden Prozess wahrnehmen. Unsere Art und Weise, Ereignisse und Materie zu ordnen und ihnen damit einen logischen Zusammenhang zueinander zu geben, scheint ein essentielles Bedürfnis des Menschen zu sein, auch in der Frage nach seiner Selbstwahrnehmung. 
Doch klammern wir einmal den Schein des logischen Zusammenhangs aus und lassen uns ein auf eine Reise. Wir reisen zu einer Insel, die doch inmitten des Kontinents liegt und nur in Form von Schnee und Eis Berührungspunkte zum Wasser hat. Hatten wir zum Anfang hin nicht im Traum an Schnee und Eis gedacht, so manifestiert sich doch die Vorstellung in dem Moment, indem der Blick auf die Kuppe fällt, auf ein weißes, undefinierbares Feld, dass von weitem sichtbar wird. Scheinbar instinktiv baut sich eine Welt vor uns auf, eine Insel sozusagen, die Reise wird vom einen zum anderen Moment Wirklichkeit und die einzige Frage, die wir uns noch stellen ist, wann wir denn endlich Teil davon sein werden. Und wir werden wirklich Teil davon. Sich auf Neues einzulassen, das eigene Innere und Äußere wieder dem Sein zu widmen und dabei stets mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, davon ist die Reise nur ein kleiner Teil. Die eigene Vorstellung der Welt, so wie sie sein sollte, ist der erste aber auch wichtigste Schritt im Seinsprozess. Die Verwirklichung wächst aus der Einstellung, aus dem Ideal, aus dem Sein. Wie ich heute denke und handle, wie ich mit allem Lebendigen um mich herum umgehe, wie ich spreche und fühle prägt nicht nur mich, sondern alles um mich herum. Das Wissen über die eigene Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft eröffnet uns die Möglichkeit, das Schlechte auszuklammern ohne es zu verleugnen, das Gute zu bewahren und zu vergrößern und gleichzeitig den Blick und das Herz auf das Wahre zu lenken. 
In den schwersten Zeiten kann uns neben unserer eigenen Schwäche und Fehlbarkeit in jeglicher Hinsicht auch die wahre Kraft und Stärke begegnen, wir können die Sonne sein, die dem anderen in einem Moment fehlt und die nächste Erkenntnis des Anderen. Wir können erkennen, welche Unbesiegbarkeit in einem ewigen, inneren Sommer liegt. 
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salmonluedenscheidt · 4 years
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La participation à l’amour oder der fehlende Grund dazu
Es gibt für mich keinen eindeutigen Grund dazu verliebt zu sein, eine Frau allzu sehr zu begehren oder in einer Beziehung als Persönlichkeit bis zur Unkenntlichkeit zu verschwimmen. Ich ziehe dem jedes einsame Bier an der Bar vor, wenn daraus eine gute Story entspringt. Ziehe jeden guten Text vor, der mir aufzeigt, wie ich zwischen all diesen Veränderungen immer noch der Selbe bleibe, mit allen negativen Eigenschaften, die so unverkennbar zu mir gehören. Ein bisschen latenter Selbsthass, der Ansporn an mich selbst, mich endlich aus dem Schoß meiner Mutter herauszulösen und zu einer fiktiven, allzu maskulinen Persönlichkeit zu werden, die ich nicht sein will.DIe Diskrepanz zwischen Selbstverwirklichung und dem Wunsch nach Selbstzerstörung. Zwischen diesen Kräften bleibe ich gefangen, zwischen Tür und Angel, zwischen vergoldeten Fliesen und schmutzbedecktem Asphalt.  Es scheint vielleicht ein wenig sonderbar und vielleicht auch unvernünftig, sich wieder auf eine einzige Frau einzulassen und das ewig gleiche Spiel wieder von vorne zu beginnen, bei dem es fiktives Glück zu gewinnen und einen Haufen Scheiße zu verlieren gibt. Eine schöne Frau kann der größte Fluch und der wahnsinnigste Segen zugleich sein, eine Unterscheidung fällt dem einfachen Mann doch immer recht schwer. Sei dort doch immer wieder der Wunsch, zwischen feuchten Beinen und wohlgeformten Brüsten sein Seelenheil aufs Spiel zu setzen.  Der verrückte Mann geht dieses Risiko doch allzu oft leichtsinnig ein, da seine Selbstverachtung in jungen Jahren doch noch sehr ausgeprägt ist. Er kann sich kaum selbst halten, wenn er nicht gerade am Rumficken ist, nuckelt er an seinem Bier wie einst an den Brüsten seiner Mutter. Und wenn er eine Frau gefunden hat, die ihn an ihren Brüsten nuckeln lässt, verschreibt er sich selbst der trügerischen Wärme für einen Moment, in dem sein Schwanz hart und sein Gehirn weich wird.  Es ist ein Abenteuer sondergleichen, zwischen so vielen Frauen ein erwachsener Mann zu werden. Zu sich selbst stehen und sich nicht verlieren sind Aufgaben, denen sich der moderne Mann annehmen muss. Es besteht kein Zweifel daran, dass sich moderne Männer an dieser Aufgabe oft aufhängen, wobei man fairerweise sagen muss, dass dazu ein Leben kaum reicht.  Ich nehme mich da nicht raus - der einzige Unterschied dürfte sein, dass ich ein Mann bin, der versucht, seine Fähigkeit zur Liebe - sei sie denn noch so wenig ausgeprägt - dahingehend als Gegenmittel zum stumpfsinnigen Rumsaugen zu nutzen, sodass mein Baby garnicht erst auf die Idee kommen wird, mir die Eier und die Seele auszusaugen. Mal sehen, wie das läuft. 
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salmonluedenscheidt · 4 years
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- ich throne auf dem Thron und schreie “Keine Macht für Niemand!”
Die rechtspopulistische Ecke mit ihren Verschwörungstheoretikern macht es sich arg einfach, für alle modernen Probleme des Spätkapitalismus “die da oben”, die Finanzeliten (bestimmt immer noch die Rothschilds!) oder die Volksparteien verantwortlich zu machen. In einer unendlich komplexen Welt, deren Geschwindigkeit von Aktion und Reaktion exponentiell zunimmt, sind einfache Erklärungen und Verschwörungstheorien das ultimative Credo der bürgerlichen Gesellschaft geworden. Die Abgrenzung der Intellektuellen und der Wissenschaft von diesen Tendenzen hat nicht wesentlich dazu beigetragen, wissenschaftlich-analytische Denkweisen in eine progressive Weiterentwicklung der Aufklärung zu etablieren. Eher haben sich Wissenschaft und intellektuelle Eliten in eine Position treiben lassen, in der sie heute nicht weniger Feindbild sind als die Politik, deren systematisches Scheitern sie nicht objektiv genug zu erklären versuchte. Sie sind genau wie die Religionen zum Scheitern verurteilt, obgleich sie hofften, diese alte Rolle in Folge für sich beanspruchen zu können.
Wenn heute über Verschwörungstheorien gesprochen wird, sind diese oft in einem allumfassenden Kontext abzubilden, der versucht, komplexe Vorgänge sowie menschliche Aktion und Reaktion in einen Topf miteinander zu werfen, um zu erklären, warum der Mensch so sehr unter seiner Existenz leiden muss. Warum Merkel so viele Flüchtlinge ins Land ließ, die alle kriminell sind und unsere Kultur unterwandern wollen, scheint unter dem Deckmantel der Weltverschwörung sehr schnell Sinn zu ergeben. Es ist EIN Plan, bei dem alle unter einer Decke stecken, sich so verhalten, dass es niemandem auffällt und schwups - Die Welt entspricht irgendwann exakt nur noch der Vorstellung von .... - wem genau eigentlich? 
Es sind nicht die großen Verschwörungstheorien, die einem Angst machen sollten. Jedes dieser selbst inszenierten Kartenhäuser bricht beim kleinsten logischen Windstoß zusammen, eine einzelne, herausgezogene Karte ebenfalls. Kein Reptiloid und kein Bill Gates sind fähig, die Welt zu beherrschen und vor allem nicht ihre Macht zu erhalten. 
Es sind die kleinen realen Situationen und Theorien, denen wir uns leider viel zu selten annehmen und deren Wirkungsweisen uns logisch erscheinen und gerade deshalb nicht interessant genug. Es sind die kleinen, dreckigen Gespräche zwischen machthungrigen Politikern und Lobbyisten, die kleine Gesetzesabstimmung in der EU-Komission, das kleine bisschen mehr Geld, dass der Industriezweig A dazu nutzt, ihn Industriezweig B vorzuziehen. Es sind die Wirkungsweisen von Kapitalakkumulation, die eine kleine Wachstumsprognose, die Menschen in die Arbeitslosigkeit schickt. Das kleine bisschen Idealismus, dass einen guten Politiker von einem schlechten unterscheidet. Es ist der eine Fall von Gewalt durch einen Asylsuchenden, der dazu bewegt, alle seine Landsleute als Kriminelle, kulturlose Vergewaltiger zu diffamieren. Es ist der eine Klick im Internet, der die Algorithmen aufgeilt, Daten zu analysieren und aus einem Menschen ein gläsernes Konsumobjekt zu machen. Aber es ist auch die eine Stimme, die bei einer Wahl verhindern kann, dass menschenverachtende Ideologien irgendwann wieder ihr Unwesen treiben können. 
Dies ist ein Aufruf für die Demokratie, ein Aufruf für echte Politik, für mehr Beteiligung, für echte, verantwortungsvolle Autorität und einen gemeinsamen Weg. Für ein System, dass Solidarität und Gemeinsinn fördert, für das Humanismus kein plumper Kunstbegriff ist und in der Macht so verteilt ist, dass sie keine korrupten, willenlosen Charaktere erschafft; die die Welt zu einem lebenswerten Ort macht, anstatt unbewusst ihren Untergang zu unterschreiben.
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Aus der Schutt und der Asche
des letzten Gefechts
Kann man was schönes Neues bauen
Dann ist's bestimmt auch echt
Gib' mir den letzten Kampf
So sei es auch Selbstbetrug
Der Antiheld stirbt aus gutem Grund
An sich selbst
Und zurecht
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Über Romanzen, IV.
Das hier wird mein erster wirklicher Versuch. Seit Jahren bin ich der festen Überzeugung, dass meine Analysen, meine Texte und Geschichten, meine mündlichen Berichte, die fragmentiert so etwas wie Wirklichkeit erfassen sollen, meine Gefühle dahinter widerspiegeln könnten. Die Wahrheit ist, dass davon selten etwas wirklich nach Außen gedrungen ist. Aber nun sind wir hier. Du bringst mich dazu. 
Wir haben viel zusammen erlebt, Schätzchen. Ich glaube, du weißt mehr über mich, als mir lieb ist und im Gegenzug kann ich über 4 Jahre, 245 Bilder und tausende Textfragmente irgendwo mehr über dich sagen, als du offensichtlich über dich selbst sagen willst. Ich weiß nicht, wann der Punkt erreicht war, an dem es zwar nicht kaputtgegangen ist, aber irgendetwas gekittet werden musste. 
Dass du am liebsten gerne weglaufen würdest von all dem, dass dir deine Vergangenheit immer noch so in den Knochen steckt wie mir, ganz egal ob es mit einem Lächeln überspielst - geht mir ja auch so - hat weder uns gut getan noch irgendetwas Konstruktives geschaffen. Dass du viel schöner bist als deine Freundinnen weißt du vielleicht nicht, aber jeder, der sich länger als eine Sekunde ehrlich mit dir beschäftigt hat, würde mir zustimmen. Dass du deinem Platz in der Welt trotzdem suchst und dich gerne mal mittragen lässt von den Kräften, die dir suggerieren, man sei nur sich selbst Rechenschaft schuldig und die pervertierte Idee der Freiheit sei die Glückseligkeit von morgen nehme ich dir nicht übel und ganz ehrlich - es interessiert mich auch nicht. 
Wenn ich von Schönheit rede, meine ich weder dass was du sagst, noch wer du bist, noch dein Aussehen oder dein Status. Ich meine damit, dass ich schön finde, was du bist - auch wenn ich dir nicht sagen kann, was genau. Dein Idealismus, dein Egoismus oder deine Durchschlagskraft werden dann zu Schall und Rauch, wenn du ehrlich lächelst und ich bin mir sicher, dass ich das schon einmal gesehen habe. Wir sind gleich gut darin, Botschaften so zu verpacken, dass wir ihrem Inhalt stets aus dem Weg gehen können. Wir sind vermutlich gleich schrecklich in den Augen meiner Freunde. 
Du bist fantastisch im Bett, das hab ich dir auch nicht gesagt, weil es mir schlichtweg egal war und ich dir die kleine Genugtuung nicht gönnen wollte. Ich wollte den Moment und nichts als den Moment genießen, nicht reden, nicht aufhören, nicht verstehen. Die Nacht an sich war die absolute Krönung der Art und Weise, wie wir ohne Worte miteinander sprechen können und wenn du nicht so nett wärst, würde ich dich erst fragen, ob du mich heiratest und im nächsten Atemzug, ob du auch die Weltherrschaft willst. Aber ich war nicht wirklich in der geistigen Verfassung dazu. 
Ich bin verliebt in dich und das weißt du, ich liebe dich nicht, das weißt du auch - ich schätze, dass ich dazugelernt habe in den letzten Jahren, reifer geworden bin und mit Sicherheit sagen kann, dass du mir nicht gut tun würdest. Ich bin auf dem Weg, eine ehrliche Beziehung einzugehen, ich weiß nicht, ob du’s mitbekommen hast. Und ich würde gerne sagen, dass ich bereit für Ehrlichkeit bin. Aber so einfach sind die Dinge nun mal nicht. Warten wir mal bis August. Vielleicht weiß ich dann sicher, dass ich dich nicht will. 
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salmonluedenscheidt · 4 years
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Zwischentrakt
Ich stecke fest zwischen Extremen  Zwischen Versacken im Sumpf und Rennen wie ein Irrer  Ich stecke fest zwischen Hier und Jetzt und dem Nichts Zwischen Zeit und Unendlichkeit  Ich kann in keine Richtung mehr gehen  Ich stecke fest zwischen Liebe und Destruktivität Zwischen "ich probier's noch mal" und "eigentlich ist es schon zu spät"  Zwischen erfundenem Sinn und dem Wunsch nach dem Ende  Zwischen Zigaretten und Himbeeren  Zwischen Fäusten und Schreibfedern Ich hänge fest in der Schwebe Greif ich nach dem Ast oder hängt er mich auf?  Mach ich das Loch wieder auf oder verschlingt mich der Traum?  Werd ich zu dem, was ich sein will oder wird das Sein zu meinem Willen? Ich stütze mich auf den letzten Pfeiler meiner Burg  Lieber Gott, gibst du mir bitte den Schlüssel zur Hölle?  In all meinen Bildern ist die Farbe verwischt  Und der Zucker in meinen Adern besteht aus fein gemahlenem Glas  Ehemals war daraus mein Spiegel gebaut  Hol mich da raus, würde ich gern schreien  Aber ohne die Reflektion kann ich mich nicht hören  Wann war dieser eine Moment, seit dem ich mich in den verschachtelten Gängen eingeschlossen habe?  Und hatte ich jemals so etwas wie einen Schlüssel?  Ich stecke fest zwischen den Türen und den Fenstern nach draußen  Muss sich das Absurde so anfühlen?  Ich habe 3 Möglichkeiten und 3 Antithesen Ich habe 80 Kilogramm an abgemagerten Rippenpaaren  Mein Herz schlägt immer wenn ich mir applaudiere Und bleibt stehen, wenn ich versuche, den Takt zu finden
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salmonluedenscheidt · 4 years
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salmonluedenscheidt · 4 years
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“Wenn sich die Mehrheit faschisiert musst du Minderheit sein” - Antilopen Gang
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salmonluedenscheidt · 4 years
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01X12 “Later” // 06X16 “Nice While It Lasted”
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Über Romanzen, III.
Alle meine Texte – einschließlich aller lyrischer Fragmente – entspringen meinem subjektiven Bewusstsein von so etwas wie Realität oder verknüpfen diese zumindest mit den Ideen von Anderen und stellen einen kohärenten Rahmen in meinem chaotischen Alltag dar.
Aber heute möchte ich mich einer hypothetischen Situation widmen: Ich habe in meinem letzten Text über Marie geschrieben und über die sexuelle Anziehung, die sie umgibt. Aber in dieser Hypothese ist Marie weniger ein Modell als eine real existierende Persönlichkeit. Eine große, schlanke Frau, 26 Jahre alt – ich habe sie 2016 kennengelernt. Sie benutzt meinen Namen manchmal in der verniedlichten Form, sie kennt ihre Privilegien und mich zumindest ein wenig mehr als der Rest der Menschheit. Allen voran erkennt sie meine Widersprüche, meine Spielchen und deswegen halte ich sie auch für intelligent.
Ausgangssituation: Ich weiss nicht mehr so genau, wann das Experiment begonnen hat. Manchmal glaube ich, es läuft schon seit Wochen, manchmal kommt es mir vor, als seien es nur wenige Tage gewesen. Ich trinke wieder, geraucht habe ich zwischendurch auch schon einmal und allgemein lasse ich mich bewusst gehen. Es ist der notwendige Grenzgang, ich glaube ich brauche ihn genau dann, wenn die Disziplinierung meines Egos einen Schritt zu weit gegangen ist. Nach 3 Jahren Disziplinierung steht ein Mann vor dem Spiegel. Es ist wie eine große Genugtuung und ich will feiern.
Und ich feiere – ich treffe verschiedene Menschen, verschieden oberflächliche Gespräche, Alkohol, Erinnerung – dann wieder Blackout, Zeitverlust, Gedanken drehen sich um Gedanken. Die alte Krankheit ist wieder da. Dennoch scheint es mir, als wirkte ich auf meine Mitmenschen nun ganz anders. Ich habe Frauen getroffen, Sex gehabt und charmant gelächelt, wenn jemand dachte, der könnte meine Autorität untergraben. Wenn ich es will, bin ich unbesiegbar. Auch wenn es darum bei so etwas wie Liebe nicht geht. Aber bin bestimmt wieder dabei, mich in jemanden zu verlieben.
Mein Körper verfällt wieder in einen Selbsterhaltungszustand, während mein Geist aufblüht. Ich habe ein Gefühl, dass man als Mischung aus Größenwahn und Selbstgenugtuung auffassen könnte. Aber es fühlt sich nicht negativ konotiert an. Es funktioniert. In meiner Vorstellung. In nicht vorhandener Struktur. Ich fühle endlich wieder. Nein, ich fühle zum ersten Mal alles, was ich vorher nicht fühlen konnte. Meine Gefühle sind noch jung und manchmal täusche ich mich. Aber ich gehe die Wege trotzdem, lerne dazu. Es fühlt sich richtig an.
Samstag: Ich sehe Marie nach 3,5 Monaten wieder. Wir treffen uns bei einer gemeinsamen Freundin zum feiern. Wir sind zu 6. Es ist das erste Mal nach langer Zeit mit so vielen Menschen beieinander. Wir kosten die Zeit voll aus, ich rauche einen Joint und kippe ein paar Bier. Meine Erwartung: Es wird mir schlecht. Was dabei rauskommt: Ich fühle mich entspannt und großartig. Kann mich immer noch besser artikulieren als alle anderen am Tisch. Mit Marie unterhalte ich mich beiläufig über seichte Themen. Ich weiss nicht, warum ich eingeladen worden bin. Steckt da mehr dahinter? Warum wollen sie mich dabei haben? Diese Sorgen verfliegen mit den Stunden.
Ich hole mir noch ein Bier und will es an einer Fliesenkante in der Garage öffnen. Ich bin unkoordiniert und haue es zu Scherben, schneide mir die Hand auf. Blut überall. Ich lüge und sage, die Flasche sei in meiner Hand geplatzt. Marie holt mir Verbandszeug und wischt das Bier auf. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch. Wir sind fröhlich und genießen die Zeit. Sie gibt mir die Hälfte der Zigarette weil sie weiß, dass ich Rauchen mag. Ich werde müde. Ich verabschiede mich und gehe nach oben. Die anderen möchten noch ein wenig weiter feiern.
Ich stehe vor dem Spiegel und putze mir die Zähne. Marie schreibt mir, dass ein Freund sehr schnarcht und ich doch in ein anderes Zimmer zum Schlafen gehen solle. Sie hätte das geklärt. Sie schliefe bei mir. Rherotische Frage: Hast du was dagegen?
Ich bilde mir kurz ein, dass sie Sex möchte. Dann verwerfe ich den Gedanken wieder, denn ich bin Realist. Aber kurz darauf holt ihn mein berauschtes Ich wieder zurück. Ich kann mir einen Schub geben, mich in die gedanklich Lage versetzen, alles vorzubereiten, bis sie kommt. Ich bin verrückt! Ich lege meinen Rucksack auf die Matratze am Boden und lege mich auf die Schlafcouch. Ich platziere alles so, dass sie keine andere Wahl hat, als auf der Couch, eng an mir zu schlafen. Ich glaube wirklich, dass sie bald kommt und Sex mit mir haben wird. Ich bin komatös und bilde mir ein, telepathische Signale senden zu können. Ich werde immer müder. Nach etwa einer Stunde höre ich die Treppen knarren – Einbildung?
Nein, sie sind ebenfalls müde geworden und möchten schlafen gehen. Die Türklinke drückt sich langsam nach unten, dann öffnet sich leicht knarrend die Tür – ich spiele schlafend – Marie betritt den Raum, allein. Sie ignoriert mein simuliertes Schlafen als ob sie wüsste, dass ichs nur vorspiele und fragt: „Soll ich bei dir schlafen oder auf der Matratze?“ Ich sage: „Komm gerne zu mir, aber wähl das, was bequemer ist“. Sie hat mir zwei Kinderriegel mitgebracht. Ich habe keine Lust auf Süßigkeiten, aber die Geste finde ich amüsant. Sie legt sich zu mir, schmiegt sich an mich und fängt an, meinen Arm zu streicheln. Ich kenne diese Person nicht. Sie riecht nach Alkohol und Zigaretten. Es wirkt, als sei sie jemand anderes. Aber sie sieht so aus und spricht auch so. Aber wir reden nicht viel. Was wir sagen, ergibt meist wenig Sinn. Nicht weil wir so betrunken sind, sondern wohl das erste Mal wirklich miteinander reden.
Wir küssen uns, als wärs vorbestimmt und die nächsten zwei Stunden sind wir nur damit beschäftigt, die Zeit seit 2016 sinnvoll nachzuholen, so fühlt es sich jedenfalls an. Ihre Haut ist weich und fühlt sich fantastisch an, sie ist älter, sie weiss was sie tut, sie küsst besitzergreifend und liebt wohl die Kontrolle, ich liebe die Mischung aus ihrem Parfum und dem Rauch. Ich versuche herauszufinden, ob es ein Traum ist, indem ich mir ihre Uhr zeigen lasse. Die Funktionalität ist vergleichbar mit den realen Umständen außerhalb irgendeiner Traumwelt und so schließe ich auf die Wirklichkeit. Ich schlafe kaum, sie schläft etwas tiefer ein in meinen Armen aber es hat wohl einen Moment gegeben, ab dem es nicht mehr erlaubt war, zu küssen. Dieser Moment hält bis jetzt an und alles was im weiteren Verlauf folgt, ist vakant.
Ich halte nichts von absoluter Kausalität. Sonst wäre so etwas nie passiert.
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salmonluedenscheidt · 4 years
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salmonluedenscheidt · 4 years
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“So what you’re saying is: everything is society’s fault, and we as individuals never need to take responsibility for anything?”
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Vaduz, Liechtenstein
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salmonluedenscheidt · 4 years
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Edvard Munch, Man and Woman, 1914  
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salmonluedenscheidt · 4 years
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salmonluedenscheidt · 4 years
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„Das Absurde kann jeden beliebigen Menschen an jeder beliebigen Straßenecke anspringen.“ - Albert Camus
So beschreibt Schriftsteller Albert Camus gemäß seiner Philosophie die Unberechenbarkeit des Auftretens existenzieller Krisen, die im Laufe einer jeder Suche nach Sinn den Menschen plagen.  Mir wärs ehrlich gesagt lieber, wenn Marie mich anspringen würde. Und ich bin ganz ehrlich, von mehr als dem wäre ich auch nicht abgeneigt. Aber genug der Träumereien, Schreiben muss man, es ist ja kein Spaß, kein lustiger Zeitvertreib, sondern ehrlicherweise ein Mittel, um den existenziellen Krisen Paroli zu bieten. Und wenn man ja garnicht mehr säuft oder raucht, bleibt einem kaum auch was Anderes übrig, wenn man sich nicht gleich mit einem Strick an der Kellerdecke aufhängen will.  Mit mutwillig-destruktiver Energie begegnen wir also nun dem Moment, in dem klar wird, dass es sich um die neueste Krise handelt, die natürlich immer schlimmer ist als die Vorherige, da die Gründe ja immer, immer schlimmer werden. In diesem Fall ist die Krise mehr eine Art Euphemismus für den Fall in ein schwarzes Loch, wo man aber auf halbem Wege an einem Ast, der aus den Wänden wächst, hängen bleibt und der sich so lange biegt, bis er dann bricht und man sich am Nächsten aufhängt, nur eben eine ebene tiefer. Es scheint paradox, dass die Gesamtheit aller Erfahrungen, die man in einem Leben macht und noch machen wird und ja, es gibt auch viele positive - trotzdessen am Ende dazu führen kann, dass man ganz unten hängt und einen quasi nichts mehr retten kann.  Wer sich die Hölle immer noch als glühendes Feuerinferno der ewigen Qualen vorstellt, der hat noch nie die Kälte gespürt, die man am Morgen nach dem Suff auf der Parkbank am ganzen Körper spürt oder die Art von Kälte, die zwar bildlich das Gegenteil zu der christlichen Hölle darstellt, aber deren Dunkelheit und Nichts-Sein noch einmal deutlich schlimmer ist als ein verbrannter Hintern. Die permanente Revolte oder der Suizid - Wähle weise. Und sei dir bewusst, dass der Suizid selbst niemals die Absurdität der Welt auflösen wird, das Leiden wird weiter bestehen, es wird SEIN, die Suche nach Sinn wird enttäuscht, Gott ist entweder tot oder auf Crack, jedenfalls wird er uns nicht helfen. Lass nicht zu, dass die Maschinerie deiner Existenz und der Strukturalismus deiner Epoche dir das Hirn vernebeln. Der Tod wartet auf dich aber bis dahin ist noch Zeit.  Du kannst noch ficken, stricken, malen, singen, tanzen, anschaffen, Geld machen, Geld ausgeben, Rumschreien, Nackt sein, Fressen, furzen, reden, lieben, vergessen, dich erinnern, verfluchen, rauchen, kacken, lernen, Auf einem Berg stehen, wandern, Auto fahren, Drogen nehmen, reisen, dich ekeln, blasen, duschen, kochen, backen, zerstören, erschaffen, Menschen umarmen, schimpfen, loben, toben, riechen, schmecken, hören, sagen und eine absurde Unendlichkeit mehr.
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