Tumgik
#schöpferische Kraft der Wort Gottes
Kann Gott sein Versprechen halten ?
Wenn du im Kapitel 55 Vers 11 Genau das Gleiche passiert auch mit den Worten, die ich spreche. Nichts von dem, was ich sage, wird einfach so zurückkommen, ohne dass es bewirkt hat, was ich will. Ich werde dafür sorgen, dass alles läuft, was ihr macht und was ich vorhabe.“ liest, verstehst du vielleicht, warum der lebendige Gott anders ist als alle anderen Götter!
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caprano · 5 years
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Fundstück
Ricarda Huch: Michael Bakunin und die Anarchie 
     4.      
Russische Einflüsse auf Bakunin      
In der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts wurde Rußland, über das bis dahin nur legendarische Nachrichten im Westen verbreitet waren, verschiedentlich bereist und beschrieben. Am bekanntesten und wirkungsvollsten waren zwei Bücher: das eines Franzosen, des Marquis de Custine, und das eines westfälischen Edelmannes, August von Haxthausen. Custine beschränkte seine Kenntnis auf den Hof und die Beamtenkreise, die ihn umgaben; Haxthausen, ein Zögling der deutschen Romantik, interessierte sich hauptsächlich für das Volk und das Volkstümliche. Custine sah in den Russen hauptsächlich die Affen der westlichen Zivilisation, die sie äußerlich nachahmten, ohne von ihrem Wesen berührt zu werden. Er sprach ihnen originale schöpferische Begabung ab. Von seinem Standpunkt aus, der mehr der des Aristokraten des Ancien régime als der des Liberalen war, beleidigte ihn die doppelte Veranlagung der Russen zu Willkür und Grausamkeit auf der einen, zur Unterwürfigkeit auf der anderen Seite. Es ekelte ihn fast ebenso vor den Getretenen wie vor den übermütigen Herren,       die er zu beklagen geneigt war, da sie ja in gewisser Hinsicht die Opfer würdeloser und markloser Demut wären. Die Vergötterung eines Menschen, des Zaren, war in seinen Augen ein Zeichen von Irreligiosität; mit Entrüstung sah er das Gebot, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen, in Rußland vergessen. Diese überall hervorbrechende Gesinnung verleiht dem Buche von Custine Glanz und Schwung.
Haxthausen, eine beschaulichere Natur und Romantiker, berührte die Verhältnisse der Leibeigenschaft möglichst schonend und spürte dem innerhalb der Sklaverei erhaltenen eigentümlichen Volksleben nach. Auf die Begleitung und Führerschaft gebildeter Russen angewiesen, lernte er das Land wohl von der günstigsten Seite kennen; indessen auch unparteiische Russen bestätigten das Zutreffende seiner Schilderungen. Es war die Zeit, wo in Frankreich und Deutschland sich zum ersten Male kommunistische Ideale verbreiteten, im allgemeinen Abscheu und Entrüstung erregend; nun erfuhr Haxthausen zu seinem Erstaunen, daß in der russischen Bauerngemeinde ein kommunistisches Ideal verwirklicht war ohne den Beigeschmack des Verworfenen und Unsinnigen, den die Bourgeoisie damit zu verbinden pflegte. Haxthausen beobachtete und schilderte die russische Bauerngemeinde, Mir genannt, welche auf dem Gemeinbesitz von Grund und Boden beruht; er schilderte, wie das Land nach gemeinsamem Beschluß stets neu verteilt wird in der Weise, daß die Kopfzahl und die Beschaffenheit der Familie in Betracht gezogen wird. Es fiel ihm auf, wie willig sich die ganze Bauernschaft dem einmal gewählten Ältesten unterwarf und daß trotz der rechtlichen Hörigkeit der Bauern innerhalb des Mir weder der adlige Herr noch der Zar etwas zu sagen habe; es schien ihm sinnig und merkwürdig, daß das Wort Mir zugleich Welt bedeutet. Haxthausen unterließ nicht zu betonen, daß er die gedanklichen Schlußfolgerungen, durch welche die modernen Kommunisten zu ihren Grundsätzen kämen, Atheismus und Nihilismus, durchaus verdamme; aber er leugnete nicht, daß er in der russischen Bauerngemeinde etwas tief Menschliches, Schönes bewundere. Namentlich glaubte er, daß dadurch in Rußland die Entstehung eines Proletariats verhindert sei, indem es keinen Menschen gebe, der nicht eine       Heimat und eine Gemeinschaft habe, wo er Arbeit und Brot finde. Blieben doch auch die Fabrikarbeiter, deren es damals noch nicht viele gab, Glieder des Mir, zu dem sie zurückkehrten, wenn die Feldarbeit die Anwesenheit aller erforderte. Daß dies möglich war, deutet auf eine andere Erscheinung, die Haxthausen in Rußland auffiel, nämlich das Fließende aller Daseinsformen.
Sowohl der Gemeinbesitz des Bodens wie das Fließende der Zustände sind Zeichen der Jugendlichkeit eines Volkes, die sich in Rußland neben der modernen Zivilisation erhalten hatten. Teilung und Spezialisierung der Arbeit bestanden erst in geringem Grade; Haxthausen staunte, wie die russischen Bauern Geschick zu allem zeigten und in kurzer Zeit ebensowohl zum Tapezierer oder Schreiner als zum Schauspieler auszubilden waren. Während der Deutsche ein Wechseln des Berufes beinah als ehrenrührig betrachtet und gewöhnlich zu jedem Beruf untauglich ist, auf den er sich nicht durch Jahre vorbereitet hat, den womöglich schon sein Vater ausübte, ergreift der Russe nach Bedarf dies und das und zeigt zu allem Talent. Die verhängnisvolle Trennung in körperliche und geistige Arbeit bestand zwar auch; indessen bei allgemeiner Trägheit und Arbeitsscheu galt doch die körperliche Arbeit nicht so wie bei uns als etwas Erniedrigendes. Die Neigung, sich zusammenzuschließen, bemerkte Haxthausen überall in Rußland; wo irgendein paar Russen zusammenkamen, bildeten sie ein sogenanntes Artel, eine Gesellschaft, welche Arbeit, Einnahme und Ausgabe als gemeinsame Angelegenheit behandelte. Auch diese Assoziationen hatten nach Haxthausens Beobachtung einen fließenden Charakter im Gegensatz zu den fest geschlossenen deutschen Korporationen. Eine Mitwirkung am staatlichen Leben hatten und beanspruchten sie natürlich nicht.
Besonders zeigte sich das Fließende in den Besitzverhältnissen. Nirgends sei, sagt Haxthausen, so großer Umschwung in jeder Art von Vermögen wie in Rußland. Selten komme ein großes Vermögen auf den dritten Erben, alles Eigentum hänge an losen Fäden und wechsle mit rasender Schnelle. Die Geldwirtschaft hatte in Rußland noch nicht denselben Grad erreicht wie im Westen, die Industrie war noch in den Anfängen. Sieht man       von Petersburg ab, so waren die Lebensgewohnheiten im allgemeinen bescheiden, bis auf die Bequemlichkeit, die die Bedienung durch zahlreiche Leibeigene mit sich brachte. Die Russen waren außerordentlich freigebig. Mit dem Bettler und Vagabunden hatte jeder Mitleid sowie mit den Gefangenen, denen Gaben reichlich zuströmten. Haxthausen beobachtete, daß in den Höfen der Gefängnisse Wagen voller Geschenke für die Verschickten standen. Man nahm Partei für alle Unglücklichen, zu denen jeder unversehens gehören konnte, während im Westen zwischen den Glücklichen und den Unglücklichen, vollends zwischen den Verbrechern und den Unbestraften, eine grausame Scheidewand sich erhebt.
Ein Österreicher, der im Beginn unseres Jahrhunderts Rußland besuchte, schrieb einer russischen Dame ins Album: »Rußland ist ein Kerker, aber er wird von Menschen bewohnt. Der Westen ist frei, aber er kennt fast nur noch Geschäftsleute.«
Mit diesen Besonderheiten, die dem Beobachter des russischen Landes auffallen, ist aber die Eigenart des russischen Wesens nicht erschöpft.
Einmal, als Bakunin als alternder Mann in der Schweiz wohnte, besuchte ihn ein junger Russe, der nach Bakunins Lehre mit dem Volke wie das Volk, körperlich arbeitend, leben wollte. Mit einem Kameraden machte er sich nach dem Sankt Gotthard auf in der Hoffnung, beim Bau des Tunnels Beschäftigung zu finden. Da sie im Freien übernachten wollten und es abends kalt wurde, zündeten sie sich ein Feuer an, wurden aber bald durch einen Waldhüter gestört, der ihnen bedeutete, daß das verboten sei. Das enttäuschte sie sehr; leidenschaftliches Heimweh erwachte in ihnen nach den unermeßlichen Wäldern Rußlands, wo Stunden und Stunden kein Laut ertönt als der Schrei eines wilden Vogels, wo der Wanderer allein ist mit seinen Träumen und der Natur und keinem Menschen begegnet als etwa einem Flüchtling, einem Vagabunden, einem Bettler, die, wenn auch in Lumpen gehüllt und oft einen Bissen Brot entbehrend, doch hier königlicher Freiheit genießen. Es gibt viele tiefsinnige Bestimmungen des Begriffs Freiheit; aber es gibt eine Freiheit, die jedes Kind versteht: ein Leben außerhalb des Staates und der konventionellen Gesellschaft, nur       durch die Natur beschränkt, darin inbegriffen die eigene Kraft und die der anderen. So wenig der Russe im allgemeinen davon Gebrauch machen kann, besonders der in Petersburg lebende, beständig überwachte: etwas davon ist doch in seinem Wesen und kann sich plötzlich geltend machen.
Der Hauch dieser Freiheit charakterisiert auch die Meisterwerke der russischen Literatur, die im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts entstanden. In der Erzählung »Die Tochter des Hauptmanns« schildert Puschkin Pugatschew und die von ihm geführte Bauernrevolte, in »Taras Bulba« schildert Gogol das Leben der freien Kosaken. Beides sind Märchenromane, durch die der Takt ungebändigter Rosse sprengt, die das Aroma nie bebauter Erde würzt. Die ferne Vision des Kaukasus, der Wolga, des Ural, Sibiriens verleiht der russischen Dichtung den unnachahmlichen, unwiderstehlichen Reiz. Aus dem Dunkel der tiefen Wälder, aus dem Gräsergewoge der unermeßlichen Steppen raucht es schöpferisch; hier tief unterzutauchen, löst auf und verjüngt.
In der »Tochter des Hauptmanns« begegnet ein junger Aristokrat auf Reisen einem Bauern mit unwillkürlich wirkungsvoller Persönlichkeit, mit einem schlauen und zugleich gütigen Blick und Lächeln, den er sich zu Dank verpflichtet, indem er ihm seinen Pelz überläßt; als er ihn wieder trifft, erkennt er in ihm den gefürchteten Pugatschew, der, für den Zaren sich ausgebend, die leibeigenen Bauern zur Freiheit aufruft. Aus vielen Kämpfen mit den Regierungstruppen ist er als Sieger hervorgegangen und wirft vor sich alles nieder, was Widerstand leistet, schont aber den jungen Freund, der ihm einst gefällig war. Nachdem es endlich gelingt, der Aufständischen Herr zu werden, sieht der junge Adlige den Rebellen auf dem Schafott enden und empfängt seinen Abschiedsgruß, da er ihn in der Menge der Zuschauer entdeckt, in einem verstohlenen Zwinkern der Augen.
Welche Überlegenheit in diesem Blick! Wie heldenhaft wird der Tod dieses dunklen Befreiers durch die geringe Gebärde! Unsterblich hat der Dichter seinem Volke die Gestalt ans Herz gelegt, immer wieder begegnet uns in der russischen Dichtung der plumpe Heldenschatten, neben ihm sein Vorgänger Stenka       Rasin, der ein Jahrhundert vorher die geknechteten Bauern zur Empörung anführte.
Ich zweifle nicht, daß Bakunin Puschkins »Tochter des Hauptmanns« kannte und liebte; sicher ist, daß »Taras Bulba« ein Lieblingsbuch von ihm war. Noch im neunzehnten Jahrhundert bildeten die Kosaken freie Räuberrepubliken, in denen sich die uralte Form des Zusammenlebens, die Ebenbürtigkeit aller erhalten hatte. Der Anführer, den sie wählten, blieb der Erste unter Gleichen; auf den Vorschlag eines Beliebigen mußte er zurücktreten, wenn die übrigen zustimmten. Einzig in Kriegsläuften wurde strenge Unterordnung unter den Befehl des Führers gefordert und geleistet. Ein solches Volk war wie ein Wald, in dem jeder Baum ein herrliches Gewächs ist, auf sich selbst ruhend, mit Wind und Wetter kämpfend, jeder ein König und doch im unzertrennlichen Zusammenhang der Gemeinde, wo jeder für alle einsteht und alle für einen. Gogols heroische Dichtung, wunderbar einem Geiste entsprungen, der in unfruchtbarer Mystik erlöschen sollte, hat sich Bakunin tief eingeprägt und sein Denken beeinflußt. Diese Männer, denen die Liebe zum Weibe nicht mehr bedeuten darf als eine kurze Frühlingsmondnacht, deren Leben ausgefüllt ist mit Gefahr, Wagnis und Kampf, Beutezügen und Zechgelagen, in denen mitleidlose Roheit, innigstes Gefühl und über den Tod triumphierende Freiheitsliebe gesellt sind, erschienen ihm als Vorbilder, und ein so verbrausendes Leben schien ihm lebenswert. Wie niederdrückend und beschämend mußte es ihm vorkommen, daß gerade die Kosaken nun ein Werkzeug der Despotie geworden waren, wenn auch immer noch unter sich als Männerrepublik geordnet. In diesem seltsam ungeheuren Reiche gab es nebeneinander unvereinbare Elemente: Neben der alles fesselnden und erstickenden Beamten- und Polizeiwirtschaft konnten in undurchdringlichen Wäldern von schweifenden Menschen fremdartige Abenteuer erlebt werden.
Von diesen Elementen hatte Michael nicht nur durch Lektüre etwas in sich aufgenommen, sondern es war etwas davon in seiner Natur. Er vereinigte alle die charakteristisch russischen Züge in sich: Liebenswürdigkeit, Humanität, Freigebigkeit, Kindlichkeit, Trägheit bei stoßweiser Energie, Hang zu ungeregeltem,       vagabundierendem Leben. Dazu kam der Freiheitsdrang und der Stolz, der sich bei den freien Tscherkessen des Kaukasus erhalten hatte. Etwas Wildes und Primitives überraschte aber auch seine russischen Freunde, gerade in Verbindung mit der hohen Kultur, die ihn auszeichnete. Der dem Ausländer als typischer Großrusse erschien, befremdete alle Russen.
Was für Freunde waren diese jungen Russen! Das Einstehen aller für einen und eines für alle, das Michael später so oft als Lebensregel dem herrschenden Egoismus entgegenstellte, ward hier in hohem Grade verwirklicht. Herzens Noblesse ermöglichte Bakunin die ersehnte Reise nach Deutschland; ohne zu zögern, nahm er an, mit einfachen, herzlichen Worten dankend. Es war im Jahre 1840, als er sich von dem schönen Vaterhause, dem vergötterten Vater, den geliebten Schwestern losriß, die ihren Mittelpunkt in ihm verloren. Diese gesicherte Welt, die so viel für ihn bedeutet hatte, versank ganz hinter ihm; frei und vertrauend, magnetisch schicksalhaft angezogen, warf er sich in die verhüllte Zukunft.
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blumenwieserich · 4 years
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Heiliger Kommunikator
Im Folgenden ein paar Gedanken/Assoziationen zu dem Thema, biblische Aussagen aufgreifend: verfremdend aber dennoch die Intention nicht verfehlend.
Der Heilige Geist ist der Kommunikator schlechthin. Der Heilige Geist ist die innergöttliche Kommunikation und gleichzeitig die Kommunikation Gottes mit dem Menschen. Der Geist Gottes ist der Ursprung der zwischenmenschlichen Kommunikation, die Kraft wahrer, gelingender Kommunikation. Er ist es, der die Vielfalt zu eine Einheit führen kann – eine Einheit in Vielfalt. Der Geist der Freiheit ist der Kommunikator, der Freiheit ermöglicht und schafft. Denn der Geist Gottes lässt auch dem jeweiligen Menschen in seiner ganz besonderen Eigenheit Raum. Es ist der durch den Heiligen Kommunikator begeisterte, schöpferische Mensch, der auch eine Unmenge an kommunikativen Möglichkeiten wahrnimmt, sie weiter entwickelt. Der Geist Gottes ist es, der Christen zum Sprechen verhilft – darum haben Christen seit jeher sämtliche Kommunikationsmöglichkeiten wahrgenommen. Gott als Kommunikator lässt aber auch das Leiden der Kreatur zu Wort kommen, gibt dem durch Leiden Verstummten Sprache, hilft auch dadurch zu sensibilisieren. Wenn Glaubende zuweilen auch unverständlich reden, dann geht es um Kommunikation mit Gott, die dem anderen, dem nicht glaubenden Menschen, verborgen ist, deren Sinn ihm verborgen ist. Damit Glaubens-Kommunikation gelingen kann, muss der göttliche Kommunikator selbst den Adressaten für das Wort Gottes öffnen. Freilich berücksichtigt er die Freiheit des Gegenübers. Wenn Jesus mit Vollmacht redet, dann nehmen das nicht alle wahr. Wenn der Geistvolle in Vollmacht redet, bedeutet das nicht unbedingt Zustimmung von allen, sondern auch massivste Ablehnung bis hin zum: Kreuzige ihn!
Was ich in diesem Zusammenhang interessant finde: Haben Christen im Zeitalter der Kommunikation diesen Aspekt genug wahrgenommen. Haben Sie den Geist Gottes, der die Sprachlosigkeit, die leere der Worte überwinden kann, schon wehen gehört? Man sucht die Vielfalt in eine Einheit zu pressen, einen Gesinnungs-Einheitsmenschen zu schaffen – ohne den Kommunikator Gott, ohne Gottes Geist. Ohne den Geist Gottes, den Kommunikator, werden Menschen vom Tsunami der vom Menschen hochmütig gewagten Kommunikation fortgerissen, in den Strudel hinabgesogen. Wir reden geistlos – das heißt zu viel. Misslingende Kommunikation: Geschwafel. Worte, die der Geist nicht gibt, weil wir selbst meinen, Worte produzieren zu müssen. Der Geist der Freiheit – das bedeutet nicht, dass es nicht auch Geist-lose Freiheit gäbe. Menschen, rhetorisch, emotional, logisch und kommunikationstechnisch begeisternd – aber ohne die kommunikative Kraft Gottes. Nur geboren aus den Verführungskünsten der Menschen, also Kommunikation missbrauchend, den Heiligen Kommunikator verachtend, ihn übergehend.
Es ist spannend, Kommunikation aus der Perspektive des Geistes Gottes zu betrachten. Christen machen das von Anfang an. Nur: Ihn auch mit der Sprache der Gegenwart zu verkündigen, fällt Christen heute schwer, weil sie mit zu vielem beschäftigt sind – nur nicht mit Gottes Geist.
*
Übrigens wird der Geist Gottes von jeher auch als der angesehen, der Menschen miteinander vernetzt.
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sakrumverum · 4 years
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Geschlechtergerecht sprechen in Paderborn
<p>Das <a href="https://www.erzbistum-paderborn.de/" target="_blank">Erzbistum Paderborn</a> macht jetzt auch in geschlechtergerechte Spreche, äh, Sprache. <a href="https://wir-erzbistum-paderborn.de/arbeitshilfen/geschlechtergerechte-sprache/" target="_blank">Hier</a> des Generalvikars Alfons Hardts Geleitwort zum Leitfaden, gerichtet an die lieben Mitarbeitenden. (Wenn sie gerade Mitarbeitende sind, haben sie keine Zeit, das zu lesen – wenn sie Zeit haben, das zu lesen, sind sie nicht Mitarbeitende, sondern Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.)</p> <p>Zum Download liegt dort bereit der „Praxisleitfaden für geschlechtergerechte Kommunikation“ – und im Untertitel wird er schrecklich ausführlich:</p> <blockquote><p>in der Liturgie und bei Ansprachen<br /> in Formularen und Mitteilungen<br /> in offiziellen Briefen und Schreiben<br /> in Pfarrbriefen und im Internet<br /> in Berichten und Verträgen<br /> intern wie extern</p></blockquote> <p>In der Liturgie! So steht es da. </p> <p>Vorab: Nicht alles ist schlecht. Zwar finde ich den anfänglichen wortreichen Schmäh über das böse generische Maskulinum schlicht peinlich, aber in der Tat gibt es dann Vorschläge zur Formulierung, von denen einige gut sind.</p> <blockquote><p>Doppelnennungen: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ – unter Vorbehalt, da diese Formulierung diversen Menschen nicht gerecht wird</p></blockquote> <p>Nicht weil es abscheulich umständlich klingt, sondern weil es Diversen nicht gerecht wird, soll man auf diese Formulierung also verzichten. Diverse, die einen Sinn für sprachliche Schönheit haben, dürften sich davon geohrfeigt fühlen.</p> <blockquote><p>Geschlechtsneutrale Begriffe: „Abteilungsleitung“ statt „Abteilungsleiter“</p></blockquote> <p>Ja, und Lehrkraft statt Lehrer, Arbeitskraft statt Arbeiter usw.<br /> Das ist monströs. Denn damit wird der Mensch, der seine Arbeit tut, auf seine Funktion in dieser Arbeit reduziert. Das ist eine sprachliche Entfremdung vom Arbeitsplatz, die vorgibt, den Abteilungsleitern, Abteilungsleiterinnen, Lehrern, Lehrerinnen, Arbeitern, Arbeiterinnen usw. gerecht zu werden – in Wirklichkeit werden sie dadurch aber sprachlich entmenschlicht.</p> <blockquote><p>Substantivierte Partizipien: „Mitarbeitende“ statt „Mitarbeiter“</p></blockquote> <p>Wie eingangs angedeutet, ist das schlichtweg falsch. Eine Mitarbeitende bin ich dann und solange ich mitarbeite, also im Falle eines meiner Jobs Montag, Mittwoch und Freitag vormittags. Eine Mitarbeiterin bin ich aber, solange ich diesen Job überhaupt habe (also hoffentlich bis zur Rente).</p> <blockquote><p>Verben oder Adjektive anstelle von Substantiven: „Verfasst von“ statt „Verfasser“</p></blockquote> <p>Dies Beispiel ist tatsächlich gut – aber wenn es einen Verfasser oder eine Verfasserin gibt, kann man genauso gut schreiben: <em>Verfasser XY</em> oder <em>Verfasserin YZ</em>. Nur bei mehreren Verfassern verschiedenen Geschlechts wäre „verfasst von“ deutlich genauer.</p> <blockquote><p>Verallgemeinernde Relativpronomen: „Zur Teilnahme berechtigt sind“ statt „Mögliche Teilnehmer“</p></blockquote> <p>Kann man so machen, wenn man sich am generischen Maskulinum stört. </p> <blockquote><p>Alle statt jeder</p></blockquote> <p>Nein! Denn das sind verschiedene Bedeutungen.<br /> Versuchen wir es mal (vielleicht mit einem schrägen Blick auf eine britische Komikertruppe) mit dem Satz „Jeder Mensch trägt ein Kreuz.“ Das ist ein eindeutiger Satz. Wenn wir sagen „Alle Menschen tragen ein Kreuz“, so gibt es zwei Lesarten: Allen Menschen ist gemeinsam, daß sie ein Kreuz tragen – oder: Alle Menschen tragen gemeinsam ein einziges Kreuz.<br /> Kurz: „Alle“ meint die Gesamtheit, „jeder“ das Individuum als Teil einer Gesamtheit. Es hat einen Sinn, daß wir da zwei verschiedene Wörter haben und daß das eine den Plural, das andere den Singular nach sich zieht.</p> <blockquote><p>Direkte Ansprache: „Füllen Sie den Antrag vollständig aus“ statt „Der Antrag ist vom Antragsteller vollständig auszufüllen“</p></blockquote> <p>Einerseits könnte man die Worte „vom Antragsteller“ auch einfach auslassen, da sie jedem, der imstande ist, einen Antrag zu stellen (wofür auch immer), von selbst klar sind. Andererseits ist „dies und jenes ist zu machen“ eine bürokratische Ausdrucksweise besonderer Hässlichkeit.<br /> „Charta postulationis explenda est“ ist gutes Latein, aber die wörtliche Übersetzung „Der Antrag ist auszufüllen“ ist schlechtes Deutsch. Hier ist der Vorschlag des Leitfadens wirklich eine Verbesserung.</p> <blockquote><p>Vermeidung zusammengesetzter Substantive mit maskulinem Wortstamm,<br /> also: „Kurse für Küsterinnen und Küster“ statt „Küsterkurse“</p></blockquote> <p>Warum einfach, wenn es auch umständlich geht? Wir haben im Deutschen die wundervolle Möglichkeit, Wörter zusammenzusetzen – und in diesem Beispiel wird diese Möglichkeit auch nicht auf die alberne Spitze getrieben. Fünf einzelne Wörter statt einem aus zwei Wörtern zusammengesetztem Wort – das ist umständlich und klingt nicht schön.</p> <p>Von acht Beispielen sind drei eindeutig falsch und nur eines eindeutig besser als die Alternative. Das ist ziemlich schwach.</p> <p><em>Statt „Putzfrau“ besser „Reinigungskraft“</em> wird weiter unten (wegen des Geschlechterstereotyps) vorgeschlagen. Als Dichterin und Putzfrau (ja, von irgendwas muss der Rubel rollen) wende ich ein: Wie weiter oben gesagt, werde ich mit dem Wort „Reinigungskraft“ auf meine Funktion beschränkt. Ich <em>habe</em> zwar Reinigungskraft – es gehört zu meinen Charismen, Dreck zu erspähen und wegzumachen. Aber ich <em>bin</em> nicht Reinigungskraft, sondern Putzfrau. Ich habe übrigens nichts gegen Putzmänner.</p> <p>Weitere schlechte Vorschläge des Leitfadens sind:<br /> <em>der Chor</em> statt <em>die Sänger</em> (arme Solisten!),<br /> <em>wenn Sie mit dem Auto fahren</em> statt <em>Autofahrer</em> (umständlich!),<br /> <em>Hilfskräfte</em> statt <em>Helfer</em> (die Helfer sind mehr als ihre Kraft – es sind Menschen. Als Frau fühle ich mich vom generischen Maskulinum „die Helfer“ nicht gekränkt, aber sehr gekränkt von dem entmenschlichenden Ausdruck „Hilfskraft“.)</p> <p><strong>Und nun zur Liturgie.</strong> Der Leitfaden sagt ja, daß man auch die Liturgie geschlechtergerecht fassen soll. Da hätte ich nun allerdings Vorschläge, an die das Bistum noch gar nicht gedacht hat.</p> <p>Denn die liturgische Sprache der Römisch-Katholischen Kirche ist ja Latein! Wenn wir also die Liturgie geschlechtergerechter machen wollen, nur zu – aber dann auch richtig. Beginnen wir mit dem Kernsatz des Glaubens, dem <a href="http://kathpedia.com/index.php?title=Niz%C3%A4no-Konstantinopolitanisches_Glaubensbekenntnis" target="_blank">Credo</a>.</p> <p>Zunächst einmal ist da das Maskulinum „Deus“ (Gott). Wir wissen ja, das Gott kein Geschlecht hat, daß er/sie/es uns väterlich/mütterlich/irgendwie entgegenkommt. Nun ist es umständlich und auch (wegen der immer noch geschlechtlichen Zuschreibung) ungenau, Ihn/Sie/Es als „Deus/Dea“ zu bezeichnen. Aber wir haben ja das Gerundivum! Was soll man nun mit Gott/Göttin? Verehren, natürlich. Also nehmen wir für „Deus“ die neutrale Form „Colendum“, „Das zu Verehrende“.</p> <p>Pater und Mater sind ebenfalls geschlechtliche Festschreibungen, da würde auch ein Ausdruck wie „Pater et Mater“, „Pater Materque“, „Pater vel Mater“ nichts ändern. Aber „Creans“ (das Erschaffende“; in der neutralen Form zu deklinieren) ist eine gute Möglichkeit. Da im Neutrum Nominativ und Akkusativ gleichlauten, ist das auch grammatisch einfacher.</p> <p>Factor ist wieder, wie alle Ausdrücke auf -tor, männlich. Factor et Factrix, Schöpfer und Schöpferin, wieder zu umständlich. Das Präsenspartizip <em>faciens</em> ist die Lösung – mit der zusätzlichen theologisch richtigen Aussage, daß Gott/Göttin/Wasauchimmer die Schöpfung noch nicht vollendet hat, weiter schöpferisch tätig ist.</p> <p>Dominus geht natürlich gar nicht, Domina auch nicht wirklich. Aber <em>dominans</em>, beherr/frau/schend, wieder in neutraler Deklination, ist möglich.</p> <p>Schwierig wird es bei Jesus Christus; ich schlage vor, den Eigennamen hier aus Gründen der Tradition zu belassen. Durch die Akkusativform sieht das hier ja wenigstens so aus wie ein Neutrum.<br /> Filius, Sohn, kann man ersetzen durch <em>genitum</em>, das Gezeugte/Geborene (zumal die lateinische Sprache der unseren hier voraushat, daß <em>gignere</em> sowohl <em>zeugen</em> als auch <em>gebären</em> bedeutet – ein ideales Wort). Auch ergibt sich dadurch ein feines Wortspiel: <em>Genitum unigenitum</em>.</p> <p>homo heißt nicht Mann, sondern Mensch, das kann so bleiben. Zu beachten ist natürlich, daß es dennoch „homo factum est“ heißen muss, da <em>factum</em> sich ja auf <em>dominans</em> (n.) bezieht.</p> <p><em>Spiritus Sanctus</em> ist männlich, das hebräische <em>ruach</em> ist weiblich. Ich schlage hier vor, Spiritus durch <em>Spiratum</em> („das Gehauchte“) zu ersetzen.</p> <p><em>vivos et mortuos</em>, die Lebenden und die Toten, ist im Lateinischen wieder eine eindeutig männliche Form. Ich empfehle hier „viventia et morientia“, die Lebenden und Sterbenden (beides Neutra), zu sagen. Man könnte zwar auch „viventes et morientes“ nehmen, da diese Formen sowohl Maskulina als auch Feminina sind, aber da wären die lebenden und sterbenden Diversen ausgeschlossen.</p> <p>Ecclesia, die Kirche, ist nun zwar eindeutig weiblich. Hier halte ich es aber, aus Gründen der Tradition, für sinnvoll, ausnahmsweise die eindeutige Geschlechtszuschreibung zu behalten.</p> <p>Und dann sieht das geschlechtergerechteste Credo so aus:</p> <blockquote><p>Credo in unum Colendum,<br /> Creans omnipotens,<br /> faciens caeli et terrae,<br /> visibilium omnium et invisibilium.</p> <p>Et in unum dominans Iesum Christum,<br /> Genitum Colendi unigenitum,<br /> et ex Creante natum ante omnia saecula.<br /> Colendum de Colendo, Lumen de Lumine,<br /> Colendum verum de Colendo vero,<br /> genitum, non factum,<br /> consubstantialem Creanti;<br /> per quem omnia facta sunt.<br /> Qui propter nos homines et propter nostram salutem<br /> descendit de caelis.<br /> Et incarnatum est<br /> de Spirato Sancto ex Maria Virgine,<br /> et homo factum est.</p> <p>Crucifixum etiam pro nobis sub Pontio Pilato,<br /> passum et sepultum est,<br /> et resurrexit tertia die,<br /> secundum Scripturas,<br /> et ascendit in caelum,<br /> sedet ad dexteram Creantis.<br /> Et iterum venturum est cum gloria,<br /> iudicare viventia et morientia,<br /> cuius regni non erit finis.</p> <p>Credo in Spiratum Sanctum,<br /> Dominans et vivificans,<br /> quod ex Creante Genitoque procedit.<br /> Qui cum Creante et Genito simul adoratur et conglorificatur:<br /> qui locutum est per prophetas.</p> <p>Et unam, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam.<br /> Confiteor unum baptisma in remissionem peccatorum.<br /> Et exspecto resurrectionem mortuorum,<br /> et vitam venturi saeculi.</p></blockquote>
--Quelle: https://katholischlogisch.blog/2020/01/28/geschlechtergerecht-sprechen-in-paderborn/
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on4ublog · 6 years
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Made to make (TDW 9/2018)
Lesedauer: 5min
Du wurdest geschaffen, um selbst etwas zu schaffen
Wozu wurdest du geschaffen? Bestimmt hast du dich das schon mal gefragt. Welches Potenzial steckt in dir? Und womit solltest du deine Zeit verbringen? Lasst uns auf die Suche gehen. Lies bitte zuerst: 1.Mose 2, 15
Hey du, kennst du dieses Geräusch? Pflatsch! Ich werfe den Klumpen Ton auf die feuchte Drehscheibe, sodass es nach allen Seiten spritzt. Dann schaufele ich mit meinen Händen Wasser aus einer Schüssel auf den Ton und schmeiße die Scheibe an. Mit meinem rechten Fuß kann ich die Geschwindigkeit regulieren. Dann lege ich die Hände um den Ton. Noch fühlt er sich hart und rumpelig an und schlackert wild umher. Aber nicht mehr lange. Mit meinen Handballen und meinen Fingern übe ich gezielt Druck aus, ziehe den Ton nach oben und drücke ihn wieder nach unten, nehme immer wieder neu Wasser hinzu und stemme mich mit meinem ganzen, Körper gegen ihn, bis er nach und nach ganz geschmeidig ist und gar nicht mehr schlackert, sondern genau in der Mitte der Scheibe ganz ruhig seine Bahnen zieht. Dann bohre ich vorsichtig meinen Zeigefinger in die Mitte, gieße etwas Wasser in das entstandene Loch und ziehe den Zeigefinger nach außen, sodass das Loch größer wird. "Öffnen" nennt man das. Nun stauche ich das Gefäß wieder zusammen und ziehe langsam die Wände hoch, indem ich mit einer Hand außen und einer Hand innen ganz behutsam gleichmäßigen Druck ausübe und den Ton in die Höhe schiebe. Ist er gut verteilt, kann ich den Zylinder formen: Wenn ich von innen drücke, wird die Form breiter - so entsteht zum Beispiel eine Schale oder eine Tasse -, drücke ich von außen, wird sie wieder schmaler. Ich finde es jedes Mal faszinierend, zu sehen, wie unter meinen Händen etwas entsteht, aus dem man später heißen Kakao trinken oder Suppe schlürfen kann - das ist fast wie zaubern. Ein Gefäß, dem ich seine Form gegeben habe. Wenn es dann fertig glasiert und gebrannt ist aus dem Öfen kommt, sitze ich oft stundenlang einfach da, halte es in meinen Händen und streiche darüber. Es gibt kaum etwas Schöneres. Wie der Vater, so das Kind  In der Bibel wird Gott mehrfach als der Töpfer beschrieben, der seine Menschen wie zarte Tongefäße formt. Irgendwie mag ich dieses Bild und immer, wenn ich selbst töpfere, ist mir dieses Bild von Gott sehr nah. Ich stelle ihn mir vor, wie er behutsam seine Hände um mich gelegt und mich geformt hat, als ich noch im Bauch meiner Mutter war. Und auch jetzt, habe ich manchmal das Gefühl, dass er seine Hände ganz zart um mich legt und der Form nachspürt, die er mir gegeben hat. Meinen Ecken und Kanten, meinem widerspenstigen Wesen, meinem wilden Herz, aber auch meiner Verletzlichkeit. Und wenn ich an der Drehscheibe sitze, habe ich das Gefühl, da ist so ein verschwörerisches Zwinkern zwischen uns, weil er sich freut, dass ich mit diesen Händen, die er mir gegeben hat, selbst Dinge erschaffe. Wie der Vater, so der Sohn. Dasselbe Zwinkern spüre ich, wenn ich wilde Gedanken spinne, wenn ich einen guten Text zu Papier bringe, wenn ich einen Gedanken Realität werden lasse,  wenn meine Pflanze wächst, weil ich sie gieße, wenn auf einer Jugendfreizeit mit meiner Hilfe langsam eine Gemeinschaft entsteht, wenn ich jemandem ein paar wohltuende Worte sagen kann, wenn ich einen richtig guten Witz erzähle, wenn ich mich in der Nähe eines Menschen richtig wohlfühle, weit unter unseren Händen eine tiefe Freundschaft gewachsen ist. Euphorie des Schöpferischen Bei all diesen Dingen durchströmt mich eine tiefe Freude - die "Euphorie des Schöpferischen", wie ich sie nenne. Diese Euphorie kennt jeder, der schon mal etwas gestaltet hat - du vielleicht auch. Es macht einfach Spaß, unter den eigenen Händen etwas entstehen zu sehen. Und ich bin überzeugt: Diese Freude kommt daher, dass in solchen Momenten ein Teil in dir zu klingen beginnt, den du von Gott bekommen hast, als er dich nach seinem Bilde schuf.
Gott, der Schöpfer, hat seine Schöpfungsfähigkeit in dich hineingelegt. 
Er, der Kreative, hat dir Kreativität gegeben. Er, der Meister der großen Worte, hat dir die Fähigkeit gegeben, selbst Bedeutungsvolles zu formulieren. Er, der Fürsorgliche, hat dir ein Herz für andere geschenkt. Er, der Schöpfer der Musik, hat dir ein Lied ins Herz gelegt. Er, der große Ideenspinner, hat dir ein flottes Köpfchen gegeben. Und er, der Beziehungstyp, hat dich befähigt, in andere Menschen zu investieren und zu erleben, wie daraus tiefe Freundschaften entstehen. Created to create  Das Geheimnis ist: In dem Moment, in dem du selbst Dinge erschaffst, tust du das, wozu du eigentlich geschaffen wurdest. Denn du wurdest nicht dazu geschaffen, auf dem Sofa herumzugammeln und dir auf deinem Handy Dinge reinzuziehen, die du kurz darauf schon wieder vergessen hast. Ein solches Leben ist passiv statt aktiv. Grau statt bunt. Dazu bist du nicht gemacht. Sondern du wurdest dazu geschaffen, deine Welt zu gestalten. "You were made to make." Dieser schöpferische Teil in dir ist nicht einfach nur so in dich hineingelegt worden, sondern es ist deine tiefste Bestimmung, ihn zu entdecken und zum Klingen zu bringen. Dann wirst du erleben, dass die Schöpfung nicht abgeschlossen ist. Gott setzt auf dich. Du und ich - wir sind dazu berufen, Dinge zu erschaffen, die uns und anderen Menschen Freude bringen, die uns gegenseitig stärken, inspirieren, trösten und beflügeln: Musik, Worte, Geschichten, Bewegung, Essen, Kunst, Beziehungen, gemütliche Wohnungen, besondere Orte, Gemeinschaften, Gedankengebilde... Seiner Hände Werk Du weißt, dass in den Dingen mehr steckt. Dass sie aus mehr bestehen, als aus ihren Materialien. Dass sie zu erschaffen mehr braucht, als Werkzeug. Sie bestehen aus Erfahrung, aus harter Arbeit, aus Sorgfalt und Liebe zum Detail. Für das Ergebnis gibst du alles. Deine Kraft, dein Talent, deine Leidenschaft. Und das Ergebnis? Das, ist deiner Hände Werk! Und du weißt tief in dir, dass in dieser Welt mehr steckt. Dass sie aus mehr besteht, als aus Elementen und Molekülen. Dass sie zu erschaffen mehr braucht, als einen Zufall und ein bisschen Sternenstaub. Sie besteht aus einer genialen Idee, einem Plan, aus harter Arbeit und aus Liebe. Aber das eigentliche Meisterstück ist nicht diese Welt, nicht die Schöpfung um dich herum, sondern du! Und nicht für diese Welt, sondern für dich hat jemand alles gegeben. Seine ganze Krank, seine ganzen Möglichkeiten, seine ganze Leidenschaft. Sein Leben. Und das Ergebnis? Das ist seiner Hände Werk. Gottes Geschenk an dich! Leben, Freiheit, Liebe, Beziehung und zuallerletzt: Ewigkeit! Willst du die Welt verändern? Und dieses Potential hat Gott in uns hineingelegt. Wir als Christen haben die gleiche Power in uns, die Jesus hatte. Wir als Christen haben dasselbe Potential, im selben Ausmaß Weltveränderer zu sein wie Jesus es war. Jesus selbst sagte, dass wir sogar größere Dinge vollbringen werden. Lasst uns als Christen in dieser Welt einen Unterschied machen, indem wir auf diese Kraft zugreifen und sie nutzen. Wir müssen nicht aus eigener Kraft einen neuen Standard setzen. Der Standard wurde schon durch Jesus gesetzt und wir müssen lediglich darauf zurückgreifen. Das heißt nicht, dass du in eine neue Gesetzlichkeit fallen sollst, um diesen Standard durch Taten zu erfüllen. Ganz im Gegenteil. Es geht darum, dir bewusst zu machen, dass du es nicht aus eigener Kraft schaffst, wie Jesus zu leben und dich so in Gottes Wirkungsbereich hineinbegibst. Wo er der Agierende ist und du der Empfangende. Wo du nicht handelst, um zu empfangen, sondern empfängst und deswegen handelst. Gott hat einen genialen Plan für dein Leben. Er ist dein Töpfer. Und nicht mal für eine Sekunde nimmt er die Hände von uns. Er hält uns und führt uns auf den richtigen Weg. Und wenn wir wie der Ton werden und uns voll Gott anvertrauen, dann wird er ein wundervolles Gefäß aus uns machen. Dann wird Gott unser Leben richtig steil gehen lassen. Dann wird er seine Liebe von uns ausgehen lassen, und Menschen verändern. Jesus hat einmal gesagt, dass wenn wir auf Gott vertrauen, wir sogar in der Lage sind, noch größere Wunder zu vollbringen, wie er sie getan hat. Ist das nicht abgefahren? Gott hat einen Plan für dein Leben und er hat noch viel mit dir vor. Denn er will Großes mit dir reißen. Menschen, wie du und ich verändern die Welt Wir haben das Potential, die Welt enorm zu verändern, wie Jesus Christus es tat. Wir müssen die Welt nicht aus eigener Kraft verändern oder Superhelden sein - die Jünger Jesu waren auch normale Menschen wie du und ich -, sondern können auf die Power zurückgreifen, die Jesus schon hatte und die nun in uns lebt. Um die Welt zu verändern, können wir also erst mal tiefer in die Beziehung mit Jesus eintauchen. Denn indem er uns immer mehr mit seiner Liebe und seinem Wesen erfüllt, verändert er uns und macht uns bereit, hinauszuziehen in die Welt und etwas zu bewegen, zu verändern, zu verbessern. Sinn und Zweck des Lebens  Von dem Maler Pablo Picasso stammt der Satz:
"Der Sinn des Lebens besteht darin, deine Gabe zu finden. Der Zweck des Lebens ist, sie zu verschenken." 
Ich weiß nicht, ob Picasso an Gott geglaubt hat. Aber er hat offenbar diese Entdeckung gemacht, die jedes Geschöpf Gottes machen kann: Dass da ein schöpferischer Teil in ihm steckt, der entdeckt werden will und der sich entfalten muss. Picasso muss gespürt haben, dass das Leben grau bleibt, wenn man ihm keine Farbe gibt - deshalb hat er gemalt. Und vielleicht hat er ja auch dieses Zwinkern gespürt - dass er das Geschöpf eines großen Gottes ist, der sich wie verrückt freut, wenn sein Geschöpf entdeckt, dass es selbst ein Künstler, ein Erschaffer ist.  
Be blessed
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zwischeneinsichten · 6 years
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Heisenberg über Ordnung der Wirklichkeit
Als ein erster charakteristischer Zug der Wirklichkeitsschicht, um die es sich in den folgenden Abschnitten handeln soll, kann also das Nebeneinander der folgenden beiden Tatsachen bezeichnet werden: Dass die Wirklichkeit zu einem erheblichen Teil vom Zustand unserer Seele abhängt, dass wir die Welt insofern von uns aus verwandeln können; und dass doch die Wirkung dieser Fähigkeit zum Verwandeln der Objektivierung teilweise entzogen wird, da eben die Menschen verschieden sind und sich verschieden zur Welt verhalten und da dieser schöpferische Zustand der Seele dem Meer der unbewussten seelischen Vorgänge angehört und niemals ohne Veränderung an die Oberfläche des Bewusstseins gebracht werden kann.
Dieser zweite Punkt hängt noch mit einem anderen Wichtigen Umstand eng zusammen: Die Kraft der Seele zum Verwandeln der Welt kann nicht vom menschlichen Willen gelenkt werden. Auch durch die schärfste Anspannung der Willenskräfte kann niemand erreichen, dass etwa zwischen ihm und einem anderen Menschen die Beziehung entsteht, die wir Liebe nennen. Im Gegenteil sagt uns ein instinktives Gefühl, dass der Wille ein ganz ungeeignetes Instrument sei zur Behandlung des Teiles unserer Seele, in dem sich die entscheidenden Veränderungen der Wirklichkeit vollziehen. Wenn also gesagt wird, dass wir die Welt durch die Kräfte der Seele verwandeln können, so muss doch dazu gesagt werden, dass wir sie nicht nach unserem Willen verwandeln können.
Allerdings: Die Fähigkeit der Menschen zu verstehen, ist unbegrenzt, und deshalb gibt es auch Wege, um vom Bewusstsein aus die schöpferischen Kräfte der Seele zu beeinflussen. Die religiösen Lehren etwa, in deren Mittelpunkt die Kontemplation steht, enthalten ausführliche Vorschriften, wie die Menschen sich verhalten sollen, um die Kräfte der Seele zu erhalten und zu stärken. Im Grunde ist wohl auch jede Sittenlehre zum Teil eine Sammlung solcher Vorschriften, die gemacht sind, um die Seele gesund zu erhalten. Nur für einen oberflächlichen Betrachter erscheint ja das Sittengesetz als eine Erschwerung des Lebens des Einzelnen zugunsten der Allgemeinheit, eine Einschränkung der Freiheit. Für den Einsichtigen ist es die Sammlung uralter Erfahrungen darüber, wie man sich verhalten muss, um – wie die Alten gesagt hätten – „glücklich zu sein“; oder, in der christlichen Sprache, um „vor Gott Gnade zu finden“; oder, in den Gedankengängen dieses Abschnittes, um „die schöpferischen Kräfte der Seele zu bewahren“. Dass die drei verschiedenen Formulierungen grundsätzlich das Gleiche meinen, wird verstanden werden. […]
Wenn man [auf gewisse] Weise die Religion und das Wirken der Religionsgemeinschaften betrachtet, so erscheint die Kraft der menschlichen Seele zum Verwandeln der Wirklichkeit eher als Unglück denn als Glück, und man könnte versucht sein zu wünschen, die Menschen möchten in Zukunft mehr und mehr darauf verzichten, ihre Erlebnisse von einer, wie man im Gleichnis sagt, höheren Welt in dieser Weise ernst zu nehmen, und mit Symbolen über sie zu sprechen.
Aber dieser Wunsch wäre ganz und gar unerfüllbar. Denn an der Tatsache, dass sich die Wirklichkeit von unserer Seele her verwandeln kann, ist nichts zu ändern, und wir können uns hier auch keine Änderung wünschen, denn alle großen geistigen Güter der Menschheit entspringen letzten Endes dieser Tatsache. Da dann aber die religiösen Erlebnisse (im allgemeinsten Sinne) notwendig den letzten Wertmaßstab darstellen, an dem alles menschliche Tun und Denken gemessen wird, so werden die Menschen auch stets Symbole bilden, in denen sie über diesen Wertmaßstab sprechen.
Man könnte hier einwenden, dass sich gerade in unserer Zeit ein großer Teil der Menschheit ausdrücklich von aller religiösen Bindung losgesagt hat. Doch in Wirklichkeit werden hier zwar die Bindungen gelöst zu den Religionen, in denen ausdrücklich von Gott die Rede ist; aber dadurch wird Raum geschaffen für religiöse Bindungen anderer Art, in deren Mythos etwa gerade von der schöpferischen Kraft der Seele soweit wie möglich abgesehen wird. Für einen Teil der Menschheit ist die Abkehr von den bisherigen Religionen offenbar nur die Vorbereitung, um neue Bindungen einzugehen, und die Entstehung solcher merkwürdigen Diesseits-Religionen wie Nationalsozialismus und Bolschewismus deutet darauf hin, dass sich hier vielleicht neue, entscheidende Änderungen in der Struktur des menschlichen Bewusstseins anbahnen. Für einen anderen Teil – insbesondere in der angelsächsischen Welt ist an die Stelle der frühen Religion längst eine Bindung etwas anderer Art getreten. Diese andere Bindung knüpft an die Erlebnisse der ersten großen Geister der beginnenden Neuzeit an, die neben der aus der Offenbarung stammenden christlichen Wirklichkeit noch jene andere objektive Realität entdeckten, die dann in der entstehenden Naturwissenschaft der Neuzeit ihren Siegeszug angetreten hat. Für einen großen Teil der heutigen Menschheit ist die objektivierbare Schicht der Wirklichkeit zur Wirklichkeit schlechthin erhoben, sie bildet die Grundlage für jeden Wertmaßstab; […]
Aber der Umstand, dass in dieser Weltanschauung kein Mythos existiert, der in symbolischer Form von der schöpferischen Kraft der Seele redet, hat doch zur Folge, dass sie an einer entscheidenden Stelle weniger bedeutet als die echten Religionen. Während die wirklichen, Religionen den Blick immer wieder nach innen wenden und so dafür sorgen, dass der schöpferische Bereich der Seele trotz allem Unglück in der Welt möglichst unverletzt bleibe, gibt die dem Objektiven verschriebene Weltanschauung die Seele allen Unbilden schutzlos preis; wobei der Schaden, der hier angerichtet wird, umso größer sein kann, als er im Allgemeinen nicht ins Bewusstsein der Menschen tritt. Deshalb ist es wohl nicht wahrscheinlich, dass diese Weltanschauung auf die Dauer bestehen kann, wenn einmal die Worte des Christentums völlig unverständlich geworden sein sollten. Vielmehr wird sich dann eine andere Sprache gebildet haben, in der wieder die Kräfte ausdrücklich benannt werden, die durch unsere Seele hindurch die Welt verwandeln.
Denn nachdem wir alle diese Gedankenfolgen durchlaufen haben, merken wir, dass wir ja gar nicht genau wissen, was das Wort „Gott“ und insbesondere was das Wort „es gibt“ bedeutet. Das Wort „es gibt“ ist ja ein Wort der menschlichen Sprache und bezieht sich auf die Wirklichkeit, wie sie sich in der menschlichen Seele spiegelt; über eine andere Wirklichkeit kann man nicht sprechen. Wenn das Wort „es gibt“ aber keine andere Wirklichkeit bedeuten kann, so verwandelt sich sein Sinn, so wie sich die Wirklichkeit mit unserem Glauben verwandelt. Über den letzten Grund der Wirklichkeit kann nur im Gleichnis gesprochen werden, und wenn die Menschen im Gleichnis sagen: „Ich glaube an Gott, den Vater“, so lenkt dieser Gott durch den Glauben wirklich die Schicksale der Menschen wie ein Vater. Dieser Glaube ist kein Selbstbetrug, sondern nur die bewusste Hinnahme der nie zu lösenden Spannung in der Wirklichkeit, die sicher unabhängig von uns Menschen objektiv „ist“ und abläuft und die doch auch wieder nur der Inhalt unserer Seele ist und sich von unserer Seele her verwandelt. Der gleiche Sachverhalt kann die Menschen daher auch in die entgegengesetzte Richtung führen: Wenn sich etwa in der heutigen Zeit große Gruppen von Menschen zu dem Glauben bekennen, dass das Wort „ist“ eigentlich nur auf den objektivierbaren Teil der Wirklichkeit anzuwenden sei, so läuft die Welt auch „wirklich“ nur noch nach Ursache und Wirkung, ohne höheren „Sinn“ ab. So scheint es schließlich einfach vom Glauben der Menschen abzuhängen, ob ein gütiger Vater die Geschicke der Welt leitet oder ob das Gesetz von Ursache und Wirkung mitleidlos über alle menschlichen Schicksale hinwegschreitet.
Aber auch mit dieser Erkenntnis steht man ja erst am Anfang dieses unendlichen Problems. Es mag wahr sein, dass alle die großen Gleichnisse, der persönliche Gott, die Auferstehung der Toten, die Wanderung der Seelen, Wirklichkeit sind, solange die Menschen die Kraft haben, sie zu glauben. Aber müssten wir uns dann nicht abwenden von einer Wirklichkeit, die so sehr subjektiv und damit im Lauf der Jahrhunderte scheinbar unbeständig ist, und uns beschränken auf den objektivierbaren Bereich der Wirklichkeit, der auch die Jahrtausende sicher überdauert? Das ist ja wohl die Stellung, die viele Menschen heute einzunehmen suchen. Aber auch dieser Standpunkt beruht auf einer Illusion; nämlich der Annahme, dass es möglich sei, die Verwandlung der Welt von der Seele her zu vermeiden. Doch schon das Bekenntnis zu dem Glauben, dass die objektivierbare Schicht der Wirklichkeit die „eigentliche“ Wirklichkeit sei, verwandelt oder bestimmt die Wirklichkeit in ähnlicher Weise wie irgendein anderer Glaube, und damit sind wir der subjektiven Bedingtheit der Wirklichkeit wieder ebenso ausgeliefert wie früher. […]
Ähnlich wie es bei Goethe einmal anklingt, dass er die Zeit einer großen Leidenschaft als Geschenk hinnähme wie ein besonders gutes Weinjahr, so darf vielleicht auch die Menschheit die Jahrhunderte eines neuen Glaubens trotz allem Unglück dankbar als Geschenk annehmen, im vollen Vertrauen, dass auch diese Episode ihrer Geschichte letzten Endes gute Früchte tragen und einer höheren Entwicklung dienen werde. Insofern sollen und dürfen wir als Menschen immer an den Sinn des Lebens glauben, auch wenn wir einsehen, dass das Wort „Sinn“ nur ein Wort der menschlichen Sprache ist, dem wir hier kaum einen anderen Sinn beilegen können als eben den, dass er unser Vertrauen rechtfertige. Aber das Vertrauen ist vielleicht das Letzte.
Werner Heisenberg, aus Ordnung der Wirklichkeit, in HP Dürr (Hrsg.) Physik und Transzendenz
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Kann Gott sein Versprechen halten ?
Jesaja Kapitel 55 Vers 10 Wenn Regen vom Himmel fällt, fliegt er nicht wieder dorthin zurück. Er fällt auf die Erde und bewässert sie. Dadurch kriegen Pflanzen Wasser, sie fangen an zu wachsen und zu blühen, bis sie Früchte tragen, die ein Bauer ernten kann. Und daraus macht man dann Brötchen fürs Frühstück.
Hat Gott dir ein Versprechen gegeben? Du weißt es nicht - lies mal nach, oder hör mal rein oder schau es dir an:
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caprano · 6 years
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Fundstück
Michael Bakunin und die Anarchie (Zuerst erschienen 1923), Ricarda Huch
2.      
Michael Bakunins Vaterhaus und Jugend      
Das weiße Haus ruhte breit und niedrig, mit einer Säulenvorhalle und gastlichen Flügeln zum Eintritt ladend, inmitten von Bäumen und Wiesen. Es war da nichts Gestutztes und Geschnörkeltes, die Pflege hatte sich der Natur bescheiden angeschmiegt: Sie wuchs und blühte überschwenglich aus ihrer eigenen Fülle hervor. An Gebüschen und Baumgruppen vorüber wand sich ein ruhiger Fluß und entschwand dem Blick in dichtere Haine; man sah ringsum keine Grenzen wie in einem Garten oder Park. Dies war das Gut der adligen Familie Bakunin, anschließend an das Dorf Prjamuchino, das ihre Leibeigenen, etwa tausend Seelen, bewohnten. Der Ursprung dieses alten Adels verliert sich im Dunkel; eine Überlieferung führt ihn auf die siebenbürgische Familie Báthory zurück, andere erwähnen die Stadt Baku, die einst den Persern gehörte und wo noch Sonnentempel von ihrem Glauben zeugen. Der Vater       des Besitzers war Minister unter Katharina gewesen und hatte seinen Sohn achtjährig nach Florenz geschickt, wo er in Obhut von hochgestellten Verwandten aufwuchs. In Italien hatte Alexander seine Jugend verlebt und Philosophie studiert, um gleichsam als Fremdling in die Heimat zurückzukehren. Eine Zeitlang widmete er sich, wie es Vorschrift war, dem Staatsdienst, zog sich aber, davon unbefriedigt, auf sein Gut in das Privatleben zurück. Erst mit vierzig Jahren wurde Alexander Bakunin von einer entscheidenden Liebesleidenschaft ergriffen zu einem noch ganz jungen Mädchen aus dem Geschlecht der Murawjew. In dieser Familie scheint sich das gegensätzlich gespannte russische Wesen zu spiegeln: sieben Murawjew hatten zu den Dekabristen gehört, einen anderen, der sich zu grausamer Unterdrückung der Polen verwenden ließ, brandmarkte der Beiname »der Henker«. Der Zweifel, ob die so viel jüngere seine Neigung erwidern und ihm die Hand reichen würde, trieb den sonst so gesammelten und beherrschten Bakunin an die Grenze der Verzweiflung und des Selbstmordes, bis das Jawort der Geliebten alles in Glück löste. Dieser Ehe entsprangen elf Kinder: nach vier Töchtern: Ljubow, Warwara, Tatjana, Alexandra, kamen fünf Söhne, von denen der älteste den Namen Michael erhielt. Die Eltern, vom Hofe und vom öffentlichen Leben abgetrennt, widmeten sich ganz der Bewirtschaftung ihres Gutes und der Erziehung ihrer Kinder. Alexander Bakunin hatte selbst unter einer despotischen Mutter gelitten und sich gelobt, seine Kinder einem solchen Druck nicht auszusetzen: Sie wuchsen, liebevoll geleitet, aber nicht gehemmt, zwischen den Blumen und Bäumen von Prjamuchino auf. Den Winter brachte die Familie in Twer zu, der nächsten größeren Stadt. Es wurde französische Sprache, etwas Geschichte und Geographie gelernt und viel Musik getrieben; die Töchter spielten Harfe und Gitarre, und oft tönte vielstimmiger Gesang aus dem weißen Hause in die Sommernächte. Was wirksamer noch ist als guter Unterricht oder gute Schule: Es durchdrang dies Haus ein Hauch geistigen Lebens, der das alltägliche Geschehen veredelte. Was hier gedacht und gesprochen, gescherzt, gelacht und getan wurde, alles schwamm in einem verklärenden Äther des Gefühls, so wie das gewöhnlichste Wort zum       Wunder werden kann, wenn Musik es begleitet. Die Kinder wurden inne, sie wußten nicht wie, daß die täglichen Ereignisse, die nahen, gegebenen Zwecke nicht die höchsten sind; daß über allen sichtbaren unsichtbare Güter schweben, denen die besten Kräfte und Kämpfe der Menschen zu gelten haben. In diesem Sinne wuchsen die Kinder im Hause Bakunin religiös auf noch neben der religiösen Erziehung, welche in den üblichen Formen, aber ohne Druck und Zwang vor sich ging. Eine Kapelle in phantastischem Stil befand sich im Park, und der Vater las der versammelten Familie aus der Bibel vor.
Es gibt Familien, in denen ein besonderer Charakter, besondere Vorzüge, lange schon ausgesondert und durcheinanderschießend, endlich die Erscheinung einer vollendeten Blüte bedingen. Hier tritt, was ein Geschlecht unbewußt dem andern überlieferte, ein persönliches Ideal ans Licht, das sich als solches erkennt, seiner Schönheit bewußt wird und somit an die letzten Augenblicke seines Daseins stößt. Gemäß den Gaben der Familie kommt nun zu Worte, was in ihr verborgen war. Gewöhnlich sind die Glieder einer solchen durch ungewöhnlich starkes Gefühl aufeinander bezogen; nicht selten geschieht es, daß die Liebe zwischen Bruder und Schwester sich der Grenze des von der Natur Verwehrten nähert. Dies ist eine schöne und gefahrvolle Stufe. Daß das Schöne sich dem Spiegel gegenüber in sich selbst vergaffen kann, ist augenscheinlich; aber auch der begabte, von Lebenskräften überquellende Mensch neigt dazu, seine Liebesglut auf sich zurückzuwenden und sich damit zu zerstören. Wir ahnen hier das furchtbare Mysterium der Verbindung zwischen Gott und Satan. Die Liebe, die höchste schöpferische Kraft, kann Selbstliebe und damit unfruchtbare Kraftlosigkeit werden; der Mensch, der Gott nah zu sein glaubt, kann abgrundweit von ihm zurückgeschleudert werden. Solange die Familien noch im Dunkel verbreitet dahinleben, trachtet ein jeder irgendeinem mehr oder weniger leicht erreichbaren irdischen Ziele nach und schließt sich Menschen seiner Umgebung oder Gott und seinen Geboten an, wie die Kirche sie ihn gelehrt hat. In diesen Familien aber, die sich enden und vollenden, soll ein bestimmtes, einzigartiges Ideal sich verkörpern, das allzu leicht mit dem absoluten Ideal, mit       Gott selbst, sich verwechselt. Während die göttliche Liebe sich beständig ergießt, um die schmachtende Welt zu ernähren, besteht in genialischen Familien die Neigung, sich von der Welt abzusondern, um sich untereinander zu vergöttern und sich mit hohen Worten vom Ideal und Zweck der Menschheit über die selbstgenügsame Leere zu täuschen. Ein solches Schwanken und Überschwanken an verhängnisvoller Grenze gab es in der Familie Bakunin. Die Töchter besaßen, ohne schön zu sein, den Zauber sanfter Grazie, und ein poetischer Duft ging von ihnen aus, der wirksamer berückte als Schönheit oder Gefallsucht. Sie hingen mit solcher Zärtlichkeit aneinander, daß sie wie ein einziges Wesen waren; man mußte alle lieben, wenn man eine liebte, und empfing auch fast die gleiche Wärme von allen. Alle aber liebten mit gleicher Ehrfurcht den Vater und ordneten sich auch in geziemender Weise der Mutter unter, obwohl diese von allen Kindern weniger geliebt wurde. Das Glück schien die Menschen in Prjamuchino mit einem unzerreißbaren Kranze zu umschließen. Tränen flossen nur, wenn im Spätherbst zur Stadt aufgebrochen wurde und alle zusammen die traurigen Abschiedschöre sangen, die die Schwestern selbst komponiert hatten.
Den ersten Mißlaut brachte in dies harmonische Dasein eine seelische Entwicklungskrankheit Warwaras, die man eine Anwandlung von religiösem Wahnsinn nennen könnte. Sie peinigte sich mit Vorwürfen, daß sie den Forderungen der Religion nicht genüge, und litt dabei Qualen, die sie anderen, namentlich dem maßvollen Vater, nicht begreiflich machen konnte. Wie liebevoll er auch auf die Kinder einzugehen pflegte, lehnte er doch diese Übertreibungen, die den heiteren Horizont des gemeinsamen Lebens trübten, erstaunt und verstimmt ab. Er hätte wohl auch nicht helfen können; da ergriff sie das Rettungsmittel, das das Geschick ihr bot, indem sie sich verheiratete. Zwar hörte sie bald auf, ihren Mann zu lieben, wenn sie es überhaupt je getan hatte, aber mit desto heißerer Zärtlichkeit umfaßte sie ihr Söhnchen und schuf sich dadurch einen Lebenszweck, dem sie sich mit ganzer Seele hingeben konnte. Die zweite Störung entstand durch die Besorgnis der Eltern, die älteste Tochter, Ljubow, die zarteste, süßeste von allen, liebe       einen Verwandten, einen Onkel von mütterlicher Seite. Die Verwandtenehe ist in Rußland verboten, vielleicht zum Glück für das ungemischte russische Volk, dem Inzucht doppelt gefährlich werden würde; zwar wurde das Verbot vielfach umgangen, aber die ältere Generation hatte eine große Scheu davor. Die Geschwister bestritten, daß die verbotene Neigung Ljubows überhaupt bestehe; jedenfalls sahen sie mit Befremden und beinah mit Entrüstung, wie der sonst so rücksichtsvolle Vater nicht nur einem Gefühl Ljubows entgegentrat, sondern sie zur Verlobung mit einem nicht geliebten Bewerber veranlassen wollte. Vollends aber schlug aus dem Schoße der gesegneten Familie selbst eine zerstörende Flamme auf, als der älteste Sohn, Michael, aus dem Kinde zum selbständigen Manne wurde.
Wie die Mädchen wuchs Michael in der Freiheit des Gutes auf. Er erlebte den ersten tiefen Schmerz, als er dem Kindheitsparadiese entrissen und auf die Artillerieschule geschickt wurde; denn Alexander Bakunin hielt es für notwendig, seinen Sohn die dem Adel vorgeschriebene Laufbahn ergreifen zu lassen. Die Lichtblicke seines dortigen Lebens waren die Sonntage, wo er eine Tante besuchte und sich in eine kleine Cousine verliebte; als im Sommer die Familie aufs Land fuhr, lief er lange abschiednehmend neben dem Wagen her, der die Geliebte entführte. Etwas Bemerkenswertes begegnete ihm sonst weder auf der Schule noch im Dienst; er lernte allerlei ohne Teilnahme und Schwung, und in sein schweres Brüten fiel kein Strahl, der das Chaos geschieden hätte. Die Empfindlichkeit des jungen Aristokraten, der niemals hart angefaßt, vom eigenen Vater stets mit Rücksicht behandelt war, zeigte sich, als ein Vorgesetzter ihn einmal wegen eines dienstlichen Vergehens rauh anfuhr. Er erwiderte ungebührlich und wurde deswegen bestraft. Eine Natur verriet sich, der der Druck der Disziplin und die starren Schranken des Militärdienstes unleidlich waren. In der kleinen Garnison, wohin er versetzt wurde, verfiel er in eine träge Melancholie, verbrachte die Tage lesend oder nichtstuend auf einem Sofa und vernachlässigte den Dienst so, daß er darauf aufmerksam gemacht wurde, er müsse entweder seine Pflicht tun oder denn, wenn sein Beruf ihm nicht zusage, davon       zurücktreten. Diese Mahnung war ihm wie eine Offenbarung, die ihm zum Bewußtsein brachte, was er wollte oder wenigstens, was er nicht wollte, und er erklärte seinen Austritt aus dem Militär. Eine so entscheidende selbständige Handlung des zwanzigjährigen Sohnes erschreckte den Vater; sie enthüllte einen Zwiespalt, der sich allmählich vorbereitet und zuweilen schon drohend angekündigt hatte. Michael Alexandrowitsch liebte und verehrte seinen Vater mit Zärtlichkeit und unbedingt, fast wie einen Gott; dazu war ihm angeboren eine anschmiegende, hinreißende Liebenswürdigkeit, die ihm, solange er lebte, die Herzen gewonnen hat; es mußte unglaublich scheinen, daß von diesem Sohne plötzlich ein so einschneidender, weittragender Widerstand ausging. Der hochgewachsene, schöne, durch Körperkraft und unerschütterliche Gesundheit begünstigte junge Mann, dem seine Abkunft schnelle Beförderung sicherte, schien zum Offizier geschaffen zu sein; sein Verwerfen eines so annehmbaren Lebensplanes kam den Eltern wie tolle Laune vor. Gab man dieser Raum, so blieb nach der herrschenden Anschauung und den herrschenden Verhältnissen nichts übrig als Staatsdienst in der Verwaltung, worauf der Vater auch seinen Sohn hinwies. Michael indessen wollte nicht aus dem Regen unter die Traufe kommen; von der Beamtenlaufbahn wollte er noch weniger wissen als vom Militär, er wollte frei sein, die Welt auf sich wirken lassen und sich eine Anschauung von der Welt bilden. Wie in den Schwestern, so war auch in ihm, und noch stärker, der religiöse Trieb lebendig; nicht in der Form, daß er dem natürlich Höheren sich unterworfen hätte, sondern er wollte die allerletzte, allerhöchste Bestimmung des Menschen kennenlernen und dieser sich hingeben. Daß das im allgemeinen die nächste ist, ging ihm nicht ein. Er wies gleichsam alle die Vermittelungen zurück, die die Natur der Gottheit an die Seite stellt, um sich vor Gott hinzuwerfen und den Auftrag aus seinem Munde zu empfangen; das dunkle Gefühl einer besonderen Berufung erfüllte ihn so ganz, daß er ohne Zaudern und Furcht beiseiteschob, was ihn auf den landläufigen Weg geführt und seine Kräfte auf alltägliche Art in Anspruch genommen hätte. Es ist begreiflich, daß die Eltern in diesem Verhalten nur Anmaßung und Torheit       sahen. Wie die meisten russischen Aristokraten war Alexander Bakunin, obwohl Besitzer eines großen Gutes und vieler Seelen, nicht reich an Geld und konnte seinem Sohn ein unabhängiges Leben in Moskau oder Petersburg nicht gewähren. Michael ließ sich dadurch nicht abschrecken und erklärte, sich selbst den Lebensunterhalt verdienen zu wollen durch Erteilen von Mathematikstunden. Dazu lächelte der Vater und zuckte die Achseln; er konnte den Ausflug des Sohnes ruhig mit ansehen und seine Rückkehr ins heimische Nest erwarten.
So war Michael frei und ging nach Moskau, versehen mit Visitenkarten, auf denen zu lesen war: Michael Alexandrowitsch Bakunin, Mathematiklehrer. Das war kindliche Prahlerei und doch auch ein Programm und ein Motto: Er schätzte die Kraft, die sich durch eigene Arbeit erhält, höher ein als ererbten Besitz und ererbtes Vorrecht.
In Moskau lebten Freunde der Familie Bakunin, mit denen Michael verkehrte: Frau Beer, eine Witwe mit zwei Töchtern. Die jungen Mädchen waren nicht schön, aber lebhaft und anregend, anziehend genug, daß sich begabte junge Leute gern in dem geselligen Hause einfanden. Dort lernte Michael jenen Stankjewitsch kennen, von dem er noch im Alter mit Liebe und Bewunderung sprach, den er seinen geistigen Vater nannte. Er erinnert an die Betrachtung, die David Strauß, von Jesus Christus sprechend, über gewisse Genies der Menschenliebe anstellt, die, ohne eigentlich Taten zu tun oder Werke zu schaffen, durch den persönlichen Einfluß, den sie auf alle ausüben, unendlich und schöpferisch fortwirken. Zu diesen Genies zählt Bakunin, wenn auch in großem Abstande von Christus, seinen frühverstorbenen Freund Stankjewitsch. Er schildert ihn als frei von jeder Eitelkeit oder Anmaßung, Wärme und Geist ausstrahlend, wie er denn auch von allen Freunden ohne Einschränkung, ohne Neid und Eifersucht geliebt wurde. Durch Stankjewitsch wurde Michael zur deutschen Philosophie geführt, und zwar war das erste Buch, das er studierte, in welchem er zugleich die deutsche Sprache und das Denken lernte, wie er selbst sagt, Fichtes »Anweisung zum seligen Leben«. Es machte einen überwältigenden Eindruck. Wie Fichte noch jener Generation angehörte, die auf Grund der Bibel erzogen wurde, so ist auch       dies Buch vom Geist der Bibel durchdrungen, aufgebaut auf dem Grundgedanken des Kampfes zwischen dem Gottesreich und der Welt. Verstand Luther unter Welt die Summe alles dessen, was der Mensch bewußt aus sich hervorbringt, so dürfen wir wohl Welt und Zivilisation gleichsetzen; da in diesen Rahmen vieles fällt, was mehr nach außen schimmert als einem inneren Gehalt entspräche, so unterscheidet man oft gleichbedeutend Äußeres und Inneres, obwohl die Begriffe Äußeres und Inneres, Welt und Gottesreich sich nicht ganz decken. Michael hatte eine Eigenschaft, die für den Dichter wesentlich ist: eine unbegrenzte Empfänglichkeit. Seine Seele war ein lockeres, jungfräuliches Erdreich, durstig nach Keimen, kräftig, sie zu nähren und zu entwickeln. Von dem Samen, der die Luft der Zeit erfüllte, entging ihm nichts; er sog ihn auf, bewußt und unbewußt, und er wurde sein eigen. Charakteristisch aber war für ihn, daß er das neuerfaßte Ideal sofort zu verwirklichen suchte, und zwar innerhalb einer Gemeinschaft. Als nächste Jünger boten sich ihm die Schwestern Beer und seine eigenen Schwestern. Leicht wurde es ihm, jene zu gewinnen, bedeutend schwerer diese, die ihn als den jüngeren Bruder, das Kind, neben sich hatten aufwachsen sehen. Es galt, das mütterliche Gefühl, das sie für ihn gehegt hatten, so umzuwandeln, daß sie den brüderlichen Führer in ihm sahen. Die überschwengliche Bewunderung der Schwestern Beer machte sie anfangs mißtrauisch, trotzdem gelang es der Ehrlichkeit seiner Überzeugung, seinem flammenden Wesen, seiner Gabe zu sprechen, sie den Eltern zum Trotz zu sich hinüberzuziehen. Er brachte ihnen die Ideen Fichtes als neue Religion, in der sie nach Überwindung des anfänglichen Widerstrebens mit Entzücken diejenige erkannten, die sie unter der Hülle der kirchlichen stets gesucht hatten. Es ist nicht leicht, den Inhalt dieser Religion genau anzugeben, denn was ist ein Aufschwung zu höheren Idealen, die nicht näher bezeichnet werden und mit nichts Irdischem in bestimmte Beziehung gebracht werden? Greifbar war zunächst nur der Kampf gegen das Weltliche, wie es das Leben einer Familie in der Stellung der Bakunin durchdrang, die Ablehnung der üblichen Geselligkeit, der geselligen Vorurteile, des gesellschaftlichen Ehrgeizes, des Strebens nach       Geltung in der Welt. Es läßt sich denken, wie störend die Eltern Bakunins den Einzug der neuen Religion in die Familie empfanden. Michael, wenn er im Dorf war, wie man kurzerhand Prjamuchino zu benennen pflegte, weigerte sich, an der Gesellschaft teilzunehmen, wenn etwa Besuch kam, blieb auf seinem Zimmer, um zu lesen und zu schreiben, und verargte es den Schwestern, wenn sie Bälle mitmachten und sich den Hof machen ließen. Er wurde hierin bestärkt durch eine despotische Eifersucht, die seine Liebe zu den Schwestern eigentümlich färbte und ihn jeden Mann hassen ließ, der sich ihnen näherte. Ich möchte glauben, er habe nie eine Frau so heiß, so rückhaltlos geliebt wie seine Schwestern, vorzüglich Tatjana. Es erweckt eine hohe Meinung von ihr, wie sie diese Liebe mit ebensolcher Inbrunst erwidert und dennoch mit dem edelsten Zartgefühl die Maßlosigkeit des Bruders abzuschwächen weiß, indem sie das auf sie Gewendete als allen Schwestern geltend auffaßt und auch der den Eltern gebührenden Ehrfurcht, ja auch einer Schonung ihrer etwaigen Schwächen nichts nehmen läßt. Sie empfand die Religion als das Verbindende, Michael erfaßte sie von Anfang an als das Element des unerbittlichen Kampfes.
Eine starke Natur entfaltet eher ihr Temperament, die Stimmung und das Gefühl, womit sie einst im Leben stehen wird, als daß sie Absicht und Richtung erkennen läßt, die ihr selbst erst später zum Bewußtsein kommen. Als Michael etwa vierundzwanzigjährig war, fühlten alle seine Freunde seine Kraft, seine Eigenart, den Zauber, der von ihm ausging, ohne weissagen zu können, wohinaus es damit wollte.
Neben Stankjewitsch war es Wissarion Bjelinski, mit dem Bakunin in enger freundschaftlicher Gemeinschaft lebte. Bjelinski hatte ganz andere Hintergründe als Bakunin: Er war arm, alleinstehend, gedrückt, sehnsüchtig nach Schönheit und doch stolz in seinem Schatten. Wie ein Wunder erschien ihm der glückliche, vollständig unbekümmerte Michael Bakunin. Es ist etwas Schönes, wenn das Äußere eines Menschen sein Wesentliches so deutlich ausprägt, daß er bei seinem Erscheinen sofort als Ganzes wirkt. Das war bei Michael oder Michel, wie man ihn in Rußland in französischer Aussprache nannte, der Fall. Das Gigantische seiner Gestalt, das an Peter den Großen       erinnerte, versinnbildlichte das Übermaß seines Wollens, seiner Träume und künftigen Taten. Sein großes, offenes Gesicht mit dem kühnen Blick der hellen Augen, die das Feuer der Seele leicht verdunkelte, ließ die verschiedensten Menschen an ein Löwenhaupt denken und damit an eine wilde, unzähmbare, großmütige Natur. Sein Jugendbild erinnert an Beethoven, nicht nur durch das reiche, dunkellockige Haar und durch das Ekstatische, das sein Blick zuweilen annahm, sondern auch durch die Gesichtsbildung. Bjelinski gab sich diesem neuen Menschen, der anders war als alle anderen, die er kannte, ganz hin, mehr vielleicht durch seine Persönlichkeit bezaubert, als an den Ideen interessiert, die Michel ihm mitteilte. Was als intellektuelle Begabung zunächst an ihm auffiel, war ein scharfer, biegsamer Verstand, der es ihm ermöglichte, die verschiedenen Systeme der deutschen Philosophie zu durchdringen, ihre Grundgedanken herauszuheben und anderen zu übermitteln. Dadurch brachte er Bjelinski, der mehr in der Anschauung lebte und sich bis dahin um Ideen nicht gekümmert hatte, viel Neues; aber es war nicht das Philosophieren, das Bjelinski eigentlich anzog, denn das wurde ihm vielmehr oft zu viel und stieß ihn ab. Natalie Beer schrieb an ihre Schwester, nachdem sie Michel kennengelernt hatte: »Dies ist einer von denjenigen Menschen, deren Charakterstärke und Seelenbegeisterung Großes vermögen. Seine Anwesenheit hat eine Wirkung auf mich ausgeübt, von welcher ich Dir niemals einen vollständigen Begriff werde geben können. Es war ein Chaos, ein Abgrund von Gefühlen und Ideen, die mich vollständig erschütterten; tausendmal machte ich mich daran, diese Dinge zu überdenken, zu vertiefen, und jedesmal verlor ich mich in dem Labyrinth. O das kommt daher, weil das Herz und der Kopf Michaels ein Labyrinth sind, in welchem Du nicht bald einen wegweisenden Faden findest, und die Funken, die dann und wann aufflammen (denn sein Herz und sein Kopf sind aus Feuer), entzünden auch Dir unvermerkt Herz und Kopf.«
Ähnlich erging es seinen Schwestern; die schwungvolle Kraft seines Gefühls, die ihm fast immer gegenwärtig war, trug sie wie auf Flügeln und machte ihn unentbehrlich. War er da, so erschien das Leben wichtig, die Zukunft reich und unerschöpflich;       wie hätte man den Besitzer eines solchen Zauberstabes nicht herbeiwünschen oder vermissen sollen? Er fühlte dunkel eine schöpferische Kraft in sich; wie die Welt gestaltet war, die er in sich trug und die er außer sich sehen wollte, wußte er noch nicht, aber das Gefühl von ihr sprang auf seine Bekannten über. Auch Bjelinski urteilte: »In meinen Augen bist Du jetzt nichts anderes als ein Ausdruck chaotischen Gärens der Elemente. Dein Ich strebt, sich herauszuarbeiten, und zwar in riesenhaften Formen.« Das »Kochen des Lebens, der unruhige Geist, das lebendige Streben zur Wahrheit«, so schreibt er, habe ihn eingenommen. Von einem Manne ist es verständlich, daß er sich gelegentlich wieder auflehnt, wenn er sich von einem Freunde hat unterjochen lassen; das Verhältnis zwischen Bakunin und Bjelinski hat eine wechselvolle, stürmische Geschichte, bezeichnet durch Bjelinskis Versuche, sich von dem Freunde loszureißen, und die erneute Rückkehr an das magnetische Herz. Sicherlich hatte Bjelinski recht, wenn er Bakunin Herrschsucht vorwarf: Er war ein geborener Diktator. Er verlangt von seinen Freunden, so hieß es von ihm, daß sie dieselbe Ansicht über das Wetter und denselben Geschmack an Buchweizengrütze haben müssen wie er. Dabei war er so naiv, so kindlich, so gutmütig und so ohne Ahnung von seiner Herrschsucht und ohne Absicht, zu herrschen, daß die Entrüsteten bald ihre Vorwürfe zu bereuen und zurückzunehmen pflegten. Noch etwas anderes war Bjelinski an Michel unverständlich und abstoßend, nämlich sein eigentümliches Verhalten in Geldangelegenheiten. Es zeigte sich bald, daß Alexander Bakunin recht hatte, wenn er kein Vertrauen in die Mathematiklehrerlaufbahn seines Sohnes setzte. Zwar bekam er einen oder einige Schüler, aber er fand immer Gründe, die Stunden ausfallen zu lassen, und ebenso ging es meist mit dem Übersetzen von Büchern, wodurch er Gelegenheit gehabt hätte, zu verdienen. Er schrieb wohl einiges und übersetzte auch aus dem Deutschen, zum Beispiel Bettinas Briefwechsel mit Goethe; allein zu einer regelmäßigen Arbeit kam es nicht, und er verfiel auf die Idee, die Aufgabe unter seine Freunde zu verteilen, so daß auf jeden ein Kapitel zu übersetzen kam und für ihn gar nichts übrigblieb. Zu einem Beruf, der Stunde für Stunde und Tag für Tag ausgeübt       werden muß, war er untauglich. Da seine gelegentlichen Einnahmen zum Leben nicht ausreichten, half er sich dadurch, daß er Schulden machte, die er fast nie zurückerstattete. Bjelinski, von Haus aus arm und immer genötigt, sich gegen die Herablassung oder Nichtachtung der Reichen zu wehren, auf seine eigene Arbeit von jeher angewiesen, begriff Michels Unbekümmertheit dem Gelde gegenüber nicht. Unabhängig zu sein, aus sich selbst zu leben, erschien ihm als die erste selbstverständliche Grundbedingung anständigen Lebens, und er warf dem Freunde seine Liederlichkeit heftig vor und machte ihn auf das rücksichtsloseste herunter.
Plötzlich aber, wenn er sich Michael vorstellte, wie er achtlos und fröhlich, wenn er gerade Geld eingenommen hatte, alles hergab, um etwa ihm, Bjelinski, aus einer Klemme zu helfen, wie er sofort vergaß, daß er es getan hatte, so wendete sich ihm das Herz, und es erschien ihm auf einmal, als könne das Überlegenheit sein, was er zunächst als klägliche Schwäche und beinahe verachtungswürdig angesehen hatte. Es gehört viel dazu, sich dauernd mit Geld helfen zu lassen und sich doch niemals abhängig zu fühlen. Zu einem Teil erklärt es sich wohl durch die sorglose Gewohnheit des Aristokraten, aus einem vorhandenen Überfluß zu schöpfen; noch mehr aber durch eine Michel angeborene Geringschätzung des Geldes und ein angeborenes Gemeinschaftsgefühl. Er war frei von dem engherzigen Eigentumsbewußtsein, das für den modernen Menschen charakteristisch ist. So wie er niemals daran gedacht hätte, sein Eigentumsrecht auf Gedanken geltend zu machen, war er auch stets bereit, von anderen zu lernen, und ebenso gab und nahm er auch materielle Werte. Es bleibt höchst wunderbar, daß diese Besonderheit seines Wesens zwar zuweilen das Urteil der anderen über ihn beeinträchtigte und Beziehungen trübte, dennoch aber im ganzen den Eindruck, den seine gewaltige, überraschende Erscheinung überall machte, nicht verkleinert hat. Es ehrt die Menschheit, die doch am Gelde klebt, daß einer, der es von ihr annahm und mit Füßen trat, weitaus mehr Freunde als Feinde fand und weitaus mehr Liebe erregte als Wut, Haß und Verachtung.
Bjelinski war so wenig kleinlich, daß er in dem Verhalten seines       Freundes, während er es mißbilligte, doch etwas Neues, Wunderbares, mit gemeinem Maße nicht zu Messendes fühlte.
In die Freundesbeziehungen mischten sich teils belebend, teils störend verschiedene Liebeswirren. Natalie Beer hatte sich zuerst in Stankjewitsch verliebt, und als sie bemerkte, daß ihre Neigung unerwidert blieb, in einem Aufschwung der Seele ihn mit ihrer Freundin Ljubow Bakunin bekannt gemacht, in der er, nach ihrer Meinung, das gesuchte Ideal finden würde. Nach der Bekanntschaft mit Michael lud dieser die Freunde ein, und Stankjewitsch und Bjelinski verlebten glückliche Monate auf dem Gute. Stankjewitsch verlobte sich wirklich mit Ljubow, Bjelinski entbrannte leidenschaftlich für Alexandra, die jüngste Schwester. Beide empfingen einen unauslöschlichen Eindruck von dieser Familie in dieser Umgebung. Bjelinski sah zum ersten Male die Harmonie und Schönheit des Lebens, die er ersehnt hatte, in reifer Wirklichkeit vor sich. Vielleicht gab es viele große Güter in Rußland mit Wäldern und Strömen, gastlichen Herrenhäusern und weiten Blicken in eine unergründliche Natur; hier aber begegnete man dem alles krönenden menschlichen Geist als der Blüte und Frucht, in den die aromatischen Säfte aus unzähligen Quellen münden. In dem Benehmen und den Gesprächen des Vaters und der Kinder war jene Kultur zu spüren, die darin besteht, daß alles Unwesentliche, so angenehm, nützlich und bequem es sein mag, nur um des Ewigen willen geschätzt wird, mit dem es verbunden ist. Der alte Bakunin, durch Erblindung, die ihn traf, als er etwa sechzigjährig war, noch würdevoller und gleichsam geheiligt, hatte als junger Mann dem Kreise der Dekabristen nahegestanden, ohne daß es ihn je zu Taten gedrängt hätte. Einst hatte er seinen Leibeigenen eine Verfassung geben wollen, da sie selbst sie aber als Neuerung ablehnten, jeden Versuch zu Veränderungen aufgegeben. Älter werdend, neigte er ausgesprochen zum Bestehenden, worin ihn seine Frau bestärkte. Mit der Urbanität eines großen Herrn übte er Duldung gegenüber freier Meinungsäußerung in seinem Hause, vorausgesetzt, daß der Gast seinerseits sich im selben Geiste bewege. Bjelinski jedoch, der Arme, Leidende, den die Liebe noch linkischer machte und den das Glück und die Harmonie des Hauses ebenso verletzte,       wie sie ihn entzückte, sprach ketzerische Ansichten zuweilen mit einem rohen Nachdruck und einer Absichtlichkeit aus, die den alten Herrn empörten. So handelte es sich einmal bei Tische um die Französische Revolution, die eine Art Maßstab für die Gesinnungen bildete. Der alte Bakunin zürnte seinem Sohne, daß er und mit ihm seine Freunde den Frieden seines Hauses trübten. Es kam so weit, daß die Kinder den Eltern als ein feindlicher Haufe gegenüberstanden, angeführt von Michael unter der Fahne der neuen Religion. Sein Evangelium wurde auch von den jüngeren Brüdern angenommen, welche in Twer auf die Schule gingen und sich dort unaussprechlich langweilten, von Heimweh nach dem geliebten Dorf erfüllt. Sie beschlossen, von Michaels Ideen begeistert, den verhaßten Zwang abzuwerfen und zu ihm nach Moskau zu entfliehen, wo sie dem vorauszusehenden Zorn des Vaters Trotz bieten würden. Als die Großmutter, welche in Twer wohnte und eine Art Aufsicht führte, von ihren Plänen unterrichtet, ihnen ihr Betragen strafend vorhielt, kündigten sie ihr förmlich den Gehorsam auf. Nicht mit Unrecht sahen die erschrockenen Eltern in Michael die eigentliche Ursache dieser Schülerempörung. Michel schrieb denn auch den Brüdern einen Brief, in dem er ihnen klarmachte, sie hätten ihn mißverstanden, in ihrem Alter müsse man noch gehorchen; allein der Brief war unleugbar viel kürzer und weniger eindringlich als die, in denen er Freiheit und Liebe predigte.
Man könnte meinen, Michel hätte eine Verbindung zwischen seinem Freunde Bjelinski und einer seiner Schwestern begünstigen müssen, gerade im Gegensatz zu seinen Eltern; das war aber nicht der Fall. In Märchen erscheinen zuweilen gewalttätige königliche Väter, die ihre Töchter so frevelhaft lieben, daß sie sie keinem Manne geben wollen. Etwas von diesem herrischen Gefühl war in Bakunins Liebe zu seinen Schwestern. Warwara hatte zu einer Zeit, als Michael noch jünger und sein Einfluß weniger entscheidend war, geheiratet, aber sie hörte bald auf, ihren Mann zu lieben. Obwohl er seiner Frau treu anhänglich war, deren Selbstquälerei und religiöse Skrupel ihm gewiß das Leben mit ihr nicht leicht machten, war es für Michel ausgemacht, daß seine Schwester von diesem tieferstehenden       Menschen befreit werden müsse. Die lichte Atmosphäre von Kultur, die das Bakuninsche Haus durchdrang, erfüllte augenscheinlich Warwaras Mann, der nicht in einem solchen aufgewachsen sein mochte, mit Bewunderung; er betrachtete sie wohl als ein übergeordnetes Wesen, das an sich zu fesseln er schon allerlei Opfer bringen müsse. Warwara konnte sich im täglichen Umgange mit einem Manne, der ihr nichts zuleide getan hatte und der durch sie litt, nicht dem Mitgefühl für ihn entziehen und auch wohl nicht dem Bewußtsein, ihm gegenüber im Unrecht zu sein; Michael kam dergleichen nicht in den Sinn. Eine Verpflichtung seiner Schwester, in der einmal eingegangenen Ehe auszuharren und sie so gut wie möglich zu gestalten, anerkannte er nicht; ihm galt als höhere Pflicht, sich dem erniedrigenden Einfluß eines gewöhnlichen Mannes zu entziehen. Ihm genügte als Grund schon, daß sie ihn nicht liebe; aber hätte sie ihn geliebt, würde er noch mehr darauf gedrungen haben, daß sie ihn verließe. Warwara ging nicht so weit, machte nur das eine zur Bedingung, daß ihr Mann ihre Religion nicht antaste, von der er offenbar nichts verstand und nichts verstehen wollte; man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, daß in diesem Zwist der nachgiebige und versöhnliche Mann religiöser war als die auf diesem Punkte so heikle Warwara. Michel anderseits war nichts so verhaßt als das übliche Versumpfen im gedankenlosen Wohlleben; er erregte jene Stürme, damit lieber etwas zerbreche, als daß Stagnation eintrete; warf er doch sogar Bjelinski gelegentlich vor, er laufe Gefahr, ein Bonvivant ohne Ideale zu werden. Dazu kam nun aber seine brüderliche Eifersucht. Kaum bildete sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Schwestern und Bjelinski, als sein Benehmen ungleich, unerklärlich beleidigend gegen den Freund wurde, der in seinem Vaterhause zu Gaste war; erst als Tatjana, der er besonders nahestand, ihm erwiderte, daß sie weder zu Bjelinski noch zu einem anderen Manne eine Neigung habe, beruhigte er sich wieder. Übrigens erwiderte Alexandra die Liebe Bjelinskis nicht, und dieser heiratete später eine andere, ohne daß er je den Zauber hätte vergessen können, den die Schwestern in Prjamuchino ausübten. Als Bjelinski später Michel sein kränkendes Betragen vorhielt, gestand dieser alles zu und       erklärte es durch seine Eifersucht mit so viel Freimut und Herzlichkeit, daß er den Zürnenden vollständig entwaffnete.
Einzig gegen die Verlobung der ältesten Schwester Ljubow mit Stankjewitsch hatte er nichts einzuwenden; vielleicht weil er Stankjewitsch so überaus hochstellte, vielleicht weil Ljubow ihm weniger nah verbunden war als die anderen, vielleicht aber auch, weil Stankjewitsch bald erkannte, daß sein Gefühl nicht stark genug war, um eine Heirat darauf zu gründen. Die Süße und Lieblichkeit der armen Ljubow hatte auf die Dauer nichts Anregendes für ihn; es mag sein, daß sie ihm zu ähnlich war: Sie war es ja jedenfalls darin, daß sie beide zu frühem Tode an der Schwindsucht bestimmt waren. Er brachte den Mut nicht auf, das Herz des zarten Mädchens zu zerreißen, und half sich dadurch, daß er ins Ausland reiste und durch Briefe mit ihr verbunden blieb, es der Zukunft und dem Zufall überlassend, die Verwickelung zu lösen. Es geschah durch ihren Tod; sie starb, ohne erfahren zu haben, daß der Geliebte sich längst von ihr gelöst hatte.
Die Flucht des Freundes Stankjewitsch ins Ausland wurde für Michel ein lockendes Vorbild; er hätte sich ihm am liebsten sofort angeschlossen, wenn er die Mittel dazu aufgebracht hätte, die sein Vater ihm nicht geben zu können erklärte. Mit Mühe wurde Warwara die Reise ermöglicht, während welcher sie sich besinnen sollte, ob sie die Ehe wieder aufnehmen oder endgültig lösen wollte. In Italien traf sie mit Stankjewitsch zusammen, der inzwischen erkrankt war, und pflegte ihn bis zu seinem Tode. Zwischen dem Sterbenden und ihr flammte eine Liebe auf, von der es ungewiß bleibt, ob sie sich schon früher vorbereitet und das Verhältnis mit Ljubow gestört hatte.
Für jeden Menschen gibt es viele Möglichkeiten, aber nur einen Weg, der zu dem ihm bestimmten Ziele führt. Bei Michel ist es auffallend, mit welcher Gewalt es ihn ins Ausland drängte, obwohl sein Ziel ihm noch ganz undeutlich war. Schon als Kind hatte er von Abenteuern in fernen Ländern geträumt, worin die Reisebeschreibungen, die der Vater den Kindern vorzulesen pflegte, ihn bestärkten. Wenn er sich Zukunftsbilder ausmalte, so spielten sie weit, weit von Rußland in unbekannter Fremde. Der nomadische Zug im Wesen der Russen mochte dabei mitwirken;       aber außerdem noch ein anderes: Seine hochgezüchtete aristokratische Eigenart bedurfte der Begegnung mit einer fremden Welt. Trotz des Verschmolzenseins mit seinen Schwestern, trotz des innigen Zusammenhanges mit seinem Vater, trotz aller Widerstände hielt er unentwegt an dem Plane fest, nach Deutschland zu reisen. Anfänglich glaubte er, die Mittel dazu sich durch journalistische Tätigkeit verdienen zu können; aber er mußte bald einsehen, daß er bei seiner Unfähigkeit zu regelmäßiger, einträglicher Arbeit auf die Unterstützung seiner Eltern angewiesen war. Obwohl er sich mit seinem Vater wieder gut stand, mißtraute derselbe doch seinen Zukunftsplänen. Er glaubte fordern zu können, nachdem Michel sowohl die Soldaten- wie die Beamtenlaufbahn ausgeschlagen hatte, daß er, seinem Beispiel folgend, sich der Bewirtschaftung des Gutes widme, was um so wünschenswerter war, als er selbst durch seine Blindheit und sein Alter gehemmt war. Aber auch davon wollte Michel nichts wissen: Professor in Moskau zu werden, erklärte er für seinen Wunsch und seine Bestimmung. In langen, dringenden Briefen schilderte er dem Vater, wie die Leidenschaft nach Erkenntnis ihn ganz erfülle und beherrsche, wie es ihm unmöglich sei, mit diesem Drang in der Brust sich einer anderen Aufgabe hinzugeben. Den Gedanken, Professor zu werden, hatte zweifelsohne Fichtes Schrift über die Bestimmung des Gelehrten in ihm geweckt oder genährt; an einen zunftgerechten Professor dachte er nicht, ihm schwebte es vor, Führer einer strebenden Jugend zu werden und sie für den Dienst der Wahrheit zu begeistern, die er sie lehren würde. Zu dem Zweck müsse er sich selbst noch ausbilden, so sagte er, und dies konnte nach dem Gange seiner bisherigen Studien natürlich nur in Berlin geschehen. Dem zärtlich bittenden Ungestüm des Sohnes war nicht zu widerstehen: Grundsätzlich wenigstens gaben die Eltern nach, nur daß sie die zum Aufenthalt im Ausland erforderliche Summe nicht bereit zu haben erklärten und den Ungeduldigen zunächst auf die Zukunft vertrösteten. Vielleicht war dies nur ein Ausweg, nicht nein zu sagen und doch die Reise unmöglich zu machen; allein der Zufall fügte es, daß Michel einen neuen Freund gewann, der ihm für den Fall, daß die väterliche Unterstützung ausbliebe, seine Hilfe in Aussicht stellte.
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caprano · 7 years
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Fundstück
Stefan Zweig: Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums - Kapitel 3
Die historische Situation      
Anno 1000. Ein schwerer, dumpfer Schlaf liegt über der abendländischen Welt. Die Augen sind zu müde, um wachend um sich zu schauen, die Sinne zu erschöpft, neugierig sich zu regen. Der Geist der Menschheit ist gelähmt wie nach einer tödlichen Krankheit, sie will nichts mehr wissen von ihrer Welt. Und noch sonderbarer: Selbst was sie vordem wußte, hat sie auf unbegreifliche Weise vergessen. Man hat verlernt zu lesen, zu schreiben, zu rechnen, sogar die Könige und Kaiser des Abendlandes sind nicht mehr imstande, ihren eigenen Namen unter ein Pergament zu setzen. Die Wissenschaften sind zu theologischen Mumien erstarrt, die irdische Hand ist nicht mehr fähig, in Zeichnung und Plastik den eigenen Körper nachzubilden. Über allen Horizonten liegt gleichsam ein undurchdringlicher Nebel. Man reist nicht mehr, man weiß nichts von fremden Ländern; man verschanzt sich in Burgen und Städten gegen die wilden Völker, die immer und immer wieder von Osten hereinbrechen. Man lebt in der Enge, man lebt im Dunkel, man lebt ohne Mut – ein schwerer, dumpfer Schlaf liegt über der abendländischen Welt.
Manchmal dämmert in diesen schweren,       dumpfen Schlummer ein ungewisses Erinnern, daß die Welt einmal anders gewesen, weiter, farbiger, lichter, beschwingter, erfüllt von Geschehnis und Abenteuer. Sind nicht einmal Straßen durch all die Länder gegangen und auf ihnen die römischen Legionen geschritten und hinter ihnen die Liktoren, die Hüter der Ordnung, die Männer des Rechts? Ist nicht einmal ein Mann Caesar gewesen, der zugleich Ägypten und Britannien erobert, sind nicht die Triremen gefahren in die Länder jenseits des Mittelmeers, in das sich längst kein Schiff mehr wagt aus Angst vor den Piraten? War nicht einstmals ein König Alexander bis nach Indien gedrungen, dies sagenhafte Land, und über Persien heimgekehrt? Hat es nicht vormals Weise gegeben, die in den Sternen zu lesen verstanden, um die Form der Erde wußten und um das Geheimnis der Menschen? Man müßte darüber lesen in den Büchern. Aber es gibt keine Bücher mehr. Man müßte reisen und fremde Länder sehen. Aber es gibt keine Straßen mehr. Es ist alles vorüber. Es war vielleicht nur ein Traum.
Und dann: wozu sich mühen? Wozu noch einmal die Kräfte spannen, da doch alles zu Ende ist? Im Jahre 1000, so ist es verkündet, wird die Welt zugrundegehen. Gott hat sie gerichtet, weil sie zu viele Sünden begangen, so predigen die Priester von den Kanzeln, und am ersten Tage des Jahrtausends wird der Tag des großen Gerichts beginnen; verstört, in zerrissenen Kleidern, strömen die Menschen zusammen zu großen Prozessionen, brennende Kerzen in den Händen. Die Bauern       verlassen die Felder, die Reichen verkaufen und verschwenden ihre Habe. Denn morgen werden sie kommen, die Reiter der Apokalypse auf ihren fahlen Rossen; der Jüngste Tag ist nahe. Und Tausende und Tausende knien nachts, diese letzte Nacht, in den Kirchen und warten auf den Sturz in die ewige Finsternis.
Anno 1100. Nein, die Welt ist nicht untergegangen. Gott ist noch einmal gnädig gewesen mit seiner Menschheit. Sie darf weiterleben. Sie soll weiterleben, um seine Güte, seine Größe zu bezeugen. Man muß ihm danken für seine Gnade. Man muß seinen Dank gegen den Himmel heben wie eine betende Hand, und so steigen die Dome auf, die Kathedralen, diese steinernen Pfeiler des Gebets. Und man muß Christus, dem Mittler seiner Gnade, seine Liebe bekunden. Darf man es weiter dulden, daß der Ort seines Leidens und sein heiliges Grab in den ruchlosen Händen der Heiden bleiben? Auf, Ritter des Abendlands, auf, ihr Gläubigen alle, ins Morgenland! Habt ihr den Ruf nicht gehört: »Gott will es!«? Heraus aus den Burgen, den Dörfern, den Städten, vorwärts und vorwärts zum Kreuzzug über Land und See!
Anno 1200. Das heilige Grab ist erobert und wieder verloren. Vergeblich die Kreuzfahrt und doch nicht vergeblich. Denn Europa ist wach geworden auf dieser Fahrt. Es hat seine eigene Kraft gespürt, seinen eigenen Mut gemessen, es hat wieder entdeckt, wieviel Neues und Anderes auf dieser Welt Gottes Raum und Heimat hat, andere Räume, andere Früchte, andere Stoffe und Menschen       und Tiere und Sitten unter anderem Himmel. Erstaunt, beschämt haben die Ritter und ihre Bauern und Knechte im Morgenland gesehen, wie eng, wie dumpf sie daheim leben in ihrem abendländischen Winkel, und wie reich, wie raffiniert, wie üppig die Sarazenen. Diese Heiden, die man von ferne verachtet, haben glatte, weiche, kühle Stoffe aus indischer Seide, die dichten und farbenfunkelnden Teppiche von Buchara, sie haben Gewürze und Kräuter und Düfte, welche die Sinne erregen und beschwingen. Ihre Schiffe fahren in die fernsten Länder, Sklaven und Perlen und schimmernde Erze zu bringen, ihre Karawanen ziehen die Straßen auf endlosen Reisen entlang; nein, sie sind keine rohen Gesellen, wie man vermeint, sie kennen die Erde und ihr Geheimnis. Sie haben Karten und Tafeln, auf denen alles geschrieben und verzeichnet ist. Sie haben Weise, die den Lauf der Sterne kennen und die Gesetze, nach denen sie sich bewegen. Sie haben Länder und Meere erobert, allen Reichtum, allen Handel, alle Lust des Daseins an sich gerissen und sind doch nicht bessere Krieger als die deutsche, die französische Ritterschaft.
Wie haben sie es gemacht? Sie haben gelernt. Sie haben Schulen und in den Schulen die Schriften, die alles überliefern und erklären. Sie wissen die Weisheit der alten Gelehrten des Abendlands und haben sie gemehrt mit neuen Kenntnissen. Man muß also lernen, um die Welt zu erobern. Man darf nicht nur in Turnieren und wüsten Schlemmereien seine Kraft vertun, man muß       auch den Geist biegsam und scharf und wendig machen wie eine Toledanerklinge. Also lernen, denken, studieren, beobachten! In ungeduldigem Wettlauf reiht sich eine Universität neben die andere, in Siena und Salamanca, in Oxford und Toulouse, jedes Land Europas will die Wissenschaft zuerst für sich; nach Jahrhunderten der Gleichgültigkeit versucht der abendländische Mensch wieder das Geheimnis der Erde, des Himmels und des Menschen zu ergründen.
1300. Europa hat die theologische Kapuze abgerissen, die ihm den freien Blick in die Welt verschlossen. Es hat keinen Sinn, immer nur über Gott zu grübeln, keinen Sinn, immer nur die alten Texte scholastisch neu auszulegen und zu diskutieren. Gott ist der Schöpfer, und da er den Menschen nach seinem Ebenbilde geschaffen, will er ihn schöpferisch. In allen Künsten, allen Wissenschaften sind noch Vorbilder hinterlassen von den Griechen, den Römern; man kann sie vielleicht erreichen, man kann wieder können, was die Antike einstmals konnte. Mag sein, man kann sie sogar übertreffen. Ein neuer Mut entzündet sich im Abendlande. Man beginnt wieder zu dichten, zu malen, zu philosophieren, und siehe, es gelingt. Es gelingt wunderbar. Ein Dante ersteht und ein Giotto, ein Roger Bacon und die Meister der Dome. Kaum daß er zum erstenmal die lang entwöhnten Schwingen gerührt, durchstößt der befreite Geist alle Fernen und Weiten.
Aber warum bleibt unter ihm die Erde so eng? Warum die irdische, die geographische Welt so       begrenzt? Überall ist das Meer und das Meer und das Meer um alle Küsten und damit das Unbekannte und Unbetretbare, dieser unübersehbare Ozean, »      ultra nemo scit quid contineatur«, von dem niemand weiß, was er verbirgt. Einzig gen Süden geht über Ägypten ein Weg nach den Traumländern Indiens, aber der ist gesperrt von den Heiden. Und über die Säulen des Herkules, die Enge von Gibraltar, darf kein Sterblicher sich wagen. Ewig wird sie das Ende aller Abenteuer bedeuten, nach Dantes Wort:
»      ... quella foce stretta       Ov'Ercole segnò li suoi riguardi       Acciocchè l'uom più oltre non si metta.«
Ach, kein Weg führt hinaus ins »      mare tenebrosum«, kein Schiff wird wiederkehren, das seinen Kiel in diese dunkle Wüste wendet. Der Mensch muß leben in einem Raume, den er nicht kennt; man ist eingeschlossen in eine Welt, deren Maß und Gestalt man wohl nie ergründen wird.
1298. Zwei alte, bärtige Männer, begleitet von einem jungen, offenbar Sohn eines dieser beiden, landen mit einem Schiff in Venedig. Sie tragen sonderbare Kleider, wie man sie niemals am Rialto gesehen, lange dicke Röcke, mit Pelzen verbrämt, und merkwürdige Behänge. Aber noch sonderbarer: diese drei Fremden sprechen den echtesten venezianischen Dialekt und behaupten Venezianer zu sein, Polo zu heißen, und Marco Polo nennt sich der jüngere. Es ist natürlich nicht ernst zu nehmen, was sie erzählen. Sie       seien vor mehr als zwei Jahrzehnten von Venedig durch die moskowitischen Reiche, durch Armenien und Turkestan bis nach Mangi, nach China gekommen und hätten dort gelebt am Hofe des mächtigsten Herrschers der Erde, des Kubla Khan. Sie hätten sein ganzes riesiges Reich durchwandert, gegen das Italien sei wie eine Nelke neben einem Baumstamm, sie seien an den Rand der Welt gekommen, wo wieder der Ozean ist. Und wie der große Khan nach Jahren sie mit vielen Geschenken aus seinen Diensten entlassen, seien sie von diesem Ozean nach der Heimat zurückgefahren, zuerst vorbei an Zipangu und den Inseln der Gewürze und der großen Insel Tapropane (Ceylon) und dann an dem persischen Meerbusen, und glücklich heimgekehrt über Trapezunt.
Die Venezianer hören die drei an und lachen. Was für muntere Märchenerzähler! Noch nie ist ein Christ glaubhafterweise zu jenem Ozean am anderen Ende gelangt und hat jene Inseln Zipangu und Tapropane betreten! Unmöglich. Aber die Polos laden Gäste in ihr Haus und zeigen die Geschenke und Edelsteine; staunend erkennen die voreiligen Zweifler, daß ihre Landsleute die kühnste Entdeckung ihrer Zeit vollbracht. Rauschend strömt ihr Ruf durch das Abendland und beschwingt neu die Hoffnung: es ist doch möglich, nach Indien zu gelangen. Man kann diese reichsten Regionen der Erde erreichen und dann weiter von dort bis an das andere Ende der Welt.
1400. Indien erreichen, das ist jetzt der Traum des Jahrhunderts geworden. Und es ist der Lebenstraum       eines einzelnen Mannes, des Prinzen Enrique von Portugal, den die Geschichte Heinrich den Seefahrer nennt, obwohl er selbst nie den Ozean befahren. Aber sein Leben und Streben gilt diesem einen Traum, »      pasar a donde nascen las especerias«, die indischen Inseln, die Molukken erreichen, wo der kostbare Zimt und Pfeffer und Ingwer gedeihen, den die italienischen und flandrischen Händler jener Tage mit Gold aufwiegen. Die Ottomanen haben das Rote Meer, den nächsten Weg, den »Rumis«, den Ungläubigen, verschlossen und den ergiebigen Handel als Monopol entrissen. Wäre es nicht eine einträgliche und zugleich christliche Kreuzzugstat, den Feinden des Abendlands in den Rücken zu fallen? Könnte man nicht vielleicht Afrika umschiffen, um zu den Gewürzinseln zu gelangen? In alten Büchern geht ja sonderbare Kunde von einem phönizischen Schiff, das vor Hunderten Jahren in zweijähriger Reise vom Roten Meer rund um Afrika nach Karthago heimgekehrt. Könnte das nicht abermals gelingen?
Der Prinz Enrique versammelt um sich die Gelehrten seiner Zeit. Er hat auf dem äußersten Punkte Portugals, dem Kap Sagres, wo das unendliche atlantische Meer hoch an die Klippen schäumt, sich ein Haus errichtet, in dem er Karten und nautische Nachrichten sammelt; einen nach dem andern der Astronomen, der Piloten beruft er zu sich. Die älteren Gelehrten erklären jede Seefahrt über den Äquator unmöglich. Sie berufen sich auf Aristoteles und Strabo und Ptolemäus, die Weisen des Altertums. In der Nähe des Wendekreises       werde das Meer dickflüssig, ein »      mare pigrum«, und die Schiffe würden verbrennen im steilen Sonnenbrand. Niemand könne in diesen Zonen wohnen, kein Baum und kein Grashalm gedeihen; die Seeleute müßten verschmachten zur See und verhungern auf dem Land.
Aber da sind andere Gelehrte, jüdische und arabische, die widersprechen. Man könne es wagen. Diese Märchen seien nur ausgestreut von den maurischen Kaufleuten, um die Christen zu entmutigen. Der große Geograph Edrisi habe längst festgestellt, daß im Süden ein fruchtbares Land liege, Bilad Ghana (Guinea), aus dem mit Karawanen quer durch die Wüste die Mauren sich schwarze Sklaven holten. Und sie hätten Karten gesehen, arabische Karten, die den Weg um Afrika zeigten. Man könne es wagen, die Küste entlang zu fahren, nun da die neuen Instrumente die Breitenbestimmung erlaubten und die aus China herübergebrachte Magnetnadel die Richtung des Pols zeige. Man könne es wagen, sofern man größere, seetüchtigere Schiffe baue. Prinz Enrique gibt den Befehl. Und das große Wagnis beginnt.
1450. Das große Wagnis hat begonnen, die unsterbliche portugiesische Tat. 1419 ist Madeira entdeckt oder vielmehr wiederentdeckt, 1435 kennt man die langgesuchten »      insulae fortunatae« der Alten. Jedes Jahr fast bringt neuen Vorstoß. Cap Verde ist umfahren, 1445 der Senegal erreicht, und siehe, überall sind Palmen und Früchte und Menschen. Jetzt weiß die neue Zeit schon       mehr als die Weisen der Vorzeit, und triumphierend kann Nuno Tristão von seiner Expedition zurückberichten, er habe »mit Verlaub seiner Gnaden des Ptolemäus« fruchtbares Land entdeckt, wo der große Grieche jede Möglichkeit bestritten. Zum erstenmal seit einem Jahrtausend wagt ein Seefahrer den Allweisen der Erdkunde zu verhöhnen. Einer dieser neuen Helden übertrifft den andern, Diego Cam und Diniz Diaz, Cadamosto und Nuno Tristão, jeder setzen sie an eine bisher unbetretene Küste den stolzen Gedenkstein mit dem portugiesischen Kreuz als Zeichen der Besitznahme. Staunend folgt die Welt dem Vorstoß dieses kleinen Volks ins Unbekannte, das allein das »      feito nunca feito«, die nie getane Tat vollbringt.
1486. Triumph! Afrika ist umfahren! Bartholomäus Diaz hat das Cap Tormentoso, das Kap der Guten Hoffnung, umrundet. Von dort geht der Weg nicht mehr weiter nach Süden. Nur nach Osten quer über den Ozean muß man mit den guten Monsunen steuern, den Weg, den man bereits von den Karten kennt, die dem König von Portugal die Expedition zweier jüdischer Gesandten an den »Prester John«, den christlichen König von Abessinien, heimgebracht; dann ist Indien erreicht. Aber die Mannschaft des Bartholomäus Diaz ist erschöpft und bringt ihn damit um eine Tat, die Vasco da Gama vollbringen wird. Genug für diesmal! Der Weg ist gefunden. Niemand kann Portugal mehr zuvorkommen.
1492. Doch! Es ist jemand Portugal zuvorgekommen.       Etwas Unglaubliches hat sich ereignet. Ein gewisser Colón oder Colom oder Colombo – »      Christophorus quidam Colonus vir Ligurus«, wie Petrus Martyr berichtet –, »ein völlig unbekannter Mann«, »      una persona que ninguna persona conocía«, wie ein anderer berichtet, ist unter spanischer Flagge westwärts in den offenen Ozean statt ostwärts über Afrika gefahren und hat – Wunder ohnegleichen! – auf diesem »      brevissimo cammino« nach seiner Aussage Indien erreicht. Zwar hat er den Kubla Khan Marco Polos nicht angetroffen, aber er ist nach seiner Aussage zuerst auf der Insel Zipangu (Japan) gewesen und dann in Mangi (China) gelandet. Nur einige Tagereisen, und er hätte den Ganges erreicht.
Europa staunt auf, da Columbus zurückkehrt mit merkwürdig rötlichen Indern, mit Papageien und seltsamem Getier und großen Erzählungen vom Golde. Sonderbar, sonderbar – so ist die Erdkugel doch kleiner als man gedacht, und Toscanelli hat wahr gesprochen. Drei Wochen muß man nur von Spanien oder Portugal nach Westen steuern, und man ist in China oder Japan und ganz nahe den Inseln der Gewürze; welche Torheit dann, wie die Portugiesen sechs Monate um Afrika zu segeln, da Indien mit all seinen Schätzen so nah vor den Toren Spaniens liegt. Und das Erste ist, daß Spanien sich durch päpstliche Bulle diesen Weg nach Westen und alle dort entdeckten Lande sichert.
1493. Columbus, nun aber nicht mehr ein gewisser »      quidam«, sondern Großadmiral ihrer       königlichen Majestät und Vizekönig der neuentdeckten Provinzen, fährt zum zweitenmal nach Indien. Er hat Briefe seiner Königin an den großen Khan mit, den er diesmal in China sicher anzutreffen hofft; er hat fünfzehnhundert Leute mit sich, Krieger, Matrosen, Siedler und sogar Musikanten, »um die Eingeborenen zu unterhalten«, außerdem reichlich eisenbeschlagene Kisten für das Gold und die Edelsteine, die er aus Zipangu und Calicut heimzubringen gedenkt.
1497. Ein anderer Seefahrer, Sebastian Cabot, ist quer von England über den Ozean gefahren. Und erstaunlich, auch er hat Land erreicht. Ist es das alte »Vinland« der Vikinger? Ist es China? Wunderbar jedenfalls, der Ozean, der »      mare tenebroso« ist bezwungen und muß seine Geheimnisse Stück um Stück den Mutigen jetzt ausliefern.
1499. Jubel in Portugal, Sensation in Europa! Vasco da Gama ist heimgekehrt aus Indien über das gefährliche Kap. Er hat den andern, den weiteren, den schwierigeren Weg genommen, aber ist in Calicut gelandet bei den sagenhaft reichen Zamorims und nicht nur wie Columbus auf kleinen Inseln und abgelegenem Festland: er hat das Herz Indiens gesehen und seine Schatzkammern. Schon rüstet man eine neue Expedition unter Cabral. Spanien und Portugal sind jetzt im Wettlauf um Indien.
1500. Ein neues Geschehnis. Cabral ist auf seiner Fahrt um Afrika zu weit nach Westen ausgewichen und ist abermals auf Land im Süden gestoßen wie Cabot im Norden. Ist es die Insel       Antilla, die sagenhafte der alten Karten? Ist es abermals Indien?
1502. Es ereignet sich zu viel, als daß man es fassen, begreifen, übersehen könnte; in diesem einen Jahrzehnt ist mehr entdeckt worden als vordem in Tausenden Jahren. Ein Schiff nach dem andern fährt aus dem Hafen, und jedes bringt neue Botschaft heim. Es ist, als ob ein zauberischer Nebel plötzlich zerrissen wäre: überall im Norden, im Süden taucht Land, überall eine Insel auf, wohin sich der Kiel nach Westen wendet; der Kalender mit all seinen Heiligen hat nicht mehr genug Namen, sie alle zu benennen. Ihrer tausend behauptet der Admiral Columbus allein entdeckt und die Ströme gesehen zu haben, die aus dem Paradies entspringen. Aber sonderbar, sonderbar! Wieso waren all diese Inseln, diese merkwürdigen Länder an der indischen Küste den Alten und den Arabern unbekannt? Wieso hat Marco Polo sie nicht erwähnt, und wie anders ist, was er von Zipangu und Zaitun berichtet, als was der Admiral gefunden? All das ist so wirr und so widersprechend und voll Geheimnis, daß man nicht weiß, was man glauben soll von diesen Inseln im Westen. Ist wirklich die Welt schon umrundet, ist Columbus tatsächlich schon so nahe dem Ganges gewesen, wie er behauptet, daß er, von Westen kommend, Vasco da Gama begegnen könnte, wenn er von Osten segelt? Ist das Erdrund kleiner, ist es größer als man gedacht? Da haben die deutschen Buchdrucker doch jetzt Bücher so leicht erreichbar gemacht – wenn nur endlich einer käme,       all diese Wunder zu erklären! Ungeduldig warten die Gelehrten, die Seefahrer, die Kaufleute, die Fürsten, wartet Europa. Nach all den Entdeckungen will die Menschheit endlich wissen, was sie entdeckt hat. Die entscheidende Tat des Jahrhunderts, so fühlt jeder einzelne, ist vollbracht, aber es fehlen ihr noch der Sinn und die Deutung.      
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