Tumgik
outtheredreamxng · 3 years
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Verurteilung und ein verletztes Ego
Verurteilung. Etwas, wovor wir alle Angst haben. Ich selbst hatte schon immer damit zu kämpfen, wie andere mich sahen. Als Person, die seit früher Kindheit an Sozialphobie leidet, mal stärker, mal weniger stark ausgeprägt, habe ich mich früh gefragt, was es ist, was mich so ängstlich sein lässt. Egal, wie viel Liebe ich bekommen habe, meine Angst, Fehler zu machen, hat schon immer überwogen. Wie nehmen mich andere wahr? Was denken sie über mich? Jeder kennt diese Gedanken, egal, wie gut wir sie verdrängen, sie sind immer in uns. Das hat natürlich einen Grund. Als soziale Lebewesen ist es uns unmöglich, nicht über so etwas nachzudenken, weil es wichtig ist, dass uns die Meinung anderer über und selbst interessiert. Blamieren wir uns, tut uns das unglaublich weh, obwohl wir doch wissen, dass das für unseren Gegenüber nicht viel an Bedeutung hat. Er vergisst es schnell, es beeinflusst ihn kaum. Trotzdem plagt uns der Gedanke, was er nun über uns denken wird. Egal, wie wir die Situation drehen und wenden, es bleibt unangenehm, kann uns sogar nachts wachhalten. Schuld daran sind nicht wir selbst, wir schaffen es oft, einen Schritt zurückzugehen und das Ganze rationaler zu betrachten. Dann wünschen wir uns, auf diese Weise die Peinlichkeit vergessen zu können. Irgendwann tun wir das auch, Zeit heilt uns. Doch bis dahin bleiben wir geplagt, versuchen zu verdrängen oder machen uns dafür fertig. Um wieder daran anzuknüpfen, dass es uns als ‘Herdentiere’ ziemlich wichtig sein kann, wie uns andere sehen, muss unbedingt das Ego erwähnt werden. Unser Ego haben wir von Natur aus, es hält uns am Leben genauso wie es uns zerstören kann. Das menschliche Ego ist sehr verletzlich, kann sogar gebrochen werden, von vielen verschiedenen Außeneinflüssen. Wir können es nach außen hin gut fälschen, Menschen mit augenscheinlich großem Ego nutzen einfach nur einen Schutzmechanismus, um ihr wahres Ego zu verstecken. Oft ist es ziemlich verkümmert und klein, macht uns traurig und lässt uns uns wertlos fühlen. Ein schwer verletztliches Ego zeigt sich auf viele Arten. Menschen verhalten sich abweisend, boshaft, arrogant. Oder sie werden verschlossen, kalt, schüchtern. Auch extreme Extrovertiertheit kann ein Anzeichen sein oder man redet sich ein, alles wäre einem egal. Jeder hat seine eigene Art und Weise entwickelt, sich selbst vor anderen zu schützen. Oft wissen wir unterbewusst ganz genau über unsere wunden Punkte Bescheid. Oft bemerken wir gar nicht, wie hoch unsere Mauern wirklich sind und wie ausgeprägt unser Selbstschutz ist. Aber es ist normal, dass das Ego sich selbst schützen will, dagegen anzukämpfen, wird niemals klappen. Das wichtigste, um damit umzugehen, ist, Frieden zu schließen. Zu akzeptieren, dass wir verletzlich sind. Uns klar zu machen, dass es jedem auf irgendeine Art so geht wie uns selbst. Jeder hat ein Ego, mit dem er zu kämpfen hat, jeder hat wunde Punkte, jeder hat bis zu einem gewissen Grad Angst, verurteilt oder verstoßen zu werden. Das ist völlig normal und menschlich. Bevor wir dabei auf andere schauen, müssen wir in uns selbst anfangen. Welche Schutzmechanismen habe ich? Wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen? Was verletzt mich? Reflektieren ist das Stichwort. Reflektieren und verstehen. Wenn dir dein Schutzmechanismus nicht gefällt, zeige trotzdem Verständis. Verständis für dein verletztes Selbst, dein verletztes Ego. Erst dann gelingt es uns, Dinge aufzuarbeiten, verletzende Dinge, die wir schon in früher Kindheit erlebt haben. Mach dich niemals selbst fertig, schließe Frieden mit deinem Ego. Es will nur eines: dass es ihm so gut wie möglich geht. Dass das aber extrem schnell von den verschiedensten Außeneinflüssen ins Wanken gerät, liegt nicht an den Einflüssen an sich. Es liegt an deiner persönlichen Einstellung. Ein starkes Ego hat niemand, der nur auf sich selbst achtet oder abweisend ist, fast schon kalt wirkt. Ein starkes Ego hat jemand, der Verständnis mit eben diesem Ego hat. Der mit seinem Ego im direkten Austausch steht. Der versteht, warum es so reagiert, wie es eben reagiert. Erst dann hört die Angst auf, uns zu terrorisieren. Dann beginnt der eigentliche Schutz, der Heilungsprozess. Es entsteht eine Schutzmauer, die weder dir selbst noch anderen schadet. Doch bis dahin müssen wir leben, durch verschiedenste Erfahrungen Heilung sowie auch Narben sammeln. Und nebenher in uns gehen und reflektieren. Zu unserem Ego müssen wir eine gute Bindung herstellen. So wie es uns fertig machen und runterziehen kann, so können wir auch stärker sein als das. Das Ego mag laut sein, seinen Schmerz ins uns streuen, Ängste erstellen. Solange wir verstehen, warum es das tut, werden wir damit umgehen können. Dann werden wir mit der Zeit auch andere Menschen besser verstehen, ihre Schutzmechanismen sehen und lernen, uns selbst davon nicht beeinflussen zu lassen. Das Verständnis für die Fehler anderer werden wir finden, wenn wir Verständnis für uns selbst entwickeln. Wenn wir uns selbst verzeihen und verstehen, finden wir inneren Frieden, egal, was von außen auf uns einprasselt. Außerdem lernen wir, anderen ebenso zu verzeihen und sie nicht zu verurteilen. Wir selbst werden immer verurteilt werden, daran führt kein Weg vorbei. Aber wir wissen nun, dass wir stärker sind als das Bild, das andere von uns haben. Denn dieses Bild ist letztendlich auch nur geformt aus dessen eigenem verletzten Ego. Wir werden sogar so stark, dass wir im Gegenzug unsere Unsicherheiten nicht mehr auf andere projizieren und aufhören, sie zu verurteilen oder Hass zu schüren. Wenn wir das alles begriffen haben, wird uns nichts mehr so schnell umhauen. Denn solange wir Frieden mit dem wichtigsten in unserem Leben - nämlich uns selbst- haben, werden die Meinungen anderer plötzlich so klein für uns, dass wir immer freier von der Angst vor der Verurteilung werden. Wir müssen keine Angst vor den Schutzmechanismen anderer haben, die uns vielleicht verletzen könnten. Wir wissen nun genau, wo sie herkommen und aus was sie entstanden sind. Sie haben rein nichts mit dir zu tun. Wer andere verurteilt, verarbeitet damit letztendlich vor allem die Verurteilung, die ihn selbst verletzt hat. Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, in dem wir uns alle befinden, müssen wir anfangen, tiefes Verständnis für uns selbst und andere zu haben. Erst dann sind wir wirklich stark. Erst dann kommen wir unserem inneren Frieden näher und können uns von unseren sozialen Ängsten befreien.
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