Tumgik
schabraque · 4 years
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Freud habe vermutet, dass 'ein verlorenes Objekt im Ich wiederaufgerichtet, also eine Objektbesetzung durch eine Identifizierung abgelöst wird. Damals', fährt er fort, 'erkannten wir aber noch nicht die ganze Bedeutung dieses Vorganges und wussten nicht wie häufig und typisch er ist. Wir haben seither verstanden, dass solche Ersetzung einen großen Anteil der Gestaltung des Ich hat und wesentlich dazu beiträgt, dass herzustellen, was man seinen Charakter heißt.' Etwas später im selben Text erweiter Freud dese Ansicht: 'Soll oder muss ein Sexualobjekt aufgegeben werden, so tritt dafür nicht selten die Ichveränderung auf, die mal als Aufrichtung des Objekts im Ich wie bei der Melancholie beschreiben muss.' Er schließt seine Erörterung mit der Hypothese: 'Vielleicht ist diese Identifizierung überhaupt die Bedingung, unter der das Es seine Objekte aufgibt. [...Dies] kann die Auffassung ermögliche, dass der Charakter des Ichs ein Niederschlag der aufgegebenen Objektbesetzungen ist, die Geschichte die Geschichte dieser Objektwahlen enthält.' Was Freud hier als Charakter des Ichs bezeichnet scheint das Sediment jener geliebten und verlorenen Objekte zu sein, gewissermaßen der archäologische Überrest unüberwundener Trauer."
Judith Butler, Melancholisches Geschlecht/Verweigerte Identifizierung
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schabraque · 5 years
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5. Weiter Und wenn die Bitte nicht reicht? Dann bedarf es anderer Mittel. Alle Romanzen stehen still, wenn dein zarter Arm es will. Wie die italienischen Reproarbeiterinnen den Haushaltsstreik (Reprostreik auf allen Ebenen - Sex/Kinder/Haushalt-Machen) erwogen, so erscheint auch jetzt der Freundinnenschafts-Streik als Option. Aber andersrum. »Die Kritik an der RZB muss da ansetzen, wo sie selbst auch ansetzt, an unzulänglichen Freundschaftskonzeptionen« (fremdgenese 2005). Es ist die Schwäche der Freundschaft selbst, die die RZB erst ermöglicht, indem sie sie nötig macht. Deswegen nicht streiken, nicht zurückziehen, sondern ausweiten, die Freundschaft durchaus auch normativ gegenüber der Partnerschaft privilegieren, die realen Tendenzen in diese Richtung weiter forcieren. Dabei ist die einfachste Technik der Ausdehnung, jene in der RZB erlernten und auf sie beschränkten Verhaltensweisen auszuweiten, die zu ihren bekannten unangenehmen Eigenschaften gehören: Beleidigt spielen/sein, sich anstellen, schmollen, zicken, Ansprüche stellen, kurz: der Szene eine Szene machen. All das was in reality »romantische« Beziehung von »rationaler« trennt (und was bereits angelegt ist im Modell Weibliche Freundschaft). Psychos veröffentlichen also. Wem das zu viel wird zieht sich zurück – zurück in die RZB, wo der wahre Terror der Intimität beginnt. Weiter. Verallgemeinerte Verantwortung, in der alle auch darauf achten, dass niemand abkackt. Nach Hause gehen zu dritt, viert, n-t. Restlos. Und wer sagt überhaupt, dass die Nacht irgendwann zu enden hat. Regelmäßige sleep-over – unter der Woche. Weiter. Beredte Offenheit, übergangsweise Verschwiegenheit, der es bedarf für die Sicherheit sich fallen zu lassen in dieses vielknotige Netz. Auch von hier lassen sich noch andere Einblicke gewinnen, wenig steht emanzipatorischer Theorie weniger als Monologie. Weiter. Mit der besten Freundin schlafen (have sex with your best friend). Und auch nüchtern. Im konsumtiven Austausch: Entwertung genitaler Währung and so on. Weiter. Gemeinsames Baden. Solange es Sonntage gibt: Institutionalisierung des ganztäglichen TV-Kuschelns in Unterwäsche. Größere Betten. Winzige Bewegungen in Richtung anderer Vergesellschaftung, die Umwälzung aller materiellen Reproduktionsbedingungen bedingt oder nach sich ziehen müssen, usw. Weder Scholle/Familie noch Atom/Gen. Kollektivität auf erweiterter Stufenleiter, nicht als umfassender Kreis also, eher als Netz, Vielheit ineinander geschobener, proklamiert offener Ringe. Und nicht die Sicherheit prästabilierter Harmonie, die – bis dass der Tod uns scheidet – die Zukunft erlischen lässt. Still im Hintergrund schlummert hier die Gefahr repressiver Vergemeinschaftung. Da hilft auch kein Jammern es sei diesmal ganz anders gemeint. Stattdessen: die Ohren spitzen für dieses selige Schnarchen, darauf achten, dass es nicht plötzlich erstirbt und die Bestie erwacht. Vor allem also to keep in mind bei der magischen Formel knarzig-flirrender Freundschaftskontexte (vgl. Hörbe 99), dass die Freundinnenschaft nicht nur flirrend ist, sondern auch knarzig. Dann kann sie sein die freie Assoziation, die durch keine vorgehende Konstitution begrenzt wird, keine mögliche Verbindung aller möglichen Körper ausschließt. Allseitige Austauschbarkeit ist ihre Voraussetzung, die sie überwindet. Hier die mit Recht beerdigte Teleologie wieder ausgraben, denn die Oekonomisierung ist die schwere Artillerie, die die Idiotie der Heterosexualität, Borniertheit der Zweigeschlechtlichkeit and so on hinwegfegt, alles Ständische und Stehende verdampft. In ihr existiert die Lust nicht mehr nur innerhalb der engen Beschränkungen des Geschlechts, der Farbe, wenn auch noch innerhalb jener von Schönheit/Gesundheit, Genitalität. Dann: Wo der Markt verüberflüssigt wird, die normative Währung entwertet, beginnt Communismus, polysexuell.
Bini Adamczak
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schabraque · 5 years
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Wie kann man denken, eine Institution habe kein Sexismus- (Klassismus-, Rassismus-, Alkohol-) Problem, wo sie doch Teil einer Gesellschaft mit eben diesen Problemen ist? Wenn sie’s selbst nicht hat, ist sie zumindest co-abhängig. Was mir einleuchtet, ist, dass man’s nicht wahrhaben will und entsprechend auch nicht hören. Weil man sich dann darum kümmern müsste, und das ist so anstrengend – Mit dem Kümmern fängt man erst an, wenn der Leidensdruck zu groß wird, denn der berechnet sich: Schmerz (verursacht durch den Zustand) geteilt durch Angst (vor Veränderung oder der Mühsal der Veränderung). Wenn hier eine Zahl größer null rauskommt, stimmt der Leidensdruck, wenn sie unter null liegt, ist er noch nicht groß genug. Einleuchtend auch, dass diejenigen, die vom Zustand benachteiligt sind, eher darunter leiden und sich deshalb auch eher darum kümmern wollen. Deren Schmerzen sind in der Regel größer. Man kann aber auch an einem Zustand leiden, der einen bevorzugt. Etwa weil man ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden hat, sich seiner Privilegien schämt oder schlicht empathiebegabt ist. Oder weil einem die Benachteiligten ständig in den Ohren liegen. Gesellschaften, Institutionen und Menschen, bei denen der Leidensdruck noch nicht stimmt, halten sich in der Regel erst lange die Ohren zu, versuchen dann diejenigen mit Leidensdruck lächerlich zu machen (etwa als Simulant*innen oder verwöhnt) oder zu diffamieren (etwa als Verrückte oder Nestbeschmutzer*innen) oder sonstwie ruhig zu kriegen (zum Beispiel durch Ausschluss). Keine schöne Sache, aber vollkommen nachvollziehbar. Ohrenschmerzen sind auch Schmerzen.
Anke Stelling
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schabraque · 5 years
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Enough
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schabraque · 5 years
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Schon bei oberflächlichem Hinblick ist am Thema Vertrauen ein problematisches Verhältnis zur Zeit erkennbar. Wer Vertrauen erweist, nimmt Zukunft vorweg. Er handelt so, als ob er der Zukunft sicher wäre. Man könnte meinen er überwinde die Zeit, zumindest Zeitdifferenzen.
Niklas Luhmann
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schabraque · 5 years
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schabraque · 5 years
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Die verbreitete Flucht vor dem Konkreten – ein beinah reflexhaftes Verfahren, das darauf aus zu sein scheint, die Widersprüche der gesellschaftlichen Realität möglichst zu beseitigen, bevor sie sich bemerkbar gemacht haben – ist gerade für die psychoanalytische Erkenntnis, die sich assoziativ und stark an Details haftend vollzieht, sehr schädlich. Ein zu schnelles ‚Auf-den-Begriff bringen‘ funktioniert hier verstärkt wie ein Riegel vor der Wahrnehmung der Wirklichkeit, nicht als ein Schlüssel zu ihr.
Klaus Theweleit
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schabraque · 5 years
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Boo
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schabraque · 5 years
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schabraque · 6 years
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schabraque · 6 years
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schabraque · 6 years
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schabraque · 6 years
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schabraque · 6 years
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schabraque · 6 years
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Screams from the balcony
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schabraque · 6 years
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Palo Alto (2013)
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schabraque · 6 years
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